Antrag 01 / Keine Ausgliederung der Sozial- und Gesundheitsdienste

Begründung:

Die Stadt Wien plant, operative Aufgaben im Sozial- und Gesundheitsbereich, die bisher von städtischen Dienststellen erbracht werden, in privatrechtliche Organisationsformen auszugliedern (Fonds Soziales Wien und geplante Tochter-GmbH’s für den Bereich „Betreuung von Obdachlosen“ und „Geriatrischen Tageszentren“) oder über Auftragsvergabe an private Vereine und Unternehmen auszulagern.
Am 1.7.2004 soll eine erste Stufe der Ausgliederung erreicht werden und die für ein halbes Jahr gegründete Magistratsabteilung 15 A wieder aufgelöst werden.

Als weitere Bereiche für Ausgliederungen und Auslagerungen in der Zukunft werden von politisch Verantwortlichen genannt: Magistratsabteilung 15 – Gesundheitswesen, Magistratsabteilung 11 und 11 A (Amt für Jugend und Familie und Kindertagesheime/ Horts der Stadt Wien) und Magistratsabteilung 57 (Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten).
Diese Politik folgt den Empfehlungen des Modells des New Public Management, das seit einigen Jahren bei der Stadt Wien unter dem Namen „Neues Steuerungsmodell“ umgesetzt wird. Ziel ist dabei die Trennung der strategischen von den operativen Kompetenzen. Die verstärkte Marktnähe der Verwaltungseinheiten soll zu einer Neuaufteilung der Aufgaben zwischen Verwaltung und Politik führen.

Die Dienststellenausschüsse der Magistratsabteilungen 12 (Wien sozial, früher Sozialamt), Gesundheitswesen und Betreuung zu Hause (Magistratsabteilung 15, 47, Landessanitätsdirektion) und Amt für Jugend und Familie (Magistratsabteilung 11) haben sich geschlossen gegen eine Ausgliederung ausgesprochen. Es ist den AntragstellerInnen unverständlich, warum der kommunalpolitische Ausschuss der AK-Wien (Protokoll der Sitzung im Februar 2004), zur Feststellung gelangt, dass sämtliche Änderungen im Einvernehmen mit der Personalvertretung vorgenommen wurden. Das Gegenteil ist der Fall.

Die dienstrechtliche Stellung der Beschäftigten, die in die privatrechtliche Organisationsform FSW wechseln müssen, wird durch ein Zuweisungsgesetz geregelt. Die neu eingestellten Beschäftigten des FSW unterliegen privatrechtlichen Normen. Das heißt, dass das Gehaltsschema der Stadt Wien für die neu eingestellten Beschäftigten beim FSW nicht mehr gilt. Bis dato gibt es keine Betriebsvereinbarung über die Entlohnung beim FSW. Eine Schlechterstellung der Neueintretenden ist zu befürchten.

Das Wiener Gleichbehandlungsgesetz gilt nicht für die Beschäftigten des FSW, ein diesbezüglicher Antrag auf Ausdehnung dieser Bestimmungen auf die Beschäftigten des FSW wurde vom Wiener Gemeinderat im März 2004 abgelehnt.
Die Gewerkschaft der Privatangestellten – Wien hat eine offene Plattform „Soziales in Wien“ gegründet, um im besonderen die BetriebsrätInnen und Beschäftigten im privaten Bereich des Sozialwesens in Wien zu organisieren und zu unterstützen. Der FSW soll im Auftrag der Stadt Wien alle Verträge mit Vereinen und Unternehmen, die soziale Dienstleistungen im Auftrag der Stadt Wien erbringen (rund 300 Verträge) neu abschließen. Die Form der Abgeltung der Leistungen soll von der sogenannten Leistungs- auf die Individualförderung umgestellt werden. Das heißt nichts anderes, als dass die Stadt Wien die Beziehungen zu den Non Profit Organisationen und Nicht-Regierungsorganisationen, die im Auftrag der Stadt Wien soziale Dienstleistungen erbringen, grundsätzlich neu orientieren möchte: An die Stelle der längerfristigen Aufträge und Förderungen sollen Marktbeziehungen und Förderung der individuellen KundInnen der LeistungsanbieterInnen treten.
Die Plattform „Soziales in Wien“ hat bereits ein umfangreiches Forderungsprogramm erstellt (www.gpa.at/sozialesinwien) und spricht sich in der Präambel der Forderungen grundsätzlich gegen Ausgliederungen der Stadt Wien aus, die als ein erster Schritt einer Privatisierung gewertet werden.

Die Rechte der MitarbeiterInnen werden nachhaltig eingeschränkt. Das Wiener Personalvertretungsgesetz gilt für den Fonds Soziales Wien und seinen Tochter-GmbH’s nicht. Das Wiener Personalvertretungsgesetz beinhaltet abgesicherte Mitbestimmungsrechte. Die Stadt Wien kann durch die Ausgliederung eines sehr großen Bereichs sofort aus dem Wirkungsbereich des Wiener Personalvertretungsgesetzes aussteigen und die Rechte der Beschäftigten nachhaltig beschneiden.

Im Kuratorium des FSW (das im Grunde die Funktion eines Aufsichtsrates erfüllt) ist kein stimmberechtigter Sitz für Gewerkschaft und/oder Betriebsrat/ Personalvertretung vorgesehen, ein Vertreter des Betriebsrats ist derzeit ohne Stimmrecht kooptiert.

Die Kommunen und Bundesländer stehen finanziell stark unter Druck und die Bevölkerung fordert zu Recht einen Ausbau und effiziente bzw. effektive Verwaltung des Sozialwesens. Aber durch die Ausgliederungen wird der wirtschaftliche Druck auf die Beschäftigten abgewälzt. Die Arbeiterkammer Wien ist aufgerufen, die Beschäftigten der Stadt Wien in Schutz zu nehmen und sie gegenüber den politisch Verantwortlichen effizient und effektiv zu vertreten.

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