Vollversammlung Nov. 2019 – Gemeinsamer Antrag

Sozialdemokratische GewerkschafterInnen (FSG)
Österreichische ArbeitnehmerInnenbund (ÖAAB-FCG)
Freiheitliche Arbeitnehmer (FA)
Unabhängige ArbeitnehmerInnen (AUGE/UG)
Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)

Österreichische Gebärdensprache

In Österreich leben rund 9.000 bis 10.000 gehörlose/hörbeeinträchtigte Menschen. Davon haben nur etwa 3 % Matura und 1 % einen Hochschulabschluss. Dazu kommen ca. 500.000 schwerhörige und schwertaube Menschen. Den Grund für die geringe Anzahl an Abschlüssen sehen ExpertInnen im nicht ausreichenden Einsatz der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS). Bereits 2005 wurde sie in die Bundesverfassung aufgenommen. In der Folge hat Österreich zahlreiche internationale Abkommen ratifiziert, das Recht auf Gebärdensprache für hörbeeinträchtigte (gehörlose, schwerhörige, cochlearimplantierte, taubblinder, Kinder von gehörlosen/hörbeeinträchtigten Eltern etc., i.d.F. als hörbeeinträchtigt bezeichnet) Menschen, insbesondere in den Bereichen Verwaltung, Bildung und Medien gesetzlich zu verankern, ist bis heute allerdings nicht geschehen. Vor allem im Bildungsbereich fehlen dringende gesetzliche Anpassungen.

Hörbeeinträchtigte SchülerInnen werden derzeit weder ausreichend, noch flächendeckend in der österreichischen Gebärdensprache unterrichtet und sie lernen in der Regel sehr wenig über die Gehörlosenkultur. Es mangelt an gebärdensprachkompetenten PädagogInnen und DolmetscherInnen, um bilingual unterrichten zu können. Dafür ist in der Ausbildung von PädagogInnen ein zeitlicher Aufwand von rund 500 Stunden sowie regelmäßige Weiterbildung notwendig.

Es besteht ein eklatanter Mangel an ÖGS-DolmetscherInnen. Bescheide für kostenfreien Anspruch auf DolmetscherInnen werden oftmals erst ab Volljährigkeit ausgestellt. Viele Beratungseinrichtungen und Dienstleistungen des öffentlichen Lebens sind für hörbeeinträchtigte Menschen nicht oder nur unter erheblichem Mehraufwand und mit zahlreichen Einschränkungen nutzbar. Das verhindert ein selbstbestimmtes Leben. Der Einsatz von Native Signers (Personen mit ÖGS als „Muttersprache“) wäre sehr wichtig.

Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die Bundesregierung auf,

  • gesetzliche Regelungen zu treffen, dass ÖGS in Schulen für hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche als Unterrichtssprache gem. § 16 Abs. 1 SchUG verwendet werden kann und in § 16 Abs. 3 SchUG ÖGS zur lebenden Fremdsprache hinzugefügt wird, damit Schulen den Unterricht in ÖGS beantragen können,
  • ÖGS als optionale Fremdsprache an Schulen einzuführen,
  • kostenfreie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der ÖGS im ausreichenden Ausmaß in der Arbeitszeit für PädagogInnen einzuführen,
  • die Leistungen von GebärdendolmetscherInnen bei Bedarf ohne Altersgrenzen zu gewähren sowie
  • den vermehrten Einsatz von Native Signers zu fördern.