Antrag 3
an die 13. Vollversammlung vom 5. Juli 2018
der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark
Für eine zeitgemäße Anerkennung von Berufskrankheiten
Die Berufskrankheiten sind im § 177 ASVG geregelt. Anerkannt werden können ausschließlich Erkrankungen, die in der Berufskrankheitenliste angeführt werden. Das sind zum einen Krankheiten, die auf die Verwendung von bestimmten Arbeitsstoffen zurückzuführen sind, zum anderen Erkrankungen, die aufgrund verschiedener Tätigkeiten bzw. Arbeitsabläufe entstehen.
Im Jahr 2016 wurde nach Antragstellung in 1.155 Fällen entschieden, dass es sich um Berufskrankheiten handelt. In 98 Fällen handelte es sich dabei um eine Erkrankung mit tödlichem Verlauf. Grundsätzlich ist bei den Anerkennungen von Berufskrankheiten ein rückläufiger Trend erkennbar.
Der Nachweis, dass die Erkrankung im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht, kann nur dann gelingen, wenn der Dienstgeber der entsprechenden Aufzeichnungspflicht beispielsweise über eine erhöhte Lärmbelastung nachgekommen ist.
Eine weitere Schwierigkeit ist der Nachweis eines monokausalen Zusammenhangs zur beruflichen Tätigkeit. Sowohl psychische Erkrankungen als auch Muskel-Skelett Erkrankungen entwickeln sich über einen längeren Zeitraum aufgrund von verschiedenen Faktoren. Ein entsprechender Nachweis ist damit aufgrund dieser Bestimmung nicht möglich. Während in Deutschland Bandscheibenerkrankungen zumindest berücksichtigt werden können, ist das in Österreich nicht der Fall.
Das Gesetz räumt über eine Generalklausel theoretisch die Möglichkeit ein, auch andere Erkrankungen als jene in der Berufskrankheitenliste anzuerkennen. Allerdings muss aufgrund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse festgestellt werden, „dass die Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist (§ 177 Abs.2 ASVG).“ Damit ist eine Anerkennung von Muskel- und Skelett Erkrankungen de facto unmöglich. 2015 und 2016 hat es aufgrund der Generalklausel keine einzige Anerkennung gegeben.
Grundsätzlich gibt es deutlich weniger Anerkennungen von Berufskrankheiten bei Frauen als bei Männern. Im Jahr 2016 wurden bei Frauen 160, bei Männern 995 Berufserkrankungen anerkannt. Das ist insofern nachvollziehbar, als sich das System weitgehend am klassischen männlichen Industriearbeiter orientiert. Der gesamte Pflegebereich mit seinen allgemein attestierten physischen und psychischen Herausforderungen und den damit verbundenen Folgeerscheinungen wird nicht berücksichtigt. Aber auch bei der „klassischen“ Berufserkrankung, der durch Lärm verursachten Schwerhörigkeit, sind gewisse Schieflagen erkennbar. Der Lärm in einem Kindergarten kann durchaus auf beeindruckende 87 Dezibel steigen. Eine Anerkennung von Hörschäden erfolgt hier allerdings nur in 7% der Fälle. Arbeitsorganisatorische Faktoren stellen ein Risiko bei Brustkrebskrankheiten dar. In Dänemark gibt es seit über zehn Jahre die Möglichkeit, Brustkrebserkrankungen aufgrund von Nachtschichtarbeit als Berufskrankheit anzuerkennen. Asbestbedingte Krebserkankungen des Rippenfells, der Lunge und des Kehlkopfes werden in Österreich bei Männern und Frauen als Berufskrankheiten anerkannt. Obwohl die Internationale Agentur für Krebsforschung schon 2009 eine asbestbedingte Verursachung von Eierstockkrebs als gesichert beschrieben hat, wird in Österreich diese Krebsart nicht bei den Berufskrankheiten berücksichtigt, ebensowenig wie Brustkrebs.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die Bundesregierung auf, eine zeitgemäße Anerkennung von Berufskrankheiten zu initiieren. Dazu braucht es gesetzgeberische Initiativen zu den Punkten:
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Veränderte Systemlogik – weg von monokausaulen Erklärungsansätzen für Berufskrankheiten
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Beweislastumkehr beim Feststellungsverfahren
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Erweiterung der Berufskrankheitenliste, insbesondere partielle Berücksichtigung von psychischen sowie Muskel- und Skeletterkrankungen sowie von speziellen Erkrankungsrisiken bei Frauen
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Geschlechtsspezifische Evaluierung von Gesundheit am Arbeitsplatz
Für die Fraktion der AUGE/UG
Ursula Niediek
Fraktionsvorsitzende Graz, den 26. 6. 2018