November 2018 – Antrag 2

Antrag 2

an die 14. Vollversammlung vom 15. November 2018

der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark

§ 115 StGB, Beleidigung neu fassen

Im Oktober wurde die frühere Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer vom Landesgericht für Strafsachen in Wien zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie eine grobe sexistische Beleidigung gegen sich öffentlich gemacht hat. Maurer rechtfertigte sich damit, dass sie sich gegen die Beleidigung anders nicht habe wehren können.

Besonders Frauen, aber auch Männer müssen, selbst wenn sie nur am Rande im öffentlichen Leben stehen, in den sozialen Medien mit zahlreichen bösartigen, persönlichen Attacken, Beleidigungen und Unterstellungen rechnen. Strafbar sind diese Angriffe aber nur, wenn mehr als zwei weitere Personen sie anhören oder mitlesen können. Die Einschränkung führt dazu, dass allein der gute Ruf der angegriffenen Person geschützt wird, nicht aber ihre persönliche Würde. Beleidigungen und gemeine Unterstellungen sind aber auch ohne öffentliche Wahrnehmung geeignet, Menschen erheblich zu verletzen und in ihrem öffentlichen Auftreten zu beeinträchtigen. Die Strafgesetze anderer Länder kennen die Einschränkung der Strafbarkeit auf öffentlich wahrgenommene Beleidigung aus gutem Grund nicht.

Der Paragraph 115 des Strafgesetzbuches lautet in der gültigen Fassung:

(1) Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht, ist, wenn er deswegen nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Eine Handlung wird vor mehreren Leuten begangen, wenn sie in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen wird und diese sie wahrnehmen können.

Nach dem Strafprozessrecht sind Opfer einer Beleidigung zudem auf das Mittel der Privatanklage verwiesen. Damit tragen sie auch das volle Prozesskostenrisiko. Argumentiert wird der Umstand damit, dass an einer Strafverfolgung kein öffentliches Interesse bestehe. Tatsächlich aber erlauben die sozialen Medien Beleidigungen in einem Umfang, dass die Öffentlichkeit an Verfolgung ein Interesse haben muss. Ziviler, respektvoller Umgang gehört zu den Grundanforderungen einer demokratischen Willensbildung.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die Bundesregierung auf, Gesetzesänderungen dahingehend zu initiieren, dass in § 115 StGB (Beleidigung) der Absatz 2 ganz gestrichen wird und in Absatz 1 die Wörter „öffentlich oder vor mehreren Leuten“ gestrichen werden. Außerdem soll die Strafprozessordnung so novelliert werden, dass im Falle öffentlichen Interesses eine Beleidigung auch staatsanwaltschaftlich verfolgt werden kann.

Für die Fraktion der AUGE/UG

Ursula Niediek

Fraktionsvorsitzende Graz, den 8. November 2018

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