Mit dem Entgeltzweckzuschussgesetz, der Einführung der 6. Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr und der Einführung von Community Nurses sind erste Schritte Richtung einer Attraktivierung des Berufs gesetzt worden.
Das hat allerdings an der prekären Situation in der sich die Pflege momentan befindet wenig geändert. Nach wie vor müssen viele Betten wegen des Personalmangels gesperrt werden und der jahrzehntelang diskutierte und geforderte Ausbau des extramuralen Dienstes – Stichwort „Pflege zu Hause“ – ist nicht oder nur mangelhaft umgesetzt. Auch der Fortbestand der Lohnerhöhung in Form des Entgeltzweckzuschusses ist bislang langfristig nicht gesichert.
Um in dieser Situation eine nachhaltige und längerfristige Änderung zu bewirken sind eine Vielzahl von Maßnahmen notwendig. Einfach nur mehr Menschen in die Ausbildungen zu bringen wird nicht reichen. Fachkräfte im Pflegebereich müssen in ihrer Fachlichkeit respektiert und nicht hierarchisch gegängelt werden. Der eigen- und mitverantwortliche Tätigkeitsbereich muss massiv ausgebaut werden. Fachkarrieren, die nicht nur neue Tätigkeitsfelder erschließen, sondern auch mit einer entsprechenden monetären Aufwertung verbunden sind schaffen dann vermutlich tatsächlich Anreize im Beruf zu bleiben.
Ein wichtiger Umstand der den Arbeitsalltag von Menschen in der Pflege unnotwendig belastet betrifft die Bürokratie. Bürokratische Arbeitshindernisse sind daher abzubauen! Es braucht bereichsadäquate Formen der Dokumentation, bei der der Nutzen für die Pflege der Patient:innen und der Nutzen für die Kooperation im Team handlungsleitend sind. Dokumentation als Arbeitsnachweis oder Kontrollinstrument sind Fehlentwicklungen, die abgestellt werden müssen.
Um hier von einem „relativen“ Stillstand wegzukommen braucht es v.a. zwei Dinge:
- Eine bundeseinheitliche Rahmenrichtlinie, in der u.a. unter wissenschaftlichen Voraussetzungen der Personalschlüssel für den Pflegebedarf festgelegt wird.
- Und eine Entlohnung im Pflegebereich die sich zumindest am mittleren Durchschnittseinkommen von Männern orientiert.
Diverse Stellungnahmen von Mitarbeiter:innen im Pflegebereich zeigen, dass die Unzufriedenheit mit der momentanen Situation unverändert hoch ist und die Misere in diesem Arbeitsbereich weiter befeuert. Wir haben dazu Aussagen aus völlig unterschiedlichen Bereichen eingeholt:
°Ich verlasse die Pflege weil das System krank ist. Anstatt die Arbeitsbedingungen zu verbessern setzt man darauf engagierte Pflegepersonen auszubrennen. Der andauernde Braindrain dadurch verschlimmert die ganze Situation zusätzlich. Hauptsache billig funktioniert nicht.“
DGKP P.
„Die Pflege in den Justizanstalten klagt wie in allen Bereichen über Personalmangel. Da jedoch die Entlohnung deutlich geringer ist als bei anderen Arbeitgebern, führt dies zu erschwerten Bedingungen bei der Personalrekrutierung. Der konstante personelle Engpass führt zu Missständen in der Betreuung und Versorgung der Insassen. Selbst der großzügige Pflegebonus der Justizministerin konnte nur wenig positive Effekte erzielen, da dieser im Falle einer Anstellung der Jusitzbetreuungsagentur versteuert wurde und sich je nach Einkommen auf die Weihnachtsremuneration auswirken kann. Dies sorgt für Unmut bei den Mitarbeitern.“
DGKP E.
„Die Pflege in der Justiz Österreich galt und gilt als eigenständiger und besonderer Bereich innerhalb der Pflege. Dies führte dazu, dass der Coronabonus nicht an Angehörige der Pflege- und Betreuungsdienste ausgezahlt wurde und auch der Pflegebonus ursprünglich nicht für die Bediensteten vorgesehen war. Dank der Intervention des Zentralausschusses, der Interessengemeinschaft Pflege und Betreuung in der Justiz Österreich und vor allem von Frau Bundesministerin Zadic konnte doch eine Auszahlung des Pflegebonus realisiert werden. Im Zuge der positiven Entwicklungen wurde auch eine Verbesserung des Gehaltschemas für den sozialen Dienst erreicht und ein Antrag auf Umstellung des Gehaltschemas für die Pflege- und Betreuungsdienste liegt bereits zur Genehmigung vor. Es wäre trotz allem wünschenswert, wenn die Pflege und Betreuung in der Justiz von den Ministerien grundsätzlich mitbedacht wird.“
DGKP S.
„Ich bin enttäuscht, dass es nach den Ankündigungen in der Pandemie kaum spürbare Maßnahmen gegeben hat. Wir steuern auf eine gefährliche Situation zu.“
DGKP M.