Antrag 14 / Pflege als Zukunftsberuf – nicht mehr als eine vage Vision

der AUGE/UG –
Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 162. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 23. November 2017

Antrag einstimmig angenommen

Antragsbehandlung im Vorstand

Die 162. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen
Die BAK wird sich im Rahmen ihrer sozialpartnerschaftlichen Tätigkeit für förderliche Rahmenbedingungen für die Pflege- und Betreuungsdienste einsetzen. Dazu ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig:

  • Eine bundeseinheitliche Personalbedarfsberechnung, die quantitative und qualitative Kriterien berücksichtigt.
  • Sichere Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen (Stichwort: Gute Pflege braucht Zeit, monetäre Abgeltung der Pflegefachassistenz) im Pflege- und Betreuungsbereich.
  • Eine entsprechend den Leistungen im Gesundheits- und Sozialbereich adäquate Entlohnung statt eines Downgrading von Berufsgruppen.
  • Eine steuerfinanzierte Aufstockung des Pflegefonds.
  • Mehr Mitsprache des Pflegepersonals bei der Entwicklung von alternativen Versorgungsmöglichkeiten (verschieden Formen von betreuten Wohnen, tagesstrukturelle Angebote, multiprofessionelle Versorgungssprengel etc.).

Die Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz ist 2016 in Kraft getreten. Die Stoßrichtung dieser Gesetzesänderung, Einsparungen im Pflegebereich, wurde von der Politik nicht einmal geleugnet. Lediglich im Wording – heute wird vom Kostendämpfungspfad gesprochen – wurde versucht, diesen Umstand zu beschönigen.

Was ist seither passiert: Mangels konkreter Planungen hinsichtlich der Umsetzung dieser Novelle ist es zu einer massiven Verunsicherung der gesamten Berufsgruppe gekommen. Und das hat Folgen, die sich nicht nur aber auch ökonomisch messen lassen. Gehäufte Krankenstände, Rivalitäten zwischen den einzelnen Pflegedisziplinen und ein Phänomen, das die Politik momentan vor ein Rätsel stellt. Ein Anstieg von Arbeitslosigkeit in diesem Bereich ist seither zu beobachten. Krankenstände kosten, Konflikte am Arbeitsplatz kosten und Arbeitslosigkeit kostet. Unterm Strich ist zu vermuten, dass der so beschrittene Kostendämpfungspfad nicht die erhofften Summen generieren wird.

All diese Entwicklungen finden vor dem Hintergrund eines deutlich zunehmenden Pflegebedarfs statt. Eine längere Lebensspanne im Alter, Veränderungen in der Familienstruktur – als Stichworte seien hier die Zunahme von Singlehaushalten, geografische Distanzen von Familienmitgliedern und die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen genannt – machen den Ausbau des Pflegebereichs in quantitativer und qualitativer Hinsicht notwendig. Dabei handelt es sich um eine gesellschaftspolitische Herausforderung allerersten Ranges, die der Politik und der Bevölkerung entschiedenes Handeln und Phantasie abverlangt.

Eine ausschließlich auf ökonomische Aspekte des Problems verengte Sichtweise produziert dann solche Scheinlösungsansätze wie oben skizziert, die im Endeffekt vermutlich mehr Probleme mit sich bringen als sie zu lösen imstande sind. Frisch ausgebildetes Diplompflegepersonal, das keine Fixanstellung in einer Einrichtung bekommt, Heimhilfen, die sich nach 20 Berufsjahren plötzlich mangels Auftragslage auf unabsehbare Zeit als „AMS Kundinen“ wiederfinden, sind die Leidtragenden dieser Politik.

Von 2015 bis 2025 werden die Aufwendungen für Pflege und soziale Dienste von 4,75 auf 5,7 Milliarden Euro steigen. Das bedeutet nach aktuellen Berechnungen des WIFO einen Anstieg des Anteils vom BIP von 1,3% auf ca. 1,5 %. Sowohl das WIFO als auch diverse andere StudienautorInnen (u.a. WU Studie zum sozioökonomischen Nutzen des extramuralen Pflegesektors) weisen auf den hohen volkswirtschaftlichen Nutzen hin, den eine Investition in die Pflege- und Betreuungsdienste mit sich bringt.