Antrag 04 / Ökostrom

Der Ausbau von Ökoenergien sichert zudem bereits heute tausende Arbeitsplätze, tausende weitere zukunftssichere Arbeitsplätze können durch einen forcierten Ökostromausbau in den kommenden Jahren geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund lehnt die Arbeiterkammer die aktuelle Regierungsvorlage für eine Novelle des Ökostromgesetzes entschieden ab und vertritt folgende Forderungen:

  • Das derzeitige Modell garantierter Einspeisetarife für alle genehmigten Ökostromanlagen (generelle Abnahmepflicht) soll beibehalten werden.
  • Ein Anteil von 10% Ökostrom und 12% Strom aus Kleinwasserkraft am Bruttoinlandsstromverbrauch bis 2010 soll gesetzlich verankert werden.
  • Effizienzkriterien sollen zu einer höheren Effizienz der Ökostromförderung führen (degressive Tarife, Wirkungsgrad etc.)
  • Garantie der Einspeisetarife für 20 Jahre

Die Arbeiterkammer Wien fordert daher den Nationalrat auf, den vorliegenden Gesetzesentwurf dementsprechend zu verbessern und dadurch sicherzustellen, dass der Ökostromausbau in Österreich nicht gebremst, sondern forciert vorangetrieben wird.

BM Pröll und BM Bartenstein haben am 7. Oktober 2004 einen Entwurf für eine Novelle des Ökostromgesetzes vorgelegt, die eine massive Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Ökoenergien bedeutet. Der Entwurf wurde vom Ministerrat bereits beschlossen und soll als Regierungsvorlage noch im heurigen Jahr vom Nationalrat beschlossen werden.
Die Gesetzesnovelle würde de facto einen Ausbaustopp bei der Windenergie und ein radikales Zurückfahren der Förderung bei Biomasse, Biogas und sonstigen Ökostromanlagen zur Folge haben. Der Gesetzesvorschlag bedeutet einen schwerer Rückschlag nicht nur für den Klimaschutz und die Ökostrom-Branche und den Wirtschaftsstandort. Die Chancen auf zehntausende Arbeitsplätze und eine Ökoexport-Offensive der heimischen Öko-Energie-Branche würden damit zunichte gemacht. Die EU-Vorgaben im Bereich Erneuerbare Energien und Klimaschutz würden glatt verfehlt.
In anderen europäischen Staaten wird der forcierte Ökostromausbau mit fixen Einspeisetarifen für alle genehmigten Anlagen erfolgreich fortgesetzt. In Deutschland werden im Bereich Erneuerbare Energien mittlerweile sogar mehr Arbeitsplätze gesichert als durch die Atomenergie und gewaltige Exporterfolge eingefahren. Österreichische Firmen gehören mittlerweile zu den weltweit führenden Generatoren- und Flügelmateriallieferanten in der Windenergiebranche.
Das im Gesetzesentwurf festgeschrieben Ziel, bis 2010 einen Ökostromanteil von 7% (ohne Wasserkraft) zu erreichen, wird bei weitem nicht ausreichen, um die EU-Vorgabe, den Anteil der Erneuerbaren Energien im Strombereich bis 2010 auf 78,1% zu steigern. Derzeit sinkt der Ökostromanteil am Gesamtstromverbrauch.

Konkrete Kritikpunkte am Gesetzesentwurf
Das Vergütungsvolumen für Ökostrom soll ab 2005 gegenüber 2004 auf ein Sechstel gesenkt und  per Gesetz folgendermaßen aufgeteilt werden: 40 % für Biomasseanlagen, 30 % für Biogasanlagen, 20 % für Windkraftanlagen und 5 % für Photovoltaik und 5 % für sonstige Ökostromformen (z.B. flüssige Biomasse). Das bedeutet, dass pro Jahr ab 2005 nur mehr zwei mittelgroße Biomasseanlagen, etwa 15 Biogasanlagen, zwei kleinere Windparks und auch kein nennenswerter Zubau bei Photovoltaik mehr erzielt werden kann. Pro Jahr können insgesamt Ökostromanlagen mit einer Gesamtleistung von nur mehr 50-60 MW dazugebaut werden. Zum Vergleich: Der gesamte Zubau an Ökostromanlagen beträgt für 2003 deutlich über 300 MW. Das bedeutet dass durch das ÖkostromG neu ab 2005 der Zubau neugenehmigter Anlagen gegenüber 2003 um ca. 80% heruntergebremst wird.

Im Bereich Windkraft soll das bisherige System (generelle Abnahmepflicht, garantierte Einspeisetarife für alle genehmigten Anlagen) auf ein Ausschreibungsmodell umgestellt werden. Das  bedeutet einen Systembruch. Dies widerspricht völlig dem europäischen Trend, Ausschreibungsmodelle sind in allen Fällen gescheitert. Im aktuellen Gesetzesvorschlag wird im Wind-Ausschreibungssystem zudem noch an einen inakzeptabel niedrigen Maximaltarif von 6,9 Cent/kWh fixiert, der noch dazu jährlich sinken soll. Diese Bedingungen bedeuten das Ende für den Windkraftausbau in Österreich. Ausschreibungsmodelle haben sich europaweit nicht durchgesetzt, sondern sind in allen Fällen gescheitert. Das Ausschreibungsmodell hat zahlreiche gravierende Nachteile gegenüber dem derzeitigen Modell mit fixen Einspeisetarifen für alle Anlagen:

  • Ausschreibungsmodelle bremsen den Ökostrommarkt ein, wenn – wie geplant – ein kleines Ausschreibungsvolumen angesetzt wird
  • Klein- und Mittelunternehmen werden benachteiligt, da eine Teilnahme an Ausschreibung kostspielig ist
  • Ausschreibungsmodelle erfordern eine aufwendige Administration, der Ausbaufortschritt ist entgegen den Behauptungen im Gesetzesentwurf nicht planbar
  • Das Planungsrisiko wird zum Betreiber verlagert
  • Die Realisierungsquote ist niedrig, das belegen europäische Beispiele

Im Bereich Biomasse und Biogas werden durch stark begrenzte Fördermittel nur mehr ein paar Anlagen pro Jahr gebaut werden können, im Bereich Photovoltaik werden Förderungen überhaupt nur dann gewährt, wenn die Bundesländer 50% der Fördersumme beitragen. Die generelle Abnahmepflicht für Ökostrom wird abgeschafft und soll nur mehr nach Verfügbarkeit eines geringen Förderbudgets gelten. Das neue Prinzip „first-come-first-serve“ bedeutet eine massive Planungs- Investitions- und Rechtsunsicherheit. Der Anlagenbetreiber erfährt erst nach der erteilten Projektgenehmigung, ob er Anspruch auf Förderung hat. Diesen Bescheid bekommen Projekte erst dann, wenn die über alle notwendigen verwaltungsrechtlichen Bescheide verfügen. Das bedeutet, dass die Projektbetreiber erst erfahren ob sie eine Förderung erhalten, nachdem bereits tausende Euro Planungskosten investiert wurden. Es liegt damit völlig außerhalb des Bereichs des Ökostromanlagenbetreibers, ob er seine Energie vergütet bekommt.

Die Laufzeit der Ökostromförderung soll von derzeit 13 auf künftig 11,25 Jahre verkürzt werden. Zum Vergleich: Das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) sieht eine Laufzeit von 20 Jahren vor.

Ökostromzuschlag – Geringe Kostenbelastung für Haushalte
Im Gesetzesentwurf wird mit folgende Auswirkungen auf die Strompreise gerechnet: Die durchschnittlichen Förderbeiträge (Zuschläge auf den Strompreis) werden sich bis zum Jahr 2010 von derzeit 0,18 Cent/kWh auf etwa 0,41 Cent/kWh erhöhen, um das im Gesetzesentwurf fixierte Ziel von 7% Ökostromanteil an der öffentliche Stromabgabe zu erreichen. Dies entspreche einer Mehrbelastung je Haushalt von 3 € im Jahr 2005 ansteigend bis auf 8 € im Jahr 2010.
Eine realistische Berechung zeigt jedoch, dass sogar ein Anteil von 10% Ökostrom mit kaum höheren Kosten für die Haushalte erreichbar wäre. Mit einem Zuschlag von etwa 0,48 Cent pro kWh könnte das 10%-Ziel erreicht werden, wenn der Mix aus Biomasse, Sonne und Wind in ähnlichem Verhältnis wie jetzt beibehalten wird. Hier zeigt sich, dass der Anspruch nach mehr Effizienz mit dem Regierungsbeschluss völlig verfehlt wurde, da mit ähnlich hohen Mittel bei Beibehaltung vom derzeitigen Mix nicht 7%