der AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 165. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 21. Juni 2018
Antrag mehrheitlich zugewiesen
ÖAAB, FA: ja
FSG: für Zuweisung
Antragsbehandlung im Vorstand
Die 165. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:
Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer tritt für eine Verbesserung der Notstandshilfe ein. Diese Verbesserungen haben jedenfalls eine Erhöhung der Leistung, einen Rechtsanspruch auf Ausbildung und Qualifikation sowie auf Beratung und Betreuung, die die jeweils aktuelle spezifische Lebenssituationen und Problemlagen berücksichtigt zu umfassen. Einer Abschaffung der Notstandshilfe sowie die Verlagerung der Menschen in das System der Mindestsicherung wird die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer mit allen notwendigen Mitteln entgegentreten.
Die Notstandshilfe wurde 1946 aus den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise 1929 und ihren Folgen sowie des Nationalsozialismus geschaffen. Nie mehr sollten Menschen aus dem System der Arbeitslosenversicherung herausfliegen können. Nie mehr sollten Menschen aus Gründen, für die sie nichts können, aus dem Sozialversicherungssystem fliegen und in Elend gestürzte werden können.
Das System der Notstandshilfe ist mit Sicherheit verbesserungswürdig, etwa, was die existentielle Absicherung von Menschen, den Zugang zu Ausbildung, Beratung und Betreuung betrifft. Es ist aber unabdingbar, wenn das Ziel der Arbeitsmarktpolitik die nachhaltige gesellschaftliche, soziale und berufliche Inklusion von Menschen ist.
Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe in Deutschland und die Überführung der betroffenen Menschen in das Hartz IV-System des Arbeitslosengeldes 2 hat erhebliche negative Auswirkungen gehabt: Der Anteil der BezieherInnen von Niedriglöhnen ist von etwa 16% auf knapp 23% aller Beschäftigten gestiegen. Lagen der Anteil von armutsgefährdeten Menschen zum Zeitpunkt der Schaffung von Hartz IV in Deutschland und Österreich in etwa gleich hoch, so hat sich dieser Anteil seit der Einführung von Hartz IV in Deutschland von 12,2% der Bevölkerung auf 16,7%, also um 35%, erhöht. In Österreich konnte dieser Anstieg auch und vor allem wegen des Weiterbestehens der Notstandshilfe selbst in Zeiten der Wirtschaftskrise mit etwa 11,9% begrenzt werden.
Besonders deutlich ist die Wirkung der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe mit dem Anteil armutsgefährdeter arbeitsloser Menschen darstellbar. Während dieser vor Einführung von Hartz IV in beiden Ländern bei etwa 43% lag, erhöhte er sich in Deutschland auf aktuell 70%. In Österreich liegt er heute bei (noch immer viel zu hohen) 47%.
Die Abschaffung der Notstandshilfe verschlechtert somit augenfällig die Lebenssituation der betroffenen Menschen, ohne ihre Position am Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Gründe dafür sind leicht erklärbar: Insbesondere Familien mit zwei Einkommen werden in der Regel um Leistungen aus der Mindestsicherung umfallen, da die Anrechnungsregelungen in der Mindestsicherung wesentlich rigider sind als in der Notstandshilfe. Ebenso werden alle jene Menschen keine Mindestsicherung erhalten, die etwa ein eigenes Auto oder ein Sparbuch mit mehr 4.300 Euro haben; oder die in einer Eigentumswohnung leben.
Auch wenn es der ideologische Wunsch dieser schwarz-blauen Regierung ist: Es kann kein Ziel einer Sozialpolitik sein, Menschen in Problemlagen ins Elend zu stützen, sie einem erhöhten Verarmungsrisiko auszusetzen oder sie zu Niedriglohnarbeit zu zwingen.