Antrag 2/4-2010: Novellierung der §§ 278ff StGB

Die §§ 278 ff StGB wurden offiziell geschaffen, um organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen. Die Paragraphen wurden seitdem jedoch auch gegen politisch engagierte Menschen und deren Gruppen und Vereine angewandt.
Die Begründung der Ermittlungsbehörden und die Inhalte der Paragraphen 278 ff StGB zeigen, dass es jede NGO jederzeit treffen kann, auch Organisationen wie AK und ÖGB weil sie

• auf längere Zeit angelegt sind
• eine größere Zahl von Menschen involviert sind
• eine gewisse (unternehmensähnliche) Struktur haben
• versuchen auf Politik oder Wirtschaft Einfluss zu nehmen
• Teile ihrer Kampagnen- oder Aktionsplanungen geheim halten

Bereits 2002 hat Amnesty International darauf hingewiesen, dass „dem Wortlaut nach beispielsweise auch bekannte Umweltorganisationen wie Greenpeace den Tatbestand etwa durch das Besetzen eines Atomkraftwerks erfüllen würden, und in weiterer Folge SpenderInnen von Umweltorganisationen wegen Terrorismusfinanzierung strafrechtlich belangt werden könnten“. Aber auch ein gewerkschaftlich organisierter Streik um bessere Arbeitsbedingungen könnte bei einer derart ungenauen Formulierung der §§ 278 ff StGB in die Kategorie Terrorismus eingestuft und entsprechend verfolgt werden. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen gewährleisten, dass Kammern, Gewerkschaften, NGOs und ähnliche Gruppierungen nicht mehr als kriminelle Organisationen verfolgt werden können:

Es soll, angesichts der erwähnten bedenklichen Instrumentalisierungen des § 278a StGB, die Anwendung auf die erwähnten Gruppierungen ausgeschlossen werden, indem Organisationen, die das Ziel haben, von der Rechtsordnung gebilligte Werte und Anliegen wie Sozialstaatlichkeit, Menschenrechte, Tierschutz oder Umweltschutz zu fördern, jedenfalls keine kriminellen Organisationen im Sinne des StGB sind. Mit den erwähnten Werten ist auch ausgeschlossen, dass dieser Ausnahmetatbestand beispielsweise rassistischen Gruppierungen zu gute kommen kann.

Auch bezüglich der § 278 (kriminelle Vereinigung) und 278b StGB (terroristische Vereinigung) soll eine entsprechende Ausnahme die Kriminalisierung von Kammern, Gewerkschaften und NGOs verhindern.
Antrag

Die Vollversammlung der Steirischen Kammer für Arbeiter und Angestellte fordert den Gesetzgeber auf, Gesetze zur Terrorismus- und Mafiabekämpfung, wie die §§ 278ff StGB, so zu verbessern, dass
• zivilgesellschaftliches und politisches Engagement nicht kriminalisiert und verfolgt wird
• Missbrauch unterbunden und die Verhältnismäßigkeit hergestellt wird
• die Formulierungen nicht so unbestimmt sind, dass z.B. eine Demonstration vor einer Firmenfiliale als Einschüchterung gelten kann.

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