Antrag 2 / ABSICHERUNG VON UNIVERSITÄTSLEKTORiNNEN UND ANDERER PREKARISIERT BESCHÄFTIGTER AN UNIVERSITÄTEN

• Die Gehälter der LektorInnen müssen dem realen Arbeitsaufwand entsprechen. Ein Lehrauftrag mit zwei Wochenstunden pro Semester soll einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis im Ausmaß von 10 Wochenstunden (in Ausnahmefällen bei nachweislich geringerem Aufwand 8 Wochenstunden) mit sechs Monaten Gesamtdauer entsprechen.
• Durch die Lehre enstehende Kosten (z.B. für Kopien) sind durch die Universitäten zu ersetzen.
• LektorInnen sollen Zugang zu allen Förderungen für Konferenzbesuche, Austauschprogramme oder Übersetzungen wissenschaftlicher Arbeiten erhalten, zu denen auch das andere wissenschaftliche Personal Zugang hat.
• Senior Lecturers Stellen dürfen die LektorInnen nicht ersetzen, sondern sollen diese ergänzen und zu einem Stundenausmaß für die Lehre verpflichtet werden, das auch weiterhin Forschung ermöglicht.

 

Österreichweit sind 70 Prozent aller wissenschaftlich Angestellten nach dem seit 2004 gültigen privatrechtlichen Dienstverhältnis tätig. Die Universität Wien hat 2009 über 7.000 wissenschaftlich Angestellte, davon sind weniger als 900 nach dem Beamtendienstrecht beschäftigt. Alleine an dieser Universität leiden mehr als 2.500 LektorInnen, mehr als 1.000 Drittmittelangestellte und an die 800 AssistentInnen in Ausbildung (Säule 1), aufgrund von Befristungen unter prekären Arbeitsverhältnissen und mangelnden Zukunftsperspektiven.

LektorInnen der Universität Wien halten in einigen Studienrichtungen über 50% der Pflichtlehre. Ähnlich sieht es auch an vielen anderen österreichischen Universitäten aus. Die Gruppe der LektorInnen besteht dabei aus sehr unterschiedlichen WissenschafterInnen, die in unterschiedlichem Ausmaß beschäftigt sind. Einerseits befinden sich darunter junge Lehrende, die erst ihr Studium abgeschlossen haben und auf diese Weise erste Lehrerfahrungen als NachwuchswissenschafterInnen sammeln können, andererseits aber auch Lehrende, die oft auf eine langjährige Erfahrung als WissenschafterInnen aus außeruniversitären Forschungsbereichen oder aus unterschiedlichen Praxisfeldern zurückblicken können. Gerade in den Sozial-/Kultur-/Bildungswissenschaften ist der größte Anteil von LektorInnen tätig – sie machen an bestimmten Fakultäten das Doppelte oder sogar Dreifache zum permanent beschäftigten Lehrpersonal aus. Ein Teil von ihnen unterrichtet seit vielen Jahren regelmäßig – die einen zwischen 2 und 4 Semesterwochenstunden, einige bis zur derzeit gültigen Obergrenze von 7,9 Semesterwochenstunden. Ein Gros der LektorInnen in diesen Fächern sind DrittmittelforscherInnen (entweder freie oder außeruniversitäre oder temporär an die Universität angebundene) und/oder sind in Praxisbereichen tätig, die zeitgemäßes Wissen aus Forschung und Expertentum in seiner inhaltlichen Vielfalt in der universitären Lehre vermitteln.

Die Universität Wien stellt diesen LektorInnen meist keinerlei Infrastruktur oder Arbeitsplatz zur Verfügung. Selbst die durch die Lehre anfallenden Kosten (wie z.B. für Kopien) müssen in vielen Studienrichtungen durch die LektorInnen selbst bezahlt werden. Für jene LektorInnen, die zumindest teilweise von dieser Lehre leben müssen und keine fixe außeruniversitäre Anstellung haben, ist diese Situation äußerst prekär und auf jeden Fall zu verbessern.
Darüber hinaus gibt es LektorInnen, die außeruniversitär forschen oder Praxiserfahrungen aus unterschiedlichen Berufen auch für Studierende nutzbar machen und damit einem Rückzug der Universitäten in einen Elfenbeinturm entgegenwirken, die genau diese Form der Lehre wollen. Für LektorInnen ohne weitere feste Anstellung war diese minimale Anstellung aufgrund der damit verbundenen Versicherung von Bedeutung. Der Versuch die LektorInnen durch so genannte „senior Lectureres“ zu ersetzen stellt für die LektorInnen selbst, wie für die Einheit von Forschung und Lehre eine Bedrohung dar.

Die Interessengemeinschaft (IG) externe LektorInnen und freie WissenschafterInnen, eine Interessensvertretung der österreichischer LektorInnen hat deshalb bereits massiv gegen die Pläne des Rektorats der Universität Wien protestiert, die bisherigen LektorInnen durch „Senior Lecturers“ (gemäß § 26(3) des Kollektivvertrags) zu ersetzen. Diese haben nichts mit den gleichnamigen Positionen an amerikanischen oder britischen Universitäten zu tun. Dort ist es selbstverständlich, dass Senior Lecturers auch forschen, ihre Positionen sind eher mit den A.O. Professuren im deutschsprachigen Raum vergleichbar. Bei der in Wien angestrebten Stunden- und Studierendenüberlastung von 13 bis 16 Semesterwochenstunden werden diese jedoch an Forschung gehindert werden. Die Universität selbst rechnet je Stunde im Hörsaal 3 Stunden Arbeitszeit (Vorbereitung, Benotung, Sprechstunden,…), was angesichts der extrem hohen Studierendenzahlen keine realistische Stundenzahl darstellt.

Die Situation der derzeit lehrenden LektorInnen ist derzeit allerdings ebenfalls keineswegs zufriedenstellend. Kurzfristige Verträge für jeweils ein Semester verunmöglichen eine persönliche Lebensplanung. Den meisten LektorInnen steht an der Universität weder ein Arbeitsplatz, noch ein Sprechstundenzimmer zur Verfügung. Obwohl die Universität die Publikationen der LektorInnen in die eigene Forschungsbilanz einrechnet, stehen ihnen die meisten Zugänge zu Förderungen (wie für Konferenzen, Übersetzungen,…) nicht offen.

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