Ausgehend von den Unabhängigen Gewerkschafter/innen (UG) regt sich Widerstand an der Basis. Null Bock auf Nulllohrunde! http://diealternative.org/nulllohnrunden/
„Wir wollen kein altes Brot – wir wollen ein Stück vom Kuchen!“ ist auf einem Transparent vor dem St. Pöltner Rathaus zu lesen. Die Kolleg/innen werden gebeten, enger zusammen zu stehen, damit die hunderten Gewerkschafter/innen, die aus den Seitengassen auf den Platz strömen, auch noch Platz finden.
Mindestens genauso wenig nachvollziehbar wie die Position des GöD-Vorsitzenden war jene des Vorsitzenden der Gemeindebediensteten-Gewerkschaft (GdG-KMSfB). Ing. Christian Meidlinger hält die Verhandlungs- und Tarifgemeinschaft von Bundes-, Landes- und Gemeindebediensteten für wichtiger als eine Lohnerhöhung. Um keine Uneinigkeit zwischen GöD (Bund und Länder) und GdG-KMSfB (Wien und Gemeinden) aufkommen zu lassen, müsse die Nulllohnrunde akzeptiert werden. Als führender SP-Wien-Politiker ist Meidlinger auch mitverantwortlich für die Finanzpolitik der Gemeinde Wien. Mit einer Nulllohnrunde war es natürlich leichter ein Budget für 2013 zustande zu bringen. Es wäre aber natürlich eine bösartige Unterstellung, zu behaupten, dass sich der Gewerkschaftsboss von solchen Überlegungen beeinflussen hätte lassen.
Weniger Kohle für die Banken – mehr Kohle für uns!“ ist auf einem weiteren Transparent zu lesen, während Christian Pandion, Vorsitzender der Personalvertretung der Stadt St. Pölten und der GdG-KMSfB-Ortsgruppe, die Versammlung eröffnet. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Kundgebung der Gewerkschaft, wie er erklärt, sondern auch um eine Dienststellenversammlung. So ist es den St. Pöltner Kolleg/innen möglich, in der Dienstzeit daran teil zu nehmen.
In der GöD wurde die Vorgabe des großen Vorsitzenden erstaunlicherweise weitestgehend geschluckt. Anders in den Gemeinden.
Als einer der ersten führenden Funktionär/innen stellt der Landesvorsitzende der GdG-KMSfB Vorarlberg, Wolfgang Stoppel (FCG – rechts auf dem Bild), fest, dass eine Nulllohnrunde denkunmöglich ist und die GdG-KMSfB selbstverständlich mit dem Land und dem Gemeindeverband verhandeln werde: „Das ist ein Raubzug in die Geldbörsen der öffentlich Bediensteten. (…) Mit durchschnittlich 2.300 Euro Bruttogehalt haben die Vorarlberger Gemeindebediensteten und ihre Familien nichts zu verschenken. Jeder erarbeitete Euro wird für den Lebensunterhalt gebraucht und auch ausgegeben, dies wiederum kurbelt die Wirtschaft an. (…) Ja fällt euch denn nichts besseres ein, als euren Bediensteten, anstatt sie für ihre sehr gute Arbeit zu belohnen, das Geld aus der Tasche zu ziehen?“
Die Verhandlungen wurden zusammen mit der GöD-Landessektion für die Landesbediensteten geführt und waren – gemessen an den Umständen – erfolgreich: Durchschnittlich 2,3 % für die Vorarlberger Landes- und Gemeindebediensteten.
Die Nulllohnrunde gilt in Niederösterreich übrigens nur für die Beschäftigten, nicht für die Politiker/innen. „NÖ PolitikerInnen + 1,8 % – Gemeindebedienstete 0,0 % – ist das gerecht?“ fragt ein Transparent. Wohl kaum!
Eine Gruppe von Musikschullehrer/innen hat dem Lied vom Kuckuck einen neuen Text gegeben und fordert von der Bühne aus die Kolleg/innen zum mitsingen auf.
Aus der allgemeinen Nulllohnrunde für die Gemeindebediensteten ist nichts geworden. In allen Bundesländern gab es im Gemeindedienst leichte Erhöhungen, wenn auch zumeist deutlich unter der Inflationsrate. Jedenfalls war den Gewerkschafter/innen im mittleren Funktionärsbereich die Einheit mit der GöD weniger wichtig, als Verhandlungen mit einem halbwegs vertretbaren Ergebnis. Im Kontakt zur Basis war ihnen rasch klar, dass eine Gewerkschaft und ihre Führung jegliche Existenzberechtigung verliert, wenn sie nicht einmal mehr versucht, die Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Mitglieder zu erhalten und zu verbessern.
Der Demonstrationszug setzt sich langsam in Bewegung. In den engen Gassen der Altstadt wird es laut. Die Gewerkschafter/innen haben nicht nur gelbe Warnwesten, sondern auch Trillerpfeifen mitgebracht und wissen diese zu gebrauchen. Es dauert eine ganze Weile bis alle auf dem zentralen Platz im Regierungsviertel stehen. Das heißt, alle haben eh nicht Platz. Aus allen Teilen Niederösterreichs sind weit mehr Kolleg/innen angereist, als erwartet. Hinzu kommen solidarische Kolleg/innen aus allen anderen Bundesländern und aus anderen Gewerkschaften. Inzwischen hat es ordentlich zu regnen begonnen. Das hält die Demonstrant/innen aber nicht vom Pfeifen ab. Interessanterweise ist an den vielen Fenstern des Regierungsgebäudes keine einzige Person zu sehen. Interessiert es die Landesbediensteten, die ja selbst genauso von der Nulllohnrunde betroffen sind, nicht, wenn andere dagegen demonstrieren oder haben sie für diesen Dienstagvormittag ein Fensterverbot bekommen?
Als letzter Redner bekommt Kollege Meidlinger das Mikro. Vermutlich weil er als letzter begriffen hat, dass die Kolleg/innen null Bock auf Nulllohnrunde haben. Er appelliert an den Landesfürsten doch endlich herunter zu kommen und mit der Gewerkschaft zu verhandeln. Aber auch Dr. Pröll hält sich ans Fensterverbot.