Antrag 16 / Ja zu Steuergerechtigkeit – Nein zur Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer

  • Die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer bedeutet eine weitere Einengung des budgetären Spielraums hinsichtlich der  Finanzierung dringender gesellschaftlicher Herausforderung im Bereich der Bildung, der Pflege und der sozialen Sicherheit.
  • Vielmehr gilt es Erb- und Schenkungssteuer beizubehalten, auf international/europäisch vergleichbares Niveau zu heben und dahingehend zu reformieren, dass
  • Grund- und Boden im Rahmen einer Erbschaft/Schenkung dahingehend neu zu bewerten sind, dass Einheitswerte an die Verkehrswerte herangeführt werden
  • großzügige Freibeträge für Privathaushalte sicherstellen, dass nicht die Erben der „HäuslbauerInnengeneration“ primär steuerpflichtig sind, sonder die tatsächlich Vermögenden
  • die progressive Gestaltung des Erb- und Schenkungssteuertarifs beibehalten, aber vereinfacht wird
  • Privatstiftungen dahingehend in ein System der Erbschaftsbesteuerung miteinzubeziehen ist, dass ein „Erbschaftssteueräquivalent“ oder entsprechend andere Maßnahmen das in Stiftungen geparkte Vermögen im Abstand von jeweils 30 Jahren „erbschaftsbesteuert“
  • Mittelfristig bislang steuerfreie Finanzvermögen in ein System der Erb- und Schenkungssteuer miteinzubeziehen sind
  • Noch mehr als bei den Einkommen herrscht bei den Vermögen eine besondere Ungleichverteilung. Die verteilungspolitische Schieflage bei den Einkommen setzt sich bei der Verteilung der Vermögen ungemindert fort und verstärkt sich noch:

    Das (damalige) Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und KonsumentInnenschutz schätzt in seinem Bericht zur sozialen Lage 2003-2004 das Vermögen in Österreich für das Jahr 2002 auf 944 Milliarden Euro. Das WIFO (Studie Hahn/Magerl) errechnete bereits für das Jahr 2000 ein Nettovermögen von 994 Mrd. Euro.
    Dabei besitzt das oberste 1 % der Gesamtbevölkerung (ohne Kinder) 34 % des Vermögens, mehr als die unteren 90 %, die insgesamt über 32 % des Vermögens halten.
    Eine Erhebung der Nationalbank, die stichprobenartige Erhebungen über das Geldvermögen in Österreich durchführt, schätzt das Geldvermögen für das Jahr 2004 auf € 330 Mrd., wobei die reichsten 10 % der Bevölkerung 60 % des Geldvermögens halten.

    Interessant ist insbesondere die Entwicklung der Vermögen über die letzten Jahre: so weist die letzte offizielle Vermögensstatistik aus dem Jahr 1994 ein der Vermögenssteuer unterliegendes Vermögen für das 1989 in Höhe von € 50 Mrd. aus. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Vermögensbestand also vervielfacht!

    Im Unterschied dazu sind die vermögensbezogenen Steuern in Österreich dagegen außerordentlich schwach entwickelt und ausgeprägt. Während der Anteil der vermögensbezogenen Steuern in Österreich bei 1,3 % des Steueraufkommens liegt, betragen im EU-Schnitt vermögensbezongene Steuern durchschnittlich 5,2 % des Gesamtsteueraufkommens (OECD: 5,6 %). In konkreten Zahlen: 2004 betrug das Aufkommen aus vermögensbezogenen Steuern in Österreich insgesamt 1,268 Mrd Euro, davon entfielen auf Erbschafts- und Schenkungssteuern € 154 Mio. In Relation zum BIP (Bruttoinlandsprodukt): In Österreich machen vermögensbezogene Steuern gerade mal 0,6 % des BIP aus, in den EU-15 Staaten 2,1 %, in der OECD 1,9 % des BIP.

    Der Anteil der Erbschafts- und Schenkungssteuern – zwei der letzten verbliebenen vermögensbezogenen Bundessteuern nach Abschaffung der allgemeinen Vermögenssteuer und der Börsenumsatzsteuer – beträgt dabei 0,09 % des BIP, im EU-15 Schnitt 0,19 %. Würden also Erb- und Schenkungssteuern auf EU-15 Schnitt erhöht, brächte das Mehreinnahmen von knapp € 300 Mio. und damit ein mehr an Steuergerechtigkeit – entsprechend dem „Leistungsfähigkeitsprinzip“, wonach jede/r entsprechend seiner/ihrer Leistungsfähigkeit einen Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Leistungen leisten soll. Und Vermögende sind ohne Zweifel Leistungsfähiger als Nicht-Vermögende.

    Vermögensbezogene Steuern versuchen gleichzeitig Ungleichgewichte hinsichtlicher der „Chancen“ unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen herzustellen. Da sich vermögende Schichten quasi „selbstreproduzieren“ und mit Vermögen natürlich auch die soziale und gesellschaftliche Ausgangslage hinsichtlich Lebensstandard, Wohlstand, Partizipationsmöglichkeiten und Startvorraussetzungen für Bildung, beruflichen Werdegang etc. weitergegeben werden  – versuchen vermögensbezogene Steuern als umverteilende Maßnahme diese sich aus dem Marktprozess ergebende Ungleichverteilung von Chancen und Lebensumständen zumindest etwas zu korrigieren.

    Die Bundesregierung geht allerdings den gegenteiligen Weg. Auf Druck der ÖVP wird die Erbschaftssteuer nicht nur nicht erhöht, sondern ganz abgeschafft. Ähnliches droht der Schenkungssteuer. Damit gehen nicht nur Budgetmittel verloren, es wird auch das Prinzip der Steuergerechtigkeit und der „Leistungsfähigkeit“ unterlaufen. Eine Abschaffung der Schenkungssteuer würde zusätzlich schwerwiegende Folgen für das Steuersystem – insbesondere die Einkommenssteuer – mit sich bringen.

    Das immer wieder vorgebrachte Argument, die Erbschaftssteuer würde vor allem die „kleinen“ ErbInnen belasten ist dabei nicht haltbar und wäre ggf. über eine Reform der Erb- und Schenkungssteuer leicht korrigierbar:

    So erbrachten nach den jüngsten Daten der Steuerstatistik die vier größten Erbschaftsfälle im Vorjahr fast ein Viertel der gesamten Steuereinnahmen von 100 Mio. Euro.
    Die untersten zwei Drittel, rund 40.000 ErbInnen dagegen nur 7 % des gesamten Erbschaftssteueraufkommens.

    Eine Abschaffung der Erb- und Schenkungssteuer kann daher nur als Geschenk an die reichsten Teile der Bevölkerung bezeichnet werden.

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