Antrag 5 – Arbeitsrechte ausbauen zum Schutz aller abhängig arbeitenden Menschen

Arbeit, die ohne jede Form sozialer Absicherung und rechtlicher Regulierung stattfindet, in Lohnbetrug und Übergriffe seitens der Vorgesetzten mündet, sind für viele Menschen Realität. Diese Realität trifft insbesondere MigrantInnen, denen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus der Zugang zu den formellen Sektoren des Arbeitsmarkts versperrt ist. Sie müssen sich in den Grauzonen verdingen, in der völlige Willkür und Rechtlosigkeit herrscht. ‚Undokumentiertes Arbeiten‘ – d.h. Arbeiten ohne Arbeitspapiere – betrifft sowohl Personen ohne als auch mit legalem Aufenthaltsstatus in Österreich. Die soziale und rechtliche Diskriminierung ‚undokumentiert abhängig Arbeitender‘ macht diese erpressbar, ausbeutbar und führt dazu, dass geltende sozial- und kollektivvertragsrechtliche Standards unterminiert werden. Sie führt daher zu einer Schwächung der Position aller abhängig Beschäftigten in Österreich.

In der Schweiz und in Deutschland haben Gewerkschaften gemeinsam mit NGOs an mehreren Standorten gewerkschaftliche Anlaufstellen für Menschen in prekären Aufenthalts- und/oder Arbeitssituationen eingerichtet, um Beratung in sozial- und arbeitsrechtlichen Belangen sowie Unterstützung bei der Durchsetzung von Rechten anzubieten. In der Schweiz gibt es für ‚undokumentiert Arbeitende‘ nicht nur die Möglichkeit, sondern die Pflicht zur Sozialversicherung, sodass jedenfalls ein Schutz bei Krankheit oder Unfall gegeben ist. Die Rechtslage in Deutschland macht es wiederum möglich, dass ‚undokumentiert Arbeitende‘ nicht die leicht ausbeutbare Konkurrenz gegenüber legal Beschäftigten sein müssen. Mit Unterstützung der Gewerkschaft ver.di konnten vor dem Arbeitsgericht bereits Erfolge erzielt und damit gegenüber der ArbeitgeberInnenseite Exempel von gesamtgesellschaftlicher Relevanz statuiert werden.

Die EU-Richtlinie 2009/52/EG zu „Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen ArbeitgeberInnen, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen“ zielt in erster Linie auf Strafmaßnahmen gegen Unternehmen ab. Es sind die Mitgliedsstaaten aber ebenso aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sog. Drittstaatsangehörige ihre Ansprüche geltend machen können.
Um Ansprüche erfolgreich durchsetzen zu können, ist die Anwesenheit der Betroffenen während Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern gerade in Hinblick auf die Möglichkeit der ZeugInnenaussage zentral. Die EU-Richtlinie hält dazu ausdrücklich fest, dass die Mitgliedsstaaten festzulegen haben, unter welchen Bedingungen den „betroffenen Drittstaatsangehörigen (…) befristete Aufenthaltstitel entsprechend der Dauer des innerstaatlichen Verfahrens gewährt werden können.“

Antrag
Die Vollversammlung der Steirischen Kammer für Arbeiter und Angestellte fordert die Bundesregierung auf, die Änderung der österreichischen Rechtslage herbeizuführen, sodass bei ‚undokumentierter Arbeit‘ rechtliche Schritte gegen ArbeitgeberInnen möglich sind.
Lohnentgang durch nicht eingehaltene Kündigungsfristen muss in vollem Umfang, wie auch bei regulären Arbeitsverhältnissen, einklagbar sein. Dazu muss ‚gesicherter Aufenthalt‘ (vgl. NAG § 69a. „Besonderer Schutz“) für –‚undokumentiert Arbeitende‘ während eines laufenden arbeitsrechtlichen oder sozialrechtlichen Verfahrens gegeben sein. Die Durchsetzung von Rechtsansprüchen aus einem undokumentierten Arbeitsverhältnis darf nicht durch fremdenpolizeiliche Maßnahmen erschwert oder verunmöglicht werden.

Für die Fraktion der AUGE/UG
Ilse Löwe-Vogl
Fraktionsvorsitzende
02. November 2011

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