Dir. Rainer Keckeis missbraucht AK-Zeitung für abwegige Parteipolitik

Die erste Frage, die sich dabei stellt: Schreibt hier der AK-Direktor Rainer Keckeis oder der ÖVP-Funktionär Rainer Keckeis. In der ersten Zeile steht, dass es sich um einen Kommentar des AK-Direktors handelt. Wer dann weiterliest, muss aber schnell erkennen, dass hier der Parteifunktionär Rainer Keckeis seine Meinung äußert. Selbstverständlich darf er das. Aber bitte nicht in einer AK-Zeitung und bitte nicht auf Kosten der AK-Mitglieder. Wenn die ÖVP glaubt, es wäre wichtig, den Vorarlberger/innen die Ansichten eines Feldkircher ÖVP-Stadtrats näher zu bringen, dann soll sie das gefälligst auf eigene Kosten tun. Unsere Fraktion tritt seit je her für ein klare Trennung von Funktionen in der Interessensvertretung für Arbeitnehmer/innen und bezahlten Parteifunktionen bzw. über Parteien vergebenen Mandaten ein. Das gilt sowohl für die Gewerkschaften, als auch für die Arbeiterkammer. Dieser Kommentar ist einmal mehr ein Beleg dafür, dass wir mit unserer Haltung und Praxis richtig liegen.

Es ist aber nicht nur falsch, dass Rainer Keckeis die AK-Zeitung für Parteipolitik missbraucht. Es ist auch falsch, was er da schreibt.

Zu glauben, mit Großbaustellen Arbeitsplätze zu sichern, ist eine Politik aus den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Für das 21. Jahrhundert ist das kompletter Unsinn. Die Herausforderungen unserer Zeit liegen nicht darin, dass wir zu wenige Löcher in die Berge bohren. Die Herausforderungen liegen im Klimaschutz, in der Bildung und in Pflege und Betreuung. Das sind auch jene Bereiche, in denen die Arbeitsplätze der Zukunft liegen. Und genau das sind jene Bereiche, in denen das Programm der neuen Regierung Akzente setzt.

In Oberösterreich, das seit 2003 schwarz-grün regiert wird, wurden durch die Energiewende rund 50.000 Green Jobs geschaffen und gesichert. Die von Keckeis gescholtene Förderung energieeffizienten Bauens beispielsweise ist auch eine Förderung für das Bau- und Baunebengewerbe. Damit werden wesentlich effizienter Arbeitsplätze geschaffen und gesichert, als etwa durch arbeitsplatzextensive Straßenbauten. Ähnliches gilt für eine moderne Mobilitätspolitik, den Ausbau der Kinder- und Schülerbetreuung oder der Pflege. Alles Bereiche, in denen Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem entstehen damit Angebote, die gerade auch für Arbeitnehmer/innen wichtig sind, jedenfalls wichtiger als neue Straßen und Schilifte.

Es stellt sich auch die Frage: Wo liegen für den ÖVP-Funktionär Keckeis denn die Alternativen? Ja klar. Die Vorarlberger hätten halt wieder zu über 50 % die ÖVP wählen sollen. Hat sich aber nicht gespielt. Und jetzt? Der Kommentar gibt eine klare Antwort: Schwarz-Blau. Die klare Haltung von Landeshauptmann Herbert Sausgruber und seinem Nachfolger Markus Wallner gegen Antisemitismus wird als „persönliche Animositäten und Vorbehalte“ abgetan. Rainer Keckeis wäre eine Koalition mit einer Partei, der jegliche klare Abgrenzung nach rechts fehlt, lieber gewesen. Mit einer Partei, die versucht unsere Gesellschaft in „unsere Leut“ und „kriminelle Ausländer“ zu spalten. Eine Partei, die gegen religiöse und sexuelle Minderheiten hetzt, die immer wieder gegen Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte auftritt und die eine antieuropäische Haltung einnimmt, wäre dem Europapolitiker – offensichtlich ehemaligen Europapolitiker – Keckeis lieber als die Grünen.

Es ist ja nett, wenn sich Rainer Keckeis Sorgen um die Paktfähigkeit und die innere Verfasstheit der Grünen macht. Wer sich daran erinnert, was einst Blau-Schwarz im Bund und in Kärnten aufgeführt und angerichtet hat, und wer demgegenüber vergleicht, was die Grünen in mittlerweile sechs Landesregierungen und in zahlreichen Stadtregierungen leisten, wird diese Sorgen nicht teilen können.

Und noch eine letzte Frage stellt sich: Mindestens ein Drittel der AK-Mitglieder in Vorarlberg haben einen Migrantionshintergrund. Sind deren Interessen wirklich gut vertreten, wenn der AK-Direktor eine schwarz-blaue Regierung fordert?

Die AK-Fraktion GEMEINSAM ersucht daher, den AK-Präsidenten Hubert Hämmerle, sicher zu stellen, dass sich der Inhalt der AK-Zeitung zukünftig an den Interessen der AK-Mitglieder orientiert und nicht zu einer Plattform für parteipolitische Meinungsäußerung verkommt, insbesondere dann, wenn diese Ansichten so diametral Arbeitnehmerinteressen widersprechen.