Vollversammlung Mai 2022 – Antrag 3

Antrag 3

an die 06. Vollversammlung vom 05. Mai 2022
der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark

Pensionen – Altersarmut ist auch akademisch

Im derzeit gültigen Pensionssystem, dessen Finanzierung im Umlageverfahren, also aus Beiträgen der Erwerbstätigen, und aus Bundesmitteln erfolgt, sind einige Faktoren als wesentlich zu nennen.

Durch das Prinzip der Pflichtversicherung sind alle über der Geringfügigkeitsgrenze
beschäftigten Personen vom Beginn ihrer Erwerbstätigkeit an in die Pensionsversicherung eingebunden. Bestimmte Lebensphasen, in denen zumeist keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, wie z. B. Kindererziehungszeiten, Zivil- oder Präsenzdienst, Arbeitslosigkeit oder Bezug von Sozialleistungen, werden im Sinne eines Sozial- und Solidaritätsprinzips dennoch als Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung angerechnet. So wird für Kindererziehungs-, Präsenzdienst-, und Zivildienstzeiten eine fixe monatliche Beitragsgrundlage von derzeit EUR 1.986,04 angerechnet.

Die Pensionshöhe ist von der Einkommenshöhe (begrenzt durch eine Höchstbeitragsgrundlage) und von der Dauer der erworbenen Versicherungsmonate abhängig. Eine lange Berufstätigkeit, beginnend bereits mit den Lehrjahren, ist in einem erwerbszentrierten Pensionssystem demnach eine gute Basis für eine Pension, die den Lebensabend absichert.

Wie ist jedoch die Situation für Personen mit längeren Ausbildungszeiten?
Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten werden in der Pensionsversicherung – sowohl bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen als auch für die Pensionsberechnung – nur dann berücksichtigt, wenn dafür im Rahmen einer freiwilligen Versicherung Beiträge entrichtet wurden. 2021 kostet der Nachkauf für einen Monat Bildung EUR 1.265,40. Für ein Schuljahr sind demnach EUR 15.184,80 zu bezahlen.

Der Nachkauf von Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten ist daher nur für eine
einkommensstarke Gruppe erschwinglich. Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass Personen mit längeren Ausbildungszeiten entsprechend hohe Einkommen beziehen, die dann den Nachkauf von Ausbildungszeiten ermöglichen. Dass diese Annahme jedoch nur mehr auf einen eingeschränkten Personenkreis zutrifft, ist die traurige Realität. Denn viele Akademiker*innen, auch in wissenschaftlichen Arbeitsbereichen, haben prekäre Arbeitsverträge, verdienen entsprechend wenig und können sich daher den Nachkauf der Ausbildungszeiten nicht leisten.

In diesem Pensionssystem sind somit all jene benachteiligt, die nach der Vollendung des 15. Lebensjahres nicht erwerbstätig waren, sondern eine mittlere oder höhere Schule besuchten und danach ein Studium absolvierten, ohne im späteren Berufsleben die ursprünglich vorausgesetzten hohen Gehälter zu beziehen. Lange Ausbildungszeiten und danach folgende schlecht bezahlte Jobs oder sogar prekäre Arbeitsverhältnisse führen nicht selten zu niedrigen Pensionen und zu Altersarmut.

Das Klischee von hochdotierten Akademiker*innen entspricht nur mehr eingeschränkt den Tatsachen. Daher sind Maßnahmen notwendig, die das Solidaritätsprinzip des Pensionssystems auch für diese Gruppe zur Anwendung bringen.

Eine Erweiterung des Bezugsrechts auf Beitragsgrundlagen – analog den monatlichen Beitragsgrundlagen für die Kindererziehungs-, Zivil- und Präsenzdienstzeit – auch für die Zeitender mittleren und höheren Schulbildung sowie für die Mindeststudiendauer, würde somit nicht nur einen gerechten Ausgleich schaffen, sondern auch Erhöhungen der Pensionen für Personen mit längeren Ausbildungszeiten mit sich bringen. So würden die Beitragsgrundlagen – ausgehend von EUR 1.986,04 pro Monat (mal 12) im Jahr 2021 – z. B. für vier Jahre  Ausbildungszeit eine Erhöhung der Pension um EUR 121,20 pro Monat ergeben.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert den Gesetzgeber auf, das Allgemeine Pensionsgesetz dahingehend zu ändern, sodass auch für längere, über die Schulpflicht hinausgehende Ausbildungszeiten, d.h. für Zeiten des Besuchs von mittleren und höheren Schulen sowie für die Mindeststudiendauern, auf dem Pensionskonto monatliche Beitragsgrundlagen, analog den Beitragsgrundlagen für Kindererziehungszeiten, Zivil- oder Präsenzdienstzeiten, angerechnet werden.

Für die Fraktion der AUGE/UG

DI Sandra Hofmann
Fraktionsvorsitzende                                                               Graz, den 05. Mai 2022

2205_03_AK-VV_AUGE_UG_Antrag_Altersarmut_AkademikerInnen