Der Abbau der im Zuge der Wirtschaftskrise entstandenen Kosten muss entsprechend dem „Verursacherprinzip“ einnahmeseitig vor allem bei einer höheren Besteuerung von Vermögen, Vermögensübergängen und -zuwachsen sowie Finanztransaktionen ansetzen, ausgabeseitig bei einer Wirtschaftspolitik, welche Beschäfigung in „guter Arbeit“ fördert und entsprechend Ausgaben für Arbeitslosigkeit reduziert.
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 3. Mai 2011 sprachen sich die Präsidenten der Industriellenvereinigung – Veit Sorger und der Wirtschaftskammer – Christoph Leitl für weitere Privatisierungen zum Abbau der Staatschulden sowie zur Reduktion der aus Staatschulden resultierenden Zinsbelastung aus. IV und WKÖ erwarten sich aus den Privatisierungen von u.a. Energieversorgern, Bundesimmobilien und Bundesforsten, aber auch bei Flughäfen, beim Wiener Hafen und der Münze Österreich Erlöse im Ausmaß von rund 25 Mrd. Euro.
Privatisierungen sind allerdings – gerade auch zur Budgetkonsolidierung bzw. zum Staatschuldenabbau – entschieden abhzulehnen:
Vermeintliche Privatisierungs“erlöse“ der letzten Jahre entpuppen sich als Nettoverluste: so brachten die letzten (Teil)Privatisierungen von OMV, Post und Telekom seit 2006 laut AK und ÖGB zwar eine Zinserparnis von knapp 500 Mio. Euro durch Schuldenabbau, kosteten allerdings gleichzeitig entgangene Gewinnanteile von Euro 1,7 Mrd. Oder, anders gesagt: dem jährlichen Verlust von rund 336 Mio. Euro an Gewinnentgang stand eine Zinsersparnis von Euro 100 Mio./jahr gegenüber, über die letzten fünf Jahre gerechnet entstand somit ein Verlust von 1,2 Mrd. Euro.
Ursache für steigende Staatsverschuldung liegt in Wirtschaftskrise begründet: Verantwortlich zeichnet sich für die von 2008 bis 2010 deutlich steigende Staatverschuld – was von IV und WKÖ aus gutem Grund geflissentlich ignoriert und nicht angesprochen wird – die Wirtschaftskrise und nicht im öffentlichen Eigentum stehende Unternehmungen. So sind laut AK-Studie rund 75 % des Gesamtschuldenzuwachses von 2008 bis 2010, das sind 27,9 Mrd. Von 37,4 Mrd. Euro der Wirtschaftskrise geschuldet – krisenbedingter Einnahmeentfall, insb. bei Körperschafts- und Kapitalertragssteuer, Eigenkapitalzufuhr im Rahmen der Bankenrettungspakete, Konjunkturmaßnahmen, Mehrausgaben für Arbeitslosigkeit etc. Es besteht also keinerlei Ursache-Wirkung Zusammenhang zwischen Staatschulden und öffentlichem Eigentum an Unternehmen.
Privatisierungen unter „Druck“ führen jedenfalls zu geringeren Erlösen: Wurden in letzter Zeit bereits seitens des Rechnungshofs „unter Wert“-Privatisierungen (z.B. Fall BUWOG) kritisiert, drohen sich im Falle von Privatisierungen „unter Druck“ Verkäufe deutlich „unter Wert“ zu wiederholen. Ein gutes Geschäft sind derartige Privatisierungen, deren Erlös für die öffentliche Hand deutlich unter den Erwartungen liegt, jedenfalls für die privaten Investoren, weinger jedoch für den bislang öffentlichen Eigentümer. Es liegt allerdings ohnehin der Verdacht nahe, dass der durch die Staatschulden entstanden finanzielle Druck auf die öffentlichen Haushalte und Gebietskörperschaften von privaten, potentiellen Investoren aus Industrie und Finanzwirtschaft als willkommener Anlass dient, über öffentliche Meinungsmache verstärkten Druck auf öffentliche Eigentümer dahingehend auszuüben, dass diese sich genötigt fühlen, unter zeitlichem und finanziellen Druck öffentliche Beteiligungen an Unternehmen deutlich unter „realem“ bwz. Marktwert abstossen zu müssen, um Budgetlöcher zu stopfen und Schulden abzubauen.
Privatisierungen der letzten Jahre sind entscheidend mitverantwortlich für die Wirtschaftskrise. Neue Privatisierungen bergen ein wirtschaftspolitisches Risikopotential in sich: Als wesentliche Ursache für Entstehen der Finanz- und daraus resultierenden Wirtschaftskrise kann die Privatisierung sozialer Sicherungssysteme (Pensionsfonds) sowie bislang öffentlicher Unternehmen angesehen werden. Nicht zuletzt die Privatisierung der Pensionsvorsorge und daraus resultierender milliardenschwerer Pensionsfonds verstärkten – um neue Möglichkeiten der rentablen Veranlagung zu finden – den Druck auf die Privatisierung bislang öffentlicher Unternehmen. Veranlagungen nahmen dabei zunehmend einen hochspekulativen und -riskanten Charakter an, welche, begünstigt durch weitestgehend deregulierte und liberalisierte Finanzmärkte nach Platzen der spekulativen Blasen zur Finanz- und anschliessend Wirtschaftskrise führten. Angesichts nachwievor bestehender, nicht einmal ansatzweise behobener Regulierungsdefizite der Finanzmärkte drohen weitere Privatisierungsrunden krisenhafte Entwicklungen einmalmehr zu begünstigen.
Darüberhinaus sprechen auch grundsätzliche Überlegungen für öffentliches Eigentum an Unternehmen (Versorgungssicherheit, Preisgestaltung, Beschäftigung, öffentliche Kontrolle, volkswirtschaftliche Bedeutung, Kostenstruktur etc.) weshalb sich die AK Wien bereits in der Vergangenheit für (Mit-)Eigentum an Betrieben aus Beschäftigungs-, Wirtschafts- und regionalpolitischen Gründen ausgesprochen hat (z.B. über eine öffentliche Beteiligungs- bzw. Auffanggesellschaft, „GBI-neu).
Eine nachhaltige Sanierung der Haushalte, die Aufarbeitung und Bewältigung der Krisekosten kann aus oben genannten Gründer daher nicht über Privatisierungen erfolgen, sondern muss bei Ursachen bzw. Verursachern der Krisenkosten ansetzen. Es ist nur selbstverständlich, dass jene, deren Vermögen und Besitz im Rahmen von Milliarden Euro schweren Bankenrettungs- und Konjunkturpaketen von der steuerzahlenden, nichtvermögenden Allgemeinheit – in der Mehrheit ArbeitnehmerInnen – gerettet wurden, nun ihren Beitrag zum finanziellen Abbau der Krisenkosten leisten – über eine entsprechende Besteuerung von Vermögen, Vermögensübergängen, Vermögenszuwächsen, Finanzmarktgeschäftgen, Finanztransaktionen und Spekulationsgewinnen.