Viel und zu recht gefordert, zu wenig durchgesetzt
Gestern Nacht wurden die Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) abgeschlossen. KV- und IST-Löhne sowie Zulagen und Zuschläge werden um 9,2 Prozent angehoben. Zusätzlich gibt es Verbesserungen im KV-Rahmenrecht: u. a. mehr Geld für Einspringen, Nachtbereitschaften, Mehrstunden.
“Ich habe im Verhandlungsteam gegen diesen Abschluss gestimmt. Denn dieser Abschluss ist ein Kniefall vor der Politik!”, so Stefan Taibl Betriebsrat PSZ GesmbH und AUGE/UG NÖ Landessprecher in Niederösterreich.
In einer Studie in NÖ quer durch den Bereich haben drei Viertel der Beschäftigten das zu niedrige Gehalt als größtes Problem angegeben. “Die Gewerkschaft hat die Unterbezahlung der Branche mit 22 Prozent beziffert. Es herrscht ein eklatanter Personalmangel. Somit war die Forderung nach 15 Prozent Erhöhung auch im Spiegel der Inflation von 8,7 % absolut gerechtfertigt.” Die meisten Fördergeber hatten aber schon in der Höhe des jetzigen Abschlusses budgetiert. In der Nacht von 27. auf den 28.11. wurde dann auch das Ergebnis mit 9,2% auf alle Ist- und Tabellenlöhne erzielt.
Fatal: Streikbeschluss nicht genutzt
Die Politik und die Arbeitgeber haben wohl erkannt, dass für diese Bereiche etwas getan werden muss. Das Einstiegsangebot der Arbeitgeber lag wohl deswegen auch genau auf der Inflationsrate. Besser als in vielen anderen Branchen. “Jedoch, wenn man nicht bereit ist, einen Arbeitskampf auszutragen, wird man auf das Angebot des Gegenübers festgenagelt. Das reicht nicht!”, so Taibl. “Seit Jahren leidet die Branche unter den Gehaltsstrukturen und Arbeitsbedingungen. Wir werden wohl alle mehr Mobilisierung brauchen, um die Bedingungen so zu verbessern, dass Brot und Rosen für die Beschäftigten möglich sind.”
Es fehlt der Mut
“9,2 Prozent sind nicht genug! Es wurde viel und zu recht gefordert, denn die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich haben sich mehr verdient. Es gab einen eindeutigen Streikbeschluss, die Mobilisierung war angerollt – jedoch hat man das nicht genutzt!”, so Karin Stanger, AUGE/UG Bundessprecherin. “Viele Menschen sind solidarisch mit den Beschäftigten im Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich, viele waren streikbereit. Allein, es fehlte der Mut, um für echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Sagen wir wie es ist: Mit Streiks wäre mehr drinnen gewesen!”
„Wir alle aber müssen dran bleiben und mehr bewegen, damit das Gehalt im SWÖ auch in den Branchenvergleichen mithalten kann. Danke an Verhandler*innen, Beschäftigten und alle solidarischen Menschen, die sich für einen starken Abschluss stark gemacht haben“, so Taibl und Stanger abschließend.