Antrag 15/ Forderungen der AK an die künftige Bundesregierung

 

 

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Niederösterreich möge daher beschließen:

Die Vollversammlung der Arbeiterkammer Nö fordert die künftige Bundesregierung auf, in der kommenden Legislaturperiode zu folgenden Punkten Maßnahmen zu entwickeln, und ihnen Priorität in der Umsetzung einzuräumen:

 

Arbeit und soziale Sicherheit

  • Deutliche Anhebung der Nettoersatzrate auf EU-Durchschnitt, zumindest auf 70 % der Berechnungsgrundlage
  • Wegfall der Anrechnung des PartnerInneneinkommen bei der Notstandshilfe
  • Anhebung der bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Höhe der Armutsgefährdungsschwelle nach EU-SILC
  • Einrichtung einer unabhängigen und weisungsungebundenen Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft
  • Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,70 Euro/Stunde, 1.500 Euro/Monat
  • Ein Einkommensschutz für Teilzeitbeschäftigte über Mindestarbeitszeitgrenzen sowie Maßnahmen zur Unterstützung „qualifizierter“ Teilzeit (Teilzeit in Führung, Recht auf Stundenaufstockung bei regelmäßig/dauerhaft erbrachten Mehrstunden, Recht auf Teilzeit mit Rückkehrrecht auf Vollzeit …)
  • Neue Wege in der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslosigkeit als Strukturproblem begreifen und den Betroffen individuell optimale Angebote stellen, statt die Zumutbarkeitsbestimmungen zu verschärfen

 

Verteilungsgerechtigkeit

  • Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer 
  • Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • Abschaffung der Steuerprivilegien von Privatstiftungen 
  • Reform der Grundsteuer im Sinne einer realistischeren Erfassung und Besteuerung von Immobilienwerten und Schonung kleiner und mittlerer Immobilien 
  • Steuerliche Entlastung der Lohneinkommen über Senkung des Einstiegssteuersatzes
  • Verdoppelung der Negativsteuer
  • Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 55 % bei Einkommen über 140.000 Euro/Jahr.

 

Bildung/Wissenschaft

  • Gemeinsame Schule der 6-15jährigen
  • Flächendeckender Ausbau ganztägiger Schulreformen mit entsprechender räumlicher Adaptierung und Schaffung hochwertiger LehrerInnenarbeitsplätze an den Schulen
  • Ausbau der Schulsozialarbeit sowie der schulpsychologischen Dienste, Aufstockung des unterstützenden Lehrpersonals (IntegrationslehrerInnen)
  • Flächendeckender Ausbau ganztägiger, qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungs-/-bildungseinrichtungen insbesondere im elementaren Bildungsbereich 
  • Moderne und zukunftsorientierte Lehrlingsausbildung
  • Erhöhung der Durchlässigkeit der Bildungseinrichtungen (Lehre – Schule, Lehrabschluss- Universitäten/Fachhochschulen etc.)
  • Offensive zum Nachholen von Bildungsabschlüssen und Ausbau von Qualifizierungsangeboten
  • Förderung des lebensbegleitenden Lernens durch Bildungskonten, Bildungskarenz und Teilzeitbildungskarenz mit Rechtsanspruch
  • Sicherung des freien Hochschulzugangs und einer ausreichenden finanziellen Ausstattung zur Absicherung eines qualitativ hochwertigen Lehr- und Forschungsbetriebs sowie entsprechend bezahlten und arbeits- wie sozialrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnissen an Universitäten und Fachhochschulen
  • Wiederaufstockung der Mittel für außeruniversitäre Wissenschaft und Forschung
  • Keine Kürzung der Ermessensausgaben 

 

Gesundheit und Pflege 

  • Nachhaltige finanzielle und strukturelle Absicherung des öffentlichen Gesundheitssystems
  • Verbesserung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen im Pflege- und Gesundheitswesen
  • Armut macht krank – daher aktive Armutsbekämpfung durch Existenz sichernde Transferleistungen und eine breite, leicht zugängliche, niederschwellige soziale Infrastruktur
  • Deutliche Aufstockung des Pflegefonds aus Mitteln einer Erbschafts- und Schenkungssteuer zur ausreichenden Finanzierung arbeits- und sozialrechtlich abgesicherter und dem gesellschaftlichen Wert der Arbeit entsprechend bezahlter Arbeitsverhältnisse über professionelle Vereine.
  • Schluss mit der 24-Stunden-Pflege!

 

Wirtschaft und Umwelt

  • Einrichtung einer staatlichen Übernahme- und Sanierungsgesellschaft („GBI“-Neu)
  • Sicherung öffentlichen Eigentums – keine weiteren Privatisierungen! 
  • Neuausrichtung der ÖIAG von einer Privatisierungs- in eine strategische Beteiligungsgesellschaft
  • Verabschiedung eines Bankeninsolvenzrechts unter Beteiligung von EigentümerInnen und Gläubigern in Bankenrettungsmaßnahmen
  • ökologische und soziale Wohnbau- und Sanierungsoffensive, Zweckwidmung der Mittel für Wohnbauförderung
  • Investitionen in öffentliche Verkehrsnetze – insbesondere in den Personennahverkehr, Lückenschluss und entsprechende Anbindung des ländlichen Raums an öffentliche Verkehrsinfrastruktur
  • Reform des Vergabewesens – öffentliche Aufträge sind an hohe betriebliche Sozial-, Umwelt- und Gleichstellungsstandards zu koppeln
  • Investitionen in die Energiewende – Förderung von Energiespar- und Energieeffizienzprogrammen, Ausbau erneuerbarer Energien, Kraft-Wärme-Koppelung …
  • Einstieg in eine sozial-ökologische Steuerreform – Ökologischen Umbau unterstützen, Ressourcenverbrauch besteuern, Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlasten

 

Europäische Union

  • Keine Zustimmung zu bilateralen „Wettbewerbspakten“ und zur vertraglich verpflichtenden Umsetzung von neoliberalen Strukturreformen 
  • Verstärkter Einsatz für die Umsetzung der Finanztransaktionssteuer im Rahmen der erweiterten Zusammenarbeit sowie für Finanzmarktregulierungen auf EU-Ebene
  • Herausnahme langfristiger Investitionen aus den rigiden Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts
  • Verstärkter Einsatz im Kampf gegen Steueroasen, Steuerhinterziehung und für gemeinsame Mindeststandards bei der Unternehmensbesteuerung um Steuerdumping zu vermeiden
  • Einsatz für Eurobonds und einer Reform des ESM hinsichtlich Transparenz, demokratische Kontrolle und Auflagen im Rahmen von Rettungsmaßnahmen (Wahrung sozialer Stabilität, Erhalt sozialer Sicherungssysteme, Stärkung von Steuergerechtigkeit)
  • Einsatz für ein EU-weites Konjunkturprogramm in erneuerbare Energien, soziale Dienste und den sozial-ökologischen Umbau unseres Industriesystems

 

Arbeitswelt und Mitbestimmung 

  • Modernisierung des ArbeitnehmerInnen-Begriffs 
  • Arbeitsinspektorate aufwerten, Verbandsklagen ermöglichen
  • Erarbeitung eines modernen Arbeitsrechts, das sich an realen Lebensentwürfen und Bedürfnissen orientiert – insbesondere unter Einbeziehung „atypischer“ Beschäftigungsformen
  • Rechtsansprüche auf individuelle Auszeiten (Sabbaticals, Bildungskarenzen, Pflegekarenz …) sowie auf Teilzeit mit Rückkehrrecht auf Vollzeit
  • Arbeitszeitverkürzung (Verkürzung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit, progressiv steigenden Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung bei Überstunden etc.)
  • Reform der Arbeitsverfassung: Stärkung betriebsrätlicher Mitbestimmungsrechte bei Ausgliederungen, Umstrukturierungen, bei Gewinnverwendung und Investitionen (Vetorecht). 

 

Gleichstellung

  • Offensive Frauenpolitik – öffentliche Aufträge nur an Unternehmen die aktiv Frauenförderung und Gleichstellungspolitik betreiben. Nutzung der gesetzlichen Mittel und der Förderinstrumente zum Schließen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen
  • Einkommensberichte auch für den öffentlichen Sektor inklusive ausgegliederter Betriebe sowie für Unternehmen ab 50 MitarbeiterInnen.
  • Aktive Frauenförderung (z.B. verpflichtende Quoten) zum Durchstoßen der gläsernen Decke in Wirtschaft, Politik und im Betrieb
  • Förderung von Führung in Teilzeit 

 

Familienpolitik

  • Umsetzung eines einfachen Karenzgeldmodells das sich insbesondere am Einkommen orientiert (einkommensabhängig, mindestens Mindestsicherung) und die partnerschaftliche Aufteilung fördert
  • Einführung eines Papamonats
  • Klares Nein zum Familiensplitting
  • Ausbau von sozialer Infrastruktur und Kinderbetreuungs-/-bildungseinrichtungen statt der steuerlichen Absetzbarkeit und weiterem Ausbau von familienbezogenen Transferleistungen

Integration

  • Zusammenlegen von Aufenthaltserlaubnis und Zugang zum Arbeitsmarkt
  • Gleichberechtigten Zugang von MigrantInnen zu sozialen und familienpolitischen Leistungen (sozialer Wohnbau, Familienbeihilfe, etc.)
  • Herausnahme des Familiennachzugs aus der Einwanderungsquote
  • Einschränkung der Saisonierregelung
  • Einführung eines humanitären Bleiberechts mit allgemeingültigen, nachvollziehbaren Kriterien
  • Öffnung des Arbeitsmarktzugangs für AsylwerberInnen
  • Offensive zu „Integration durch Bildung – Bildung durch Integration“

 

Chancengerechtigkeit für Menschen mit Behinderung

  • Sicherstellung von barrierefreien Arbeiten
  • Gleichberechtigter Zugang zum Bildungssystem
  • Schaffung bundeseinheitlicher Regelungen hinsichtlich persönlicher Assistenz in allen Lebensbereichen
  • Ausweitung des Behindertengleichstellungsrechtes auf die Bereiche Bildung und öffentlicher Verkehr