Resolution 1/4-2010: Gegenprogramm zu Massensteuern und Sparprogrammen

Vor einigen Wochen starteten folgende Organisationen die Kampagne:

„Überfluss besteuern, in die Zukunft investieren“
• PRO-GE, die Produktionsgewerkschaft • VIDA, die Lebensgewerkschaft
• Attac Österreich • Die Armutskonferenz • GLOBAL 2000 • Greenpeace
• Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich • SOS Mitmensch

Gegenwärtig verfügt eine Minderheit über Geld und Vermögen im Überfluss. Zugleich haben immer mehr Menschen zu wenig für ein gutes Leben. Es braucht eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen nach folgenden Kriterien:

Diese Steuern müssen so gestaltet sein, dass im Wesentlichen die reichsten zehn Prozent ihren Betrag zur Krisenbewältigung leisten. Damit könnten das Budget saniert, Schulden abgebaut sowie dringend nötige Zukunftsinvestitionen getätigt werden.
Massensteuern und Kürzungen von Sozialleistungen werden verhindert.

1. (Wieder-)Einführung einer Vermögenssteuer: 3,5 Mrd. Euro Das Gesamtvermögen aus Finanz-, Immobilien- und Unternehmensvermögen sollte einer Vermögenssteuer unterzogen werden. Die obersten zehn Prozent der ÖsterreicherInnen besitzen je nach Rechnung zwischen 57 und 70 % des Gesamtvermögens von 1.200 Mrd. Euro. Diese Gruppe soll durch einen ansteigenden Steuersatz auch einen entsprechend höheren Beitrag leisten. Nachdem das durchschnittliche Geldvermögen der Bevölkerung rund 55.000 Euro/Person beträgt, kann der Steuerfreibetrag gering sein und würde trotzdem 90% der Bevölkerung NICHT treffen.

2. Progressive Erbschafts- und Schenkungssteuer: 1,2 Mrd. Euro. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer soll wieder eingeführt werden. Kleine Erbschaften sollen auch weiterhin steuerfrei bleiben, je größer die Erbschaft ist, desto größer soll auch der Steuersatz sein. Beispielsweise wird bei einem Freibetrag von 100.000 Euro und einem geringen Steuersatz von 3% nach Berechnungen von Stephan Schulmeister ein Aufkommen von 1,2 Mrd. Euro erzielt.

3. Streichung der Steuerprivilegien eigennütziger Privatstiftungen: 0,8 Mrd. Euro
Privatstiftungen genießen diverse Steuerbegünstigungen: Gewinnausschüttungen in Form von Dividenden sind steuerfrei; ermäßigter Zwischensteuersatz von 12,5% bei Erträgen aus Bankguthaben, Forderungswertpapieren und Investmentfonds; de facto Steuerfreiheit von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen. Bei der Besteuerung von Zuwendungen an die Begünstigten wird die allfällig abgeführte Zwischensteuer auf die KESt angerechnet; Ausschüttungen von der Vermögenssubstanz sind unter bestimmten Umständen steuerfrei.
Die Stiftungen haben nicht dazu geführt, dass ausländische Gelder nach Österreich kommen, sondern dass Österreichs wohlhabende Familien ihr Vermögen dort steuerschonend vermehren können. Es wurden auch keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, sondern lediglich vorhandene Arbeitsplätze in Stiftungen eingebracht. Diese wären nicht gefährdet, wenn Stiftungen höher besteuert werden. Daher sollten alle Steuerprivilegien von Stiftungen abgeschafft werden. Zumindest eine Anpassung an den normalen Kapitalertragssteuersatz muss das Ziel sein. Eine Anhebung auf 50% wäre aber durchaus denkbar und gerechtfertigt. Aufkommenssumme bei Streichung der Steuerprivilegien bei Privatstiftungen rund 0,8 Mrd. Euro.

4. Abschaffung von Steuerprivilegien bei Kapitaleinkommen: 1,4 Mrd. Euro Der Zuwachs von Vermögen ist derzeit in Österreich nicht bzw. nur sehr geringe besteuert. Wenn sich eine Immobilie oder eine Aktie in ihrem Wert verändert, wird das nicht besteuert. Auch von dieser Regelung profitiert eine kleine Gruppe sehr stark. Steuerbegünstigungen für Kapitaleinkommen sollten generell beseitigt werden, zum Beispiel die Spekulationsfrist bei Aktienkursgewinnen, der Wiederveräußerungsgewinn beim Grundstückan- und verkauf, Fondserträge oder die Kursgewinne Privater. Der Kursgewinn beim Verkauf von Wertpapieren soll zu einem progressiven Steuersatz besteuert werden. Die einjährige Spekulationsfrist muss aufgehoben werden. Spekulationsgewinne, die durch Wertsteigerung bei Immobilien entstehen, werden derzeit nicht besteuert. Das Problem entsteht vor allem auch bei geplanten Grundstücksumwidmungen durch die öffentliche Hand. Immobilien dürfen nicht zur persönlichen Bereicherung gehalten werden, sondern müssen zur Nutzung kostengünstig zur Verfügung gestellt werden können. Spekulationen treiben die Preise künstlich in die Höhe. Summe bei Streichung der Steuerprivilegien bei Kapitaleinkommen nach vorsichtigen Schätzungen: 1,4 Mrd. Euro.

5. Abschaffung von Steuerprivilegien bei Kapitalgesellschaften: 1 Mrd. Euro
– Die Aufhebung der ungerechten Gruppenbesteuerung (Firmen mit Sitz in Österreich dürfen die Verluste ihrer ausländischen Töchter mit den Gewinnen in Österreich verrechnen; nicht jedoch müssen sie die Gewinne ihrer Auslandstöchter in Österreich versteuern!). Unterschiedliche Schätzungen bewegen sich zwischen 170 und 700 Mio. Euro, sie wird in den kommenden Jahren schlagend wegen stark steigender Verluste in Osteuropa. – Die Absetzbarkeit von Finanzierungszinsen bei Unternehmens(beteiligungs)käufen muss eingeschränkt werden. Die Absetzbarkeit von Firmenkäufen (Firmenwertabschreibung) sollte ebenfalls eingeschränkt werden. Summe bei Streichung der Steuerprivilegien bei Kapitalgesellschaften nach vorsichtigen Schätzungen: 1 Mrd. Euro.

6. Einführung von Ökosteuern, die der Umwelt nützen: 2,5 Mrd Euro
Es ist erwiesen, dass die Industrie, E-Wirtschaft und die wohlhabenden Bevölkerungsteile überproportional zu den Treibhausgas-Emissionen beitragen. Ein Lenkungseffekt durch Ökosteuern muss also diese Gruppen und Gesellschaftsschichten erfassen. Für die Schäden des Klimawandels zahlen momentan nicht die Hauptverursacher ihren angemessenen Beitrag zum Wiederaufbau und zur Entschädigung der Klimawandelopfer, sondern die Opfer selbst, sei es direkt oder indirekt über das Bezahlen von Versicherungsprämien. Denn nur die Haushalte zahlen über Energiesteuern, Erdgasabgabe, Stromsteuer und Ökostromaufschläge einen Teil der Schäden und der Anpassungskosten an den Klimawandel.
Durch eine umfassende aufkommensneutrale CO2-Steuer würden alle Verursachergruppen vom Verkehr über Haushalte bis hin zu Industrie und E-Wirtschaft erfasst. Dann würden die CO2-Emittenten je nach Schadstoffausstoß ihren finanziellen Beitrag leisten, aus dem dann die Förderungen für Klimaschutzmaßnahmen sowie die Anpassungskosten und die Entschädigung für die Opfer des Klimawandels beglichen werden können. Dabei sollten alle fossilen Energieträger nach ihrem CO2-Ausstoß erfasst werden. In Österreich könnten in den kommenden Jahren 2,5 Mrd. Euro jährlich an zusätzlichen Budgetmitteln geschaffen werden. Durch den Lenkungseffekt der Steuer würde es in den Bereichen Haushalt, Gewerbe und Verkehr zu einer Absenkung der CO2-Emissionen auf die Hälfte kommen. Die Entlastung von unteren Einkommensschichten im Ausmaß der Belastung durch Öko-Steuern kann u.a. durch Transferleistungen und durch Investitionen in energiesparende Maßnahmen, wie thermische Isolierung, Gerätetausch etc. erfolgen. Für manche Personen und Gruppen müssten diese Kosten zu 100 Prozent von der öffentlichen Hand getragen werden, da sich von Armut betroffene Personen auch mit einem „100 Euro Scheck“ den A++ Kühlschrank nicht leisten können.

7. Wirksame Bankenabgabe und Einbeziehung der Aktionäre: 1,3 Mrd. Euro
Die Bankenabgabe sollte so ähnlich gestaltet werden wie die frühere Sonderabgabe von Banken. Diese wurde 1993 aufgehoben. Wichtig ist, dass diese Abgabe nicht als Fondslösung konzipiert ist wie sie derzeit international an Gestalt anzunehmen scheint. Das wäre dann lediglich eine Versicherung für Banken um letztendlich deren eingesetztes Kapital bzw. das der AktionärInnen abzusichern. Eine Bankenabgabe auf die Bilanzsumme minus Eigenkapital minus Spareinlagen würde bei einem Steuersatz von 0,15% auf Banken, Versicherungen und Fonds 1,3 Mrd. Euro einspielen.

8. Finanztransaktionssteuer EU- oder österreichweit: 1,7 Mrd. Euro
Wir fordern die EU-weite Einführung einer Finanztransaktionssteuer, solange es keine globale Lösung gibt und eine Österreich-weite Einführung, solange es keine EU-weite Einigung gibt. 83% der reichsten 10% der Bevölkerung sind an der Börse aktiv. Große Finanzinstitutionen verdienen Unsummen mit Wetten auf den Finanzmärkten. Das prominenteste Beispiel ist Goldman Sachs.
Das Verschieben von hohen Summen in kurzer Zeit und damit einhergehende Verunsicherung/Manipulation der Aktienmärkte muss durch eine Steuer weniger attraktiv gemacht werden. Eine Einführung in Österreich ist möglich und auch sinnvoll, der Lenkungseffekt ist allerdings v.a. bei einer EU-weiten Steuer bestmöglich gegeben.
Nach den Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts wäre das Aufkommen in Österreich 1,7 Mrd. Euro, EU-weit bei einem Steuersatz von 0,1% von 320 Mrd. US-Dollar pro Jahr.
Das IHS errechnet ein EU-weites Steueraufkommen bei einem Steuersatz von 0,1% von 270 Mrd. Euro pro Jahr.

Die Vollversammlung der Steirischen Kammer für Arbeiter und Angestellte unterstützt diese Kampagne und trägt zur Verbreitung bei.

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