Vollversammlung Mai 2021 – Antrag 3

Antrag 3

an die 4. Vollversammlung vom 6. Mai 2021

der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark

Faire Arbeitsbedingungen – faires Einkommen in der 24-h-Betreuung

In Österreich nahmen 2020 ca. 33.000 pflegebedürftige Menschen Betreuungskräfte in Anspruch, die, oft aus Osteuropa geholt, in ihre jeweiligen privaten Haushalte vermittelt wurden.

Nur ein verschwindet kleiner Prozentsatz der Betreuungskräfte wird von den zu betreuenden Personen oder ihrer Familie angestellt. Die allermeisten in der 24-Stunden-Betreuung arbeitenden Menschen arbeiten als Selbstständige mit Gewerbeschein Personenbetreuung.

Ihre Tätigkeit ist aber vom Charakter her keine selbstständige. Arbeitszeit, Arbeitsort, Ablauf der Arbeit können nicht selbst bestimmt werden, sondern richten sich voll und ganz an den Bedürfnissen der zu betreuuenden Personen oder ihrer Familienangehörigen aus. Auch ihre Bezahlung handeln diese Scheinselbstständigen nicht frei aus. Sie wird von den vermittelnden Agenturen schon im Vorhinein mit den zu Betreuuenden oder ihren Familien festgelegt. In Österreich konkurrieren ca. 950 bei der Wirtschaftskammer registrierte Agenturen um Kunden und Kundinnen und werben mit möglichst niedrigen Betreuungskosten. Eine Betreuungskraft verdient durchschnittlich 60 bis 70 Euro am Tag, von denen noch die Sozialabgaben gezahlt werden müssen. Das ist die Entlohnung für einen Arbeitstag, an dem oft fast rund um die Uhr gearbeitet wird oder zumindest Rufbereitschaft besteht.

Die Betreuerinnen und wenigen Betreuer befinden sich in starker Abhängigkeit von den Vermittlungsagenturen. Das staatliche Gütesiegel stellt primär die Qualität der Vermittlung und der weiteren Dienstleistungen ins Zentrum. Auch die Qualitätszertifkate der Agenturen thematisieren nicht, wie die Beziehung zwischen Agentur und Betreuungsperson gestaltet werden muss oder wie die Arbeitsbedingungen auszusehen haben.

Die Betreuungskräfte fordern ein Ende der Scheinselbsständigkeit und wollen eine Anstellung, in der Arbeits- und Entgeltbedingungen klar geregelt sind. Eine Studie zur 24-Stunden-Betreuung in Österreich, Deutschland und der Schweiz, an der Soziologin Brigitte Aulenbacher von der Johannes-Kepler-Universität Linz mitgearbeitet hat, kommt ebenfalls zu der Erkenntnis, dass die Anstellung der Betreuungskräfte bei einem Träger notwendig ist, wenn man faire Arbeits- und Entgeltbedingungen herstellen will.

Denkbar sind Anstellungsverhältnisse bei Wohlfahrtsträgern oder auch bei Genossenschaften, wie ein Pilotprojekt in Oberösterreich zur Zeit erprobt.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die Bundesregierung auf, Modelle zu schaffen, die eine Anstellung von Betreuungspersonen, die in privaten Haushalten beschäftigt sind, bei gemeinnützigen Trägern ermöglichen.

 

Für die Fraktion der AUGE/UG

DI Sandra Hofmann Graz, am 6.5.2021