Antrag 10 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Die österreichische Arbeitslosenversicherung entspricht bei Weitem nicht mehr den Erfordernissen der heutigen Arbeitswelt und lässt viele Menschen mit der Bewältigung der Existenzsicherung allein. Das fängt bei der Höhe des Arbeitslosengeldes – die zweitniedrigste in der EU – an, geht über schikanöse Strafbestimmungen bis hin zu repressiven Regelungen bei der Bemessung von Leistungshöhen und Rückforderungen.

Arbeitslos zu werden bedeutet den ersten Schritt in die Armut. Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto mehr ist die Existenz bedroht. Eine Nettoersatzrate von 55% des letzten Bezugs bedeutet eine annähernde Halbierung des Einkommens. Damit kann der Lebensstandard, egal ob hoch oder niedrig nicht gehalten werden. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, in der Regel 20 Wochen, wird durch die Anrechnung des PartnerInnen-Einkommens das eigene Einkommen vielfach auf Null gesetzt. Hat der Partner/die Partnerin ein Einkommen über rund 1.300 Euro netto ist der Freibetrag in der Notstandshilfe aufgebraucht, die Notstandshilfe wird gestrichen.
Das Arbeitslosengeld für Frauen und die Notstandshilfe für Frauen und Männer liegt deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle. Dies ist schon seit Jahren so. Wer arbeitslos wird, muss ein Abrutschen in die Armut in Kauf nehmen.

Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert die Bundesregierung daher zu folgenden Maßnahmen zur Existenzsicherung in der Arbeitslosenversicherung auf:
Signifikante Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung auf zumindest den EU-Durchschnitt von 70% bei gleichzeitiger Einführung eines Mindestsockels in Höhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs auf zumindest 39 Wochen
Streichung der Anrechnung des PartnerInnen-Einkommens in der Notstandshilfe
Automatische Valorisierung der Notstandshilfe entlang der Inflationsrate
Bei befristeten Arbeitsverträgen von höchstens 12 Monaten müssen die ersten 32 Tage in Bezug auf die Anwartschaften doppelt gelten
Mehr Durchlässigkeit bei den Anwartschaften für Menschen, die unselbständig und selbständig beschäftigt sind
Verkürzung der Anwartschaftszeiten zur Erlangung eines Versicherungsanspruchs, sodass auch Menschen in Berufsfeldern, die von prekären Beschäftigungsformen und befristeten Arbeitsverhältnissen geprägt sind, sozial abgesichert sind;
Bundesweite berufsspezifische Beratung von arbeitslosen KünstlerInnen: Mittelfristig sind zumindest FachreferentInnen in allen Bundesländern vorzusehen. Die KünstlerInnenbetreuung des AMS muss für erwerbslose KünstlerInnen zeitlich unbegrenzt offen bleiben: zumindest zielführende Ausnahmeregelungen zum Weiterverbleib in der Beratungs- und Betreuungseinrichtung (BBE) Team 4 KünstlerInnenservice.
Neuregelung der Rückforderungen des AMS aufgrund des Überschreitens der Zuverdienstgrenzen. Es darf nur jener Betrag zurückgefordert werden, um den die Zuverdienstgrenze überschritten wurde
Freiwilligkeit in der Vermittlung von Transitarbeitsplätzen, Arbeitstrainigs, Bewerbungstrainigs mit aufsuchender Betreuung, keine Sanktionen beim Ablehnen von aus Sicht der Betroffenen nicht zielführenden Maßnahmen
Sanktionen dürfen nicht auf Grund der alleinigen Aussage eines potentiellen Dienstgebers ausgesprochen werden
Auskünfte des AMS müssen rechtsverbindlich sein, Betroffenen haben den Anspruch auf kompetente Beratung
Zugang zum Arbeitsmarkt für alle, die legal in Österreich leben
Erhöhung des Datenschutzes: Begrenzung der gesammelten Daten und strikte Regelung des Weitergabe von AMS-Daten an Dritte; AuftragnehmerInnen des AMS dürfen personenbezogenen Daten weder sammeln, weitergeben oder sonstwie verwerten.

Die Organe der Arbeiterkammer Wien werden im Rahmen ihres Auftrages und ihrer Funktionen im AMS ihren Einfluss nutzen, um diese Forderungen durchzusetzen.

Download: AUGE10-BAK_Massnahmenpaket-AMS