Alle Beiträge von Rene Schuster

Vollversammlung Nov. 2019 – Antrag 2

An die 1. Vollversammlung vom 21. November 2019
der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark

Lebensmittel sind wertvoll!

In Österreich wird rund ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen, obwohl diese noch für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Diesem Missstand muss dringend Einhalt geboten werden.

Die Lebensmittelproduktion trägt einen erheblichen Teil zum Klimawandel bei. Durch die industrielle Landwirtschaft werden zahlreiche negative Umweltveränderungen verursacht, zum Beispiel Verlust an Biodiversität, Bodendegeneration und Wasserknappheit.

Unsere Ernährungsentscheidungen haben täglich Auswirkungen auf die Umwelt. Lebensmittel werden äußerst rohstoff-, personal- und energieintensiv produziert, oft über weite Strecken transportiert, gekühlt oder tiefgekühlt und zu qualitativ hochwertigen Speisen verarbeitet. Wenn sie nicht gegessen werden, müssen sie auch noch kostenintensiv entsorgt werden. Jede Stufe der Lebensmittelkette ist mit Umweltbelastungen wie Schadstoffemissionen verbunden und verbraucht Ressourcen. Ein sorgsamer Umgang ist daher angebracht und bedeutet zudem Wertschätzung für die in die Prozesse involvierten Menschen und ihre geleistete Arbeit.

Dass es bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens noch Lücken in der gesamten Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln gibt, ist vielen bewusst, daher hat es sich eine Reihe von Menschen bereits zum Ziel gemacht, diese wertvollen Lebensmittel sinnvoll weiter zu verteilen. In Österreich gibt es ein sehr gut funktionierendes Netzwerk von Organisationen und Vereinen wie Foodsharing, Vinzenzgemeinschaft, Caritas oder Rotes Kreuz, die mit zahlreichen, überwiegend ehrenamtlichen HelferInnen Lebensmittel abholen und für deren Fair-Teilung zu sorgen. Dabei geht es nicht nur darum, Bedürftige zu unterstützen, sondern die Frage, warum Nachhaltigkeit nicht flächendeckend gelebt wird. Immerhin geht es um unsere wichtigsten Ressourcen und damit unsere Zukunft. Ganz abgesehen von den wirtschaftlichen Faktoren, die anfallen für Mehrproduktion und anschließende Entsorgung – die Rechnung für die so verteuerten Lebensmittel zahlen am Ende die KonsumentInnen.

Zusätzlich zu verstärkter Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft ist es dringend erforderlich, effiziente Rahmenbedingungen und gesetzliche Regelungen zu schaffen, um das Wegwerfen der Lebensmittel zu vermeiden.

Die Vollversammlung der Steirischen Kammer für Arbeiter und Angestellte fordert die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf, das Wegwerfen von einwandfreien Lebensmitteln gesetzlich zu verbieten.

Für die Fraktion der AUGE/UG

Sandra Hofmann               Graz, den 14. 11. 2019
Fraktionsvorsitzende

Vollversammlung Nov. 2019 – Antrag 1

Antrag 1

an die 2. Vollversammlung vom 21. November 2019
der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark

Asylrechtsberatung muss unabhängig bleiben

Exakt am Vorabend der Veröffentlichung des Ibiza-Videos hat der Nationalrat unter der Regie des früheren Innenministers Herbert Kickl das Ende der unabhängigen Asylrechtsberatung beschlossen. Statt wie bisher zivilgesellschaftliche Organisationen soll künftig eine Bundesagentur, eine Behörde im Geschäftsbereich des Innenministers, Asylbewerber und –werberinnen in ihren Aufenthaltsangelegenheiten beraten. Die RechtsberaterInnen sollen einem durch das Justizministerium bestellten Bereichsleiter unterstellt werden.

Die Konstruktion widerspricht grob dem Sinn der Rechtsberatung. Zu einem rechtsstaatlichen Verfahren gehört die Möglichkeit für Prozessbeteiligte, sich über ihre Rechte an unabhängiger Stelle zu informieren. Ausgerechnet den Prozessgegner mit der Informationsaufgabe zu betrauen stellt die Verhältnisse auf den Kopf.

