Antrag 3
an die 15. Vollversammlung vom 31. 1. 2019 der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark
„Hilfe zum Lebensunterhalt“ für Menschen mit Behinderung muss bleiben
Statt bedarfsorientierter Mindestsicherung erhalten Menschen mit Behinderung nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz (StBHG) bisher eine „Hilfe zum Lebensunterhalt“ in ähnlicher Höhe. Künftig sollen solche landesgesetzlichen Leistungen, die „direkt oder indirekt der Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts oder der Wohnversorgung dienen“, nur noch nach Maßgabe eines künftigen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes gewährt werden, für das die Bundesregierung einen Entwurf vorgelegt hat.
Sollte der Entwurf wie vorgeschlagen in Kraft treten, müssten zahlreiche Menschen mit Behinderung in der Steiermark eine erhebliche Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen hinnehmen und könnten sogar ganz ohne Hilfe zum Lebensunterhalt bleiben. Im Einzelnen verlangt die geplante „Sozialhilfe“ – ebenso wie die bisherige Mindestsicherung – den Durchgriff auf ein mögliches Vermögen des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin. Bei der „Hilfe zum Lebensunterhalt“ nach dem StBHG gilt diese Regel aus gutem Grund nicht. Für Menschen mit Behinderung sind Vermögenswerte, oft von den Eltern zu genau diesem Zweck angespart, in vielen Fällen die einzige Möglichkeit, ein gesichertes Leben in gewohnter Umgebung führen zu können.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Sozialhilfe-Höchstsatz für AntragstellerInnen ohne ausreichende Deutschkenntnisse um monatlich 300 Euro niedriger ausfallen. Auf Menschen mit Behinderung angewendet, macht die Bestimmung keinen Sinn. Viele Menschen mit kognitiver Einschränkung werden das geforderte Sprachniveau nicht erreichen können. Trotzdem sind sie von der Anforderung an Deutsch- oder Englischkenntnisse nicht ausgenommen.
Weiterhin sieht der Regierungsentwurf niedrigere Höchstsätze für BezieherInnen vor, die in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Die Vorschrift trifft Menschen mit Behinderung, die auf Hilfe und Gemeinschaft angewiesen sind und nicht allein leben können, mit ungerechtfertigter Härte. Gerade Eltern und Verwandte, die sich der Unterstützung oder Pflege eines Menschen mit Behinderung widmen, haben oft keine Chance auf ein bedarfsdeckendes Arbeitseinkommen und würden mit der Kürzung ihrer Sozialhilfe noch zusätzlich geplagt und gedemütigt. Die im Entwurf geforderte gleichmäßige Verteilung der gekürzten Sozialhilfe auf alle Mitglieder der Haushaltgemeinschaft spricht der Lebenswirklichkeit in solchen Familien Hohn.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark unterstützt die Bemühungen der zuständigen steirischen Landesrätin für Soziales, Arbeit und Integration und fordert die Bundesregierung auf, bei Festhalten an ihrem Entwurf für ein Sozialhilfegrundsatzgesetz Leistungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz (StBHG) einschließlich der „Hilfe zum Lebensunterhalt“ auszunehmen und den Entwurf entsprechend abzuändern.
Für die Fraktion der AUGE/UG
Ursula Niediek
Fraktionsvorsitzende Graz, den 23. 1. 2019