„Keine Kostenübernahme für eine falsche Sozialversicherungsreform“

DienstgeberInnen entscheiden für DienstnehmerInnen!

Das von der Bundesregierung Mitte September in Begutachtung versandte Sozialversicherungsorganisationsgesetz stellt alles auf den Kopf, was sich im Sozialversicherungsrecht seit 1956 bewährt hat. In der zukünftig geplanten Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und der Pensionsversicherung (PVA) sind 50% der Mitglieder der entscheidenden Gremien DienstgeberInnen-VertreterInnen, obwohl kein einziger Selbstständiger und keine einzige Selbständige in der ÖGK krankenversichert sind. Jeder Versuch, dies zu rechtfertigen, ist unsachlich: Weder sind DienstgeberInnebeiträge tatsächlich Beiträge der DienstgeberInnen, als sie einzig und allein aus der Wertschöpfung der ArbeitnehmerInnen stammen, noch tragen DienstgeberInnen mit den DienstgberInnen-Beiträgen die halbe Last des Aufkommens dieser Träger. Bei den derzeitigen Gebietskrankenkassen haben nicht einmal 30% des für die Versicherten benötigten Geldes ein DienstgeberInnenmascherl.

Das Vorhaben der Bundesregierung ist ein Abgehen vom demokratischen Prinzip und ein Rückfall in Ideologien, die selbst die Monarchie im Jahr 1907 bereits überwunden hatte, als das Kurienwahlrecht abgeschafft wurde. Noch weit dramatischer sind aber drei weitere Aspekte der geplanten Änderungen:

Entzug von Mitteln

Der Krankenversicherung der ASVG-Versicherten wird bis 2023 mehr als eine halbe Milliarde Euro entzogen. Ab 2023 werden ihr jährlich mehr als 300 Millionen Euro entzogen.

Es ist undenkbar, dass sich dies nicht in Form von Leistungsverschlechterungen für die Versicherten auswirkt, zumal die Bundesregierung auch kein Konzept einer Gegenfinanzierung vorlegen will oder kann. Ein neu zusammengeschusterter § 31 ASVG sieht eine Verpflichtung des zukünftigen Dachverbands vor, jährlich eine Verordnung über Selbstbehalte bei Besuch von ÄrztInnen zu erlassen, die die neue ÖGK dann auch einheben muss.

Fusionskosten

Darüber hinaus auferlegt die Bundesregierung der Sozialversicherung die Fusionskosten, die bis zu einer Milliarde Euro erreichen können. All das und viele andere Details machen deutlich: Die Pläne der Bundesregierung für die Sozialversicherung müssen zwangsläufig zu erheblichen Verschlechterungen für ASVG-Versicherte führen.

ANTRAG

Die Vollversammlung der AK NÖ möge beschließen:

Die AK-NÖ anerkennt die Notwendigkeit von Verbesserungen für Versicherte im Sozialversicherungssystem. Dies umfasst etwa eine Vereinheitlichung von Beitragsregelungen und Leistungen für alle Versicherten in Österreich sowohl im Gesundheitssystem als auch im Pensions- und Unfallversicherungssystem. Die von der Bundesregierung mit dem Sozialversicherungs-Organisationsgesetz und seinen Nebenregelungen gewählte Weg ist ein Weg in die falsche Richtung: Statt zu vereinheitlichen, werden Systeme ungleicher, statt sinnvoll und nachhaltig anzugleichen werden völlig unterschiedliche Versichertengruppen wie etwa BäuerInnen und Selbständige oder BeamtInnen und Bedienstete im Bergbau in Systeme zusammengesperrt. Dadurch entstehen nicht weniger Funktionen in der Sozialversicherung, sondern mehr.

Die Vollversammlung der AK lehnt Selbstbehalte für Besuch von ÄrztInnen grundsätzlich ab. Sie sind eine Strafsteuer für kranke Menschen, stellen eine Hürde für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen dar, sind bürokratisch aufwendig, verursachen erhebliche Folgekosten, die die eingenommenen Mittel weitaus übersteigen.

Die Vollversammlung der AK-NÖ spricht sich gegen jede Leistungskürzungen in der Krankenversicherung der ASVG-Versicherten aus.

Die Vollversammlung der AK-NÖ fordert die Bundesregierung auf, die Kosten der von ihnen gegen den Willen der ArbeitnehmerInnenvertreterInnen durchgepeitschten machtpolitischen und strukturellen Veränderungen in der Sozialversicherung zu tragen. Die Vollversammlung der AK-NÖ ersucht daher die Präsidentin, den Vorstand und ihr Büro, entsprechende rechtliche Schritte gegen das SV-OG in die Wege zu leiten.