Antrag 4 vom 27.05.2021

Antrag 4

 

zur Vollversammlung der Arbeiterkammer Kärnten am 27. Mai 2021 

30 Stunden sind genug – Arbeit fairteilen

Wie bereits in den Krisen davor, ist es auch in der aktuellen, durch Corona bedingten Situation so, dass bereits vorhandene Probleme deutlicher hervortreten als unter Normalumständen. Und wie aus bereits bewältigten Krisen bekannt ist, lassen sich Verbesserungen danach nur dann erreichen, wenn man sie in der Nachbetrachtung nicht aus den Augen verliert. Unter diesem Aspekt wäre es auch höchst an der Zeit sich aktiv mit der längst überfälligen Reduktion der Wochenarbeitszeit auseinanderzusetzen und das aus mehreren Gründen.

Genderspezifische Ungleichheit der Arbeitsverteilung

Aus aktuellen Erhebungen während des ersten Corona Jahres lässt sich ablesen, dass sich auch das Missverhältnis zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit noch verschärft hat: Im Schnitt arbeiteten Frauen pro Werktag um 2,5 Stunden unbezahlt mehr als Männer. Auch die höhere Flexibilität im Home Office hat die wirtschaftliche Ungleichheit der Frauen nicht verbessert.[1]

Bedenkt man, dass bereits in der Vergangenheit in Österreich unbezahlte Tätigkeiten, die der Planung und Bewältigung des sozialen Lebens dienen, zu gut zwei Drittel von Frauen geleistet wurden, liegt der Schluss nahe, dass es nicht die weitere Flexibilisierung ist, die hier Abhilfe schaffen kann: Frauen haben weniger Zeit für bezahlte Arbeit, haben in einer Erwerbsarbeit geringere Entlohnungen und erhalten nach Ende der Erwerbslebens, bedingt durch den höheren Teilzeitanteil, auch deutlich geringere Pensionen. Ein Teufelskreis, der durch die höheren Anteile von Frauen in Kurzarbeit und in der Arbeitslosigkeit noch verschärft wird.

Des weiteren steht zu befürchten, dass es nach der Krise wieder zu Sparmaßnahmen des Staates kommen wird. Hauptbetroffen von solchen Maßnahmen sind nicht zuletzt die Bereiche Betreuung von Kindern, Pflege und andere soziale Tätigkeiten. Jeder Wegfall in diesem Bereich kostet einerseits vermehrt Frauen bezahlte Arbeit und drängt andererseits diese Care-Arbeiten in den privaten Bereich zurück, wo diese wiederum unbezahlt von Frauen erledigt werden. 

Eine Senkung der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden würde einerseits die dringend notwendige zeitliche Entlastung von Frauen ermöglichen, ohne sie in eine Teilzeittätigkeit zu zwingen und hätte zusätzlich noch den positiven Effekt, dass damit auch jede unbezahlte, ehrenamtliche und für unsere Gesellschaft wertvolle Tätigkeit eine finanzielle Aufwertung bekäme.

Neben dem Argument der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, gibt es aber auch noch andere Aspekte, die für eine drastische Senkung der Wochenarbeitszeit sprechen.

Steigende Arbeitslosigkeit

Die derzeit hohen Arbeitslosenzahlen von mehr als einer halben Million und der hohe Anteil an Menschen in Kurzarbeit kosten dem Staat viel Geld. Expertinnen prognostizieren weitere Anstiege und setzen die Kosten dafür mit rund 15 Mrd. Euro pro Jahr an, die auch zu einer Finanzierung von einer Arbeitszeitsenkung investiert werden könnten, von der dann alle Erwerbstätigen profitierten und die auch die Arbeitslosenquote verringerte.[2]

Gesündere, produktivere und attraktivere Arbeitsplätze

Mittlerweile konnten die positiven gesundheitlichen und produktivitätsbezogenen Aspekte von reduzierter Arbeitszeit in der Praxis nachgewiesen werden. So zeigte eine Begleitstudie der Arbeitszeitumstellung von 38,5 auf 30 Stunden in der österreichischen Firma eMagnetix aus dem Jahr 2019[3], dass Belastungs- und Ermüdungserscheinungen zurück gingen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen stieg und gleichzeitig die Effizienz der Arbeitsabläufe und die Produktivität anstieg. Als weiterer Aspekt erhöhte sich außerdem die Attraktivität des Betriebes für interessierte Bewerber*innen.

Aus all den genannten Gründen erschließt sich, dass es höchst an der Zeit ist, ein neues Modell der Arbeitszeitverteilung zu denken und umzusetzen.

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen stellen daher folgenden Antrag: 

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Kärnten möge daher beschließen, sich für eine generelle Verkürzung der gesetzlichen Wochearbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich einzusetzen.

Für die Fraktion der Unabhängigen GewerkschafterInnen

1    https://www.wu.ac.at/vw3/forschung/laufende-projekte/genderspezifscheeffektevoncovid-19     (abgerufen am 03.04.2021)

   https://kontrast.at/30-stunden-woche-solidaritaets-praemie-ams/ (abgerufen am 03.04.2021)

3    https://www.gesundearbeit.at/cms/V02/V02_7.12.a/1342624220694/service/aktuelles/30-stunden-woche-kann-das-funktionieren (abgerufen am 03.04.2021)

 

 

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