Vollversammlung Juli 2018 – Antrag 1

Bleibeperspektive für Asylwerbende in Ausbildungsverhältnissen

Eine der größten Chancen für die Integration in die Gesellschaft ist die Eingliederung von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt. Die Lehre in Mangelberufen ist eine der wenigen Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Asylwerbende. Zur Zeit gibt es österreichweit gut 900 Lehrverhältnisse mit Asylwerbern und Asylwerberinnen.

In der letzten Zeit nehmen die negativen Asylentscheidungen auch für Menschen in einer Lehre zu. Es kommt immer häufiger zu Abschiebungen direkt vom Lehrplatz. Das hat nicht nur für die Betroffenen negative Folgen, sondern auch für andere Asylwerbende, die davon hören. Sie alle lernen, dass Anstrengung und die Gewöhnung an Regeln sich nicht auszahlen. Auch die LehrherrInnen, ArbeitgeberInnen und FlüchtlingshelferInnen, die sich um die AsylwerberInnen kümmern und Lehrplätze auftreiben, werden entmutigt, wenn sie sehen, dass ihr Engagement durch eine unterschiedslose Abschiebungspraxis konterkariert wird. Nicht zuletzt wird der Umgang mit Asylwerbenden im Ausbildungsverhältnis auch die Lehrbetriebe zukünftig davon abhalten, AsylwerberInnen aufzunehmen.

Die Bundesregierung überlegt, die „Lehre in Mangelberufen“ für Asylwerbende wieder abzuschaffen. Damit würde man die jungen Menschen zu monate- bis jahrelangem Nichtstun vergattern, statt sie dabei zu unterstützen, ein möglichst – auch wirtschaftlich – eigenständiges Leben zu führen.

Jahrelange, beschäftigungslose Wartezeiten bringen junge Menschen um ihre wertvollste Lebenszeit und versetzen sie, gleich, wo sie sich aufhalten, in einen uneinholbaren Rückstand zu Gleichaltrigen. Überdies entwickeln sich gerade Jugendliche, die vom Erwerbsleben ausgeschlossen werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit rasch zur Problemgruppe.

Wenn es eine Win-win-Situation gibt, also Betriebe und junge Asylwerbende gleichermaßen profitieren, weil die einen Facharbeiter und Facharbeiterinnen bekommen und die anderen eine Ausbildung, dann muss die Regierung nach einer Lösung suchen, die den jungen Menschen und den Ausbildungsbetrieben Sicherheit gibt.

In Deutschland wurde 2015 eine klare Lösung dieses Problems von Negativbescheiden für Asylwerbende in Ausbildung verwirklicht. Mit dem „3+2-Modell“ wird in Deutschland garantiert, dass es während der zumeist 3-jährigen Ausbildungszeit und der ersten beiden Arbeitsjahre aufgrund einer Duldung zu keiner Abschiebung kommt.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die Bundesregierung auf, jungen Asylwerbenden die Lehre in Mangelberufen weiterhin zu ermöglichen und zu garantieren, dass junge AsylwerberInnen in Ausbildung und Lehre nicht abgeschoben werden. Nach Abschluss der Lehre soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine entsprechend angepasste Variante der Rot-Weiß-Rot-Karte zu erhalten.

Für die Fraktion der AUGE/UG

Ursula Niediek

Fraktionsvorsitzende Graz, den 26. 6. 2018