Auch für die „Rückkehrberatung“ soll die Behörde zuständig sein. Rückkehrwillige würden diese „Beratung“ meiden. Würden sie gegenüber staatlichen Stellen ihren Status nicht offenbaren, müssten sie mit Abschiebung rechnen.

Mit dem expliziten Ziel exklusiver staatlicher Kontrolle hat die seinerzeitige Mehrheit im Nationalrat die Bundesagentur überdies mit der Organisation der Erstversorgung von AsylbewerberInnen beauftragt. Zivilgesellschaftliche Organisationen sollen von der Flüchtlingsbetreuung ausgeschlossen sein.

Damit verzichtet die Republik bewusst auf die wertvolle, auch von Regierungsseite wiederholt gelobte Bereitschaft weiter Teile gerade der steirischen Bevölkerung, sich für Schutzsuchende zu engagieren. In einer Stellungnahme warnte die Caritas vor einer „Black Box“, einer Abschottung Asylsuchender mit dem Ziel, Kontakte mit der eingesessenen Bevölkerung zu verhindern und die Kontrolle behördlichen Handelns zu verunmöglichen. Betroffene wären vollständig in der Hand eines politisch geführten und auf Weisungen beruhenden Systems.

Die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen befindet sich derzeit im Aufbau und soll ihre vorgesehenen Aufgaben im nächsten und im übernächsten Jahr schrittweise übernehmen. Die neuerliche Regierungsbildung bietet die Chance, die einer offenen Gesellschaft unwürdige Konstruktion abzuschaffen, bevor sie wirksam geworden ist.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die neue Bundesregierung auf, Schritte zu setzen, um die Fortexistenz einer unabhängigen Beratung in Asylrechtsfragen sowie der zivilen Betreuung von Flüchtlingen zu garantieren und den geplanten Aufbau der staatlichen Agentur zu stoppen.

Für die Fraktion der AUGE/UG

Sandra Hofmann               Graz, den 14. 11. 2019
Fraktionsvorsitzende

Vollversammlung Nov. 2019 – Gemeinsamer Antrag

Sozialdemokratische GewerkschafterInnen (FSG)
Österreichische ArbeitnehmerInnenbund (ÖAAB-FCG)
Freiheitliche Arbeitnehmer (FA)
Unabhängige ArbeitnehmerInnen (AUGE/UG)
Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)

Österreichische Gebärdensprache

In Österreich leben rund 9.000 bis 10.000 gehörlose/hörbeeinträchtigte Menschen. Davon haben nur etwa 3 % Matura und 1 % einen Hochschulabschluss. Dazu kommen ca. 500.000 schwerhörige und schwertaube Menschen. Den Grund für die geringe Anzahl an Abschlüssen sehen ExpertInnen im nicht ausreichenden Einsatz der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS). Bereits 2005 wurde sie in die Bundesverfassung aufgenommen. In der Folge hat Österreich zahlreiche internationale Abkommen ratifiziert, das Recht auf Gebärdensprache für hörbeeinträchtigte (gehörlose, schwerhörige, cochlearimplantierte, taubblinder, Kinder von gehörlosen/hörbeeinträchtigten Eltern etc., i.d.F. als hörbeeinträchtigt bezeichnet) Menschen, insbesondere in den Bereichen Verwaltung, Bildung und Medien gesetzlich zu verankern, ist bis heute allerdings nicht geschehen. Vor allem im Bildungsbereich fehlen dringende gesetzliche Anpassungen.

Hörbeeinträchtigte SchülerInnen werden derzeit weder ausreichend, noch flächendeckend in der österreichischen Gebärdensprache unterrichtet und sie lernen in der Regel sehr wenig über die Gehörlosenkultur. Es mangelt an gebärdensprachkompetenten PädagogInnen und DolmetscherInnen, um bilingual unterrichten zu können. Dafür ist in der Ausbildung von PädagogInnen ein zeitlicher Aufwand von rund 500 Stunden sowie regelmäßige Weiterbildung notwendig.

Es besteht ein eklatanter Mangel an ÖGS-DolmetscherInnen. Bescheide für kostenfreien Anspruch auf DolmetscherInnen werden oftmals erst ab Volljährigkeit ausgestellt. Viele Beratungseinrichtungen und Dienstleistungen des öffentlichen Lebens sind für hörbeeinträchtigte Menschen nicht oder nur unter erheblichem Mehraufwand und mit zahlreichen Einschränkungen nutzbar. Das verhindert ein selbstbestimmtes Leben. Der Einsatz von Native Signers (Personen mit ÖGS als „Muttersprache“) wäre sehr wichtig.

Die Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die Bundesregierung auf,

  • gesetzliche Regelungen zu treffen, dass ÖGS in Schulen für hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche als Unterrichtssprache gem. § 16 Abs. 1 SchUG verwendet werden kann und in § 16 Abs. 3 SchUG ÖGS zur lebenden Fremdsprache hinzugefügt wird, damit Schulen den Unterricht in ÖGS beantragen können,
  • ÖGS als optionale Fremdsprache an Schulen einzuführen,
  • kostenfreie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der ÖGS im ausreichenden Ausmaß in der Arbeitszeit für PädagogInnen einzuführen,
  • die Leistungen von GebärdendolmetscherInnen bei Bedarf ohne Altersgrenzen zu gewähren sowie
  • den vermehrten Einsatz von Native Signers zu fördern.

Alternativen zur Pendlerpauschale

Am 16. Oktober 2019 referierte Hermann Knoflacher im Rahmen einer AUGE-Steiermark-Veranstaltung im Quartier Leech in Graz vor mehr als 40 TeilnehmerInnen über Alternativen zur Pendlerpauschale. Es folgt hier eine sehr kurze Zusammenfassung der Hauptaussagen des Vortrages.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Hermann Knoflacher ist emeritierter Universitätsprofessor an der TU Wien am Institut für Verkehrswissenschaften und beschäftigt sich vornehmlich mit den negativen Folgen des Individualverkehrs auf die Gesellschaft und die Regionen. Sein Forschungsansatz geht von der Erkenntnis aus, dass der öffentliche Verkehr zwar durchaus Nachteile für das Individuum hat, aber aus gesellschaftlicher Sicht Vorteile bringt, währenddessen der Individualverkehr für den Einzelnen zwar Benefit bringt, der Gesellschaft im Gesamten aber eindeutig von großem Nachteil ist. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang sein berühmtes „Gehzeug“, mit dem er demonstriert, wieviel Raum der Individualverkehr dem Gemeinwesen raubt.

Die Zwänge zur Mobilität

Die erste Alternative zur Pendlerpauschale wäre natürlich keine Pendlerpauschale. Doch was bewirkt die Pendlerpauschale? Und warum pendeln wir? Zuerst bezeugt der Ortswechsel, dass es am Wohnort einen Mangel gibt, der durch Mobilität ausgeglichen wird. Wir bewegen uns, um jene Bedürfnisse zu befriedigen, die das Heim nicht bietet. Arbeit ist nur ein Faktor, der heute viele dazu zwingt, täglich sehr weite Strecken zurück zu legen. Das war aber nicht immer so.

Auswirkungen der Pendlerpauschale

Doch was bewirkt die Pendlerpauschale? Grundsätzlich gilt die Pendlerpauschale als Teil der Werbungskosten und kann daher abgesetzt werden. Sie fördert damit indirekt das Pendeln. Zusätzlich lassen günstigeren Wohnkosten abseits der Ballungszentren die ArbeitnehmerInnen dorthin abwandern. Die Distanzen werden immer größer, die Geschwindigkeitserhöhung kann das nicht ausgleichen. Mensch ist somit täglich immer länger unterwegs. Der Verkehr nimmt zu, die allgemeine Durchschnittsgeschwindigkeit dadurch aber eben nicht. Es entsteht kein Zeitgewinn.

Arten der Mobilität

Wir können drei Arten von Mobilität unterscheiden: die physische, die soziale und die geistige Mobilität. Alle drei beeinflussen einander. Obwohl die Anzahl der Wege pro Tag und Person annähernd konstant bleibt, nimmt der motorisierte Verkehr zu und der nichtmotorisierte sowie der öffentliche Verkehr ab. Es geht also um eine Verhaltensänderung bzw. um eine Einstellungsänderung. Es zeigt sich jedenfalls, dass sich trotz der Erhöhung der Geschwindigkeiten keine Zeit übrig bleibt. Es ergibt sich keine Einsparung von Zeit!

Trennung der Lebensbereiche

Das Pendeln ist also eine Folge der Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort. Weitere Folgen dieser Entwicklung sind die wirtschaftlichen Konzentrationen, die Zersiedelung unserer Landschaft, Sozialisierung der Mobilitätskosten (d.h. die enormen Mehrkosten für die gesteigerte Mobilität werden von der Gesellschaft und nicht vom Individuum getragen), Missachtung des Verursacherprinzips, Belastungen für die Umwelt u.v.m. Die Ursachen liegen in den Wirtschaftsbedingungen, den Finanzregelungen, der Raumordnungspraxis, der Verkehrspolitik und den gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel der Finanzausgleich für Gemeinden. Auch der „abgestufte Bevölkerungsschlüssel“, der noch aus der Nachkriegszeit stammt, wirkt verstärkend auf diese negativen Entwicklungen, da er größere Gemeinden deutlich bevorzugt, weil sie pro Kopf mehr Mittel bekommen. Das führt zwangsläufig zu Konzentrationen in den Ballungszentren und zum Verlust an Infrastruktur in den ländlichen Regionen.

Höchste Zeit für Änderungen

Doch wo können wir ansetzen? Es geht um eine grundlegende Änderung unserer Lebensformen mit Weitsicht und Mut. Das erfordert aber auch eine Änderung der Gesetze, der Finanzen und der Machtverhältnisse. Und wir haben nicht mehr viel Zeit…

Die gute Nachricht: Das Pendeln ist kein Naturgesetz, der Verkehr kein Schicksal. Es handelt sich um ein künstliches System, das wir ändern können. Wir brauchen neue Strukturen, die mit einer Entschleunigung einhergehen. Das Ziel sind zukunftsfähige Orte mit mehr Arbeitsplätzen und Infrastrukturen in der Nähe sowie mehr Freiheiten für die Beschäftigten!

Autor: Willy Baier, AUGE/UG Steiermark

PUSH

Filmvorführung

Für das Grundrecht auf Wohnen

Sonntag, 3. November, 18:00
FORUM STADTPARK, Stadtpark 1, 8010 Graz

FILMGESPRÄCH mit Leilani Farha

CO-PRÄSENTIERT VON AUGE/UG Steiermark ua

Vermieter*innen ohne Gesicht. Häuser ohne Menschen. Ein Dokumentarfilm, der die neue unbewohnbare Stadt erforscht. Überall auf der Welt schnellen die Mietpreise in den Städten in die Höhe. Die Einkommen tun das nicht. Langzeitmieter*innen werden aus ihren Wohnungen gedrängt. Nicht einmal Krankenpfleger*innen, Polizist*innen und Feuerwehrleute können es sich leisten, in den Städten zu leben, in denen sie helfen sollen. PUSH wirft ein Licht auf eine neue Art des anonymen Hausbesitzers, auf unsere immer weniger bewohnbaren Städte und auf eine eskalierende Krise, die uns alle betrifft. Das ist keine Gentrifikation mehr, es ist eine neue Art Monster: Wohnungen als Kapital, ein Ort, um Geld anzulegen. Der neue Dokumentarfilm des vielfach ausgezeichneten Regisseurs Fredrik Gertten (BIKES VS CARS) folgt Leilani Farha, der UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Wohnen, wie sie die Welt bereist, um herauszufinden, wer aus den Städten verdrängt wird und warum. „Ich glaube es gibt einen riesen Unterschied zwischen Wohnen als Handelsware und Gold als Handelsware. Gold ist kein Menschenrecht, Wohnen schon“, sagt Leilani. PUSH untersucht, warum wir es uns nicht mehr leisten können, in unseren Städten zu wohnen. Wer sind die Akteur*innen, die uns unseren Wohnraum rauben, und was sind die Faktoren, die die Verdrängung der Menschen aus ihren Städten zu einem der größten Probleme unserer Zeit machen?

“Ein fesselnder neuer Film darüber, wie das globale Finanzsystem die Mietkrise befeuert und Städte unbewohnbar macht.” – The Guardian “Der Film ist fantastisch. Er zeigt, in welchem Konflikt wir aktuell leben, wo Wohnen als Handelsgut gesehen wird.” – Maria Lúcia de Pontes

Awards: Audience Award at CPH:DOX, Reteena Young Jury Award at DocsBarcelona, etc.

SE, 2019, 92 min, OF mit deutschen Untertiteln
Regie: Fredrik Gertten