Aufbruchstimmung

„Gemeinsam“ steigt wieder vermehrt in die Vorarlberger Gewerkschaftsarbeit ein.

„Gemeinsam“ ist bislang vor allem als Fraktion in der Arbeiterkammer-Vorarlberg aktiv. „Gemeinsam“ ist aber auch (wieder) eine anerkannte Fraktion im ÖGB-Vorarlberg. Dieser Arbeitsbereich soll nun sein Schattendasein beenden. Strategien, wie das gehen soll, hat der „Gemeinsam“-Vorstand bei einer Klausur in Lingenau im Bregenzerwald entwickelt. Derzeit ist „Gemeinsam“ mit

  • drei Betriebsräten in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp, Vorarlberg) und
  • mit einem in der Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge) vertreten.

Diese „Gemeinsam“-Betriebsräte sind Teil der AUGE/UG. Weiters zählen neun PersonalvertreterInnen im Öffentlichen Dienst zur UGöD (Unabhängige GewerkschafterInnen). Erklärtes Ziel des Vereins „Gemeinsam“ ist es, dass bei der Arbeiterkammerwahl 2014 mindestens 14 Betriebsratsmitglieder auf der „Gemeinsam“-Liste antreten.

Geschichte

„Gemeinsam“ entstand 1993 mit dem Ziel, bei den AK-Wahlen 1994 erstmals anzutreten. Mit dabei waren von Anfang an auch Gewerkschaftsmitglieder und Betriebsräte. Der 1994 als erster „Gemeinsam“-Kammerrat gewählte Mario Lechner war beispielsweise damals Betriebsratsvorsitzender im Sozialverein DOWAS. Folglich begann „Gemeinsam“ sich auch gewerkschaftlich zu orientieren. „Gemeinsam“ schloss sich kurz nach seiner Gründung der bundesweiten Alternativen Fraktion in AK und ÖGB an, die damals noch den Namen „GE – Gewerkschaftliche Einheit“ trug. „Gemeinsam“ war so dann auch bei der Umbenennung der GE zur „AUGE – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen“ und beim Zusammenschluss mit den „UGöD – Unabhängigen GewerkschafterInnen für mehr Demokratie“ in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GöD) und der Konsequente Interessenvertretung in der GdG-KMSfB (Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Kunst, Medien, Sport, freie Berufe) zur neuen ÖGB-Fraktion „UG – Unabhängige GewerkschafterInnen“ von Anfang an dabei.

Die Unabhängige GewerkschafterInnen waren und sind ein Bottom-Up-Projekt, ein Zusammenschluss von vielen Basis- und Betriebsgruppen mit jeweils eigener Geschichte, eigener Identität und eigenem Namen, was für NeueinsteigerInnen nicht immer leicht zu durchblicken ist, wie auch einige TeilnehmerInnen an der Klausur feststellen mussten. Mit Markus Koza, dem UG-Vertreter im ÖGB-Vorstand, hat sich „Gemeinsam“ einen kompetenten Referenten ins Land geholt, der es schaffte, den Mitgliedern des „Gemeinsam“-Vorstands einen ersten Durchblick zu verschaffen.

Passives Wahlrecht erkämpft, Fraktionsstatus verloren

„Gemeinsam“ war in seiner Gewerkschaftsarbeit in den 1990er-Jahren schon weiter als heute: Sowohl im ÖGB als auch in der GPA-djp als Fraktion anerkannt und in der GöD, die sich bis heute beharrlich weigert, die UG als Fraktion anzuerkennen, mit FunktionärInnen vertreten. 1999 wurden KollegInnen mit türkischer Staatsbürgerschaft von der „Gemeinsam“-Liste zur AK-Wahl gestrichen. In einem jahrelangen Rechtsstreit gelang es „Gemeinsam“, das allgemeine passive Wahlrecht bei AK- und Betriebsratswahlen durchzusetzen. GegnerInnen in diesem zeit-, energie- und finanzaufwendigen Prozess waren die Mitglieder der AK-Hauptwahlkommission, fast alle Funktionäre und Angestellte von Gewerkschaften. Um nicht weiter die Prozessgegner mitfinanzieren zu müssen, traten die „Gemeinsam“-AktivistInnen großteils aus den Gewerkschaften aus, womit dann auch der Fraktionsstatus verloren ging.

Vor der AK-Wahl 2009 stieß Can Bozgül zu „Gemeinsam“. Er war und ist türkischer Staatsbürger, Betriebsrat bei Tridonic in Dornbirn und somit einer der Nutznießer des Kampfes um das allgemeine passive Wahlrecht. Seither entwickelt sich die „Gemeinsam“-Gewerkschaftsarbeit wieder zaghaft. Die Klausur wird dieser Entwicklung nun den notwendigen Schub verleihen.

Die Gewerkschaftsarbeit ist mit der Klausur vom Rand ins Zentrum des Blickfelds gerückt. Die Vorstandsmitglieder haben die notwendigen Grundlagen erfahren. Die Strategien sind nun klar, die nächsten Schritte definiert und die strukturellen Weichen gestellt. In den nächsten Monaten wird „Gemeinsam“ intensiv mit Mitgliedern und SymphatisantInnen in Kommunikation treten, um sie für das Projekt „Gemeinsam“ in den Gewerkschaften“ zu gewinnen. Es gibt mit Sicherheit mehr als vier Betriebsratsmitglieder in Vorarlberg, die sich als alternativ, grün, links oder unabhängig verstehen und daher dazu zu gewinnen sind, eine Fraktionserklärung für die AUGE/UG zu unterschreiben. Weiters wird es in den nächsten Jahren gelingen, dass „Gemeinsam“-AktivistInnen bei Personalvertretungs-, und Gewerkschafts- und Betriebsratswahlen antreten – entweder auf Einheits- oder auf „Gemeinsam“-Listen. So wird es gelingen, nicht nur im ÖGB-Vorarlberg, sondern auch in mehreren Gewerkschaften den Fraktionsstatus und damit Einfluss auf die Gewerkschaftspolitik zu erlangen.

„Gemeinsam“ und die Grünen

Für „Gemeinsam“ war immer klar, dass die Interessen der ArbeitnehmerInnen völlig frei und unabhängig von äußeren Einflüssen, sei es von UnternehmerInnen, von politischen Parteien oder von anderen Organisationen und Interessen zu definieren und zu vertreten sind. Dennoch – oder gerade deswegen – hatte „Gemeinsam“ immer ein freundschaftliches und kooperatives Verhältnis zu den Grünen. Einzelne „Gemeinsam“-AktivistInnen waren und sind Mitglieder der Grünen. „Gemeinsam“ hat sich im Laufe der Entwicklung dann auch entschlossen, bei AK-Wahlen als „Gemeinsam“ – Grüne und Unabhängige“ zu kandidieren. Bei AK-Wahlen soll das auch weiterhin so sein. Um aber in der Gewerkschaftsarbeit keinen Zweifel an der Unabhängigkeit und Bereichsautonomie der „Gemeinsam“-AktivistInnen und „Gemeinsam“-Gruppen in Betrieben und Gewerkschaften aufkommen zu lassen, werden die GewerkschafterInnen als „Gemeinsam“/UG“ auftreten, wobei das UG für die bundesweite ÖGB-Fraktion „Unabhängige GewerkschafterInnen“ steht. Die verbindende gemeinsame „Marke“ bleibt „Gemeinsam“. Unabhängig davon, in welchem Bereich die AlternativgewerkschafterInnen in Vorarlberg auftreten, bleibt damit die Wiedererkennbarkeit erhalten.