Antrag 7 der
AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
an das
Bundesforum der GPA-djp von 2. bis 3. November 2010
Für eine solidarische, produktivitätsorientierte Lohnpolitik!
Der ÖGB formulierte auf seinem 16. Bundeskongress im Jahre 2007 zur Lohnpolitik folgende Position:
„Der ÖGB bekennt sich in seiner Lohnpolitik zu einer Orientierung der Lohnsteigerung an der gesamtwirtschaftlichen (Hervorhebung vom Autor) Produktivitätsentwicklung. Die Orientierung an der gesamtwirtschaftlichen und weniger der branchenspezifischen Produktivitätsentwicklung ist dabei Ausdruck der solidarischen Lohnpolitik. In Bereichen mit hohen Produktivitätssteigerungen ermöglicht die Ausrichtung an der gesamtwirtschaftlichen (Hervorhebung vom Autor) Produktivität eine Kostenentlastung, die in die Preise weitergegeben werden kann und damit in Branchen mit geringer Produktivitätsentwicklung höhere Reallohnsteigerungen erlaubt.“
Das 2. Bundesforum der GPA-DJP (2006) formulierte eine nicht so klare und in sich widersprüchliche Position:
„Unser Ziel ist eine solidarische Lohn- und Gehaltspolitik, die sich daran orientiert, dass die Steigerung der Löhne und Gehälter in allen Branchen der gesamtwirtschaftlichen Produktivität, der Branchenentwicklung und der Teuerung entspricht.“
Wieso ist sie widersprüchlich?
Zunächst einmal handelt es bei der ÖGB Formulierung um die sog. Solidarische produktivitätsorientierten Lohnpolitik, vor vielen Jahren war sie auch als die sog. Benya-Formel bekannt. Sie besagt, dass das Wachstum der Löhne und Gehälter sich aus der Steigerung der Verbraucherpreise plus der Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität zusammensetzt. Eine Berücksichtigung der Branchenentwicklung (welcher?) ist nicht vorgesehen.
Warum sich die GPA nicht an der Entwicklung der Branchenproduktivität orientieren sollte, geht eindeutig aus dem ÖGB Zitat hervor. Somit ist eine Orientierung ausschließlich an der gesamtwirtschaftlichen Produktivität eine solidarische Lohnpolitik, da sie Branchen mit niedrigerer Produktivität zusätzlich unterstützt. Das Resultat sollte eine gleiche Entwicklung der Löhne und Gehälter sein.
Die GPA-djp wird sich an der klareren Formulierung zur Lohn- und Gehaltspolitik des 16. Bundeskongresses des ÖGB orientieren.
Wie erfolgreich war die gewerkschaftliche Lohn- und Gehaltspolitik in der Vergangenheit?
Orientiert man/frau sich an der Darstellung der WSI-Mitteilungen (Schulten: Europäischer Tarifbericht, 4/2010) so ergibt sich folgender Befund, der in der untenstehenden Grafik dargestellt wird:
Dem Wachstum der Inflation und der Produktivität wird die Steigerung der Tariflöhne gegenübergestellt. Die Verteilungsbilanz gibt an, inwieweit die tatsächliche gewerkschaftliche Lohn- und Gehaltspolitik insgesamt für Österreich erfolgreich war. Nach dieser kurzen Darstellung war sie im letzten Jahrzehnt nur in drei Jahren erfolgreich. Im letzten Jahr 2009 auch nur deshalb, weil die Produktivität im Zeichen der Finanzmarktkrise dramatisch eingebrochen war.
Diese Darstellung entspricht aber nicht den gewerkschaftlichen Lohnverhandlungsforderungen. Aus gutem Grund. Die Verhandlungen für 2011 werden in Jahr davor geführt, es sollten gute Schätzungen für die Inflation und die Produktivität vorliegen. In der Realität gibt es keine sog. validen Schätzungen. Deshalb nehmen die gewerkschaftlichen VerhandlerInnen zumindest für die Inflationsrate den Vorjahreswert als Basis für die zukünftigen Verhandlungen.
Unter Berücksichtigung dieser Logik wurde die folgende Tabelle berechnet. Aber auch in ihr sind im letzten Jahrzehnt nur in drei Jahren eine positive Verteilungsbilanz erreicht worden.
Analyse und Durchsetzung der Forderungen sind zwei verschiedene Dinge. Die Analyse der vergangenen Lohn- und Gehaltsabschlüsse ist aber eine wichtige Voraussetzung für zukünftige Verhandlungen. Aus diesem Grund wird sich die GPA-djp intern einer offenen und Debatte über die Lohn- und Gehaltsverhandlungen stellen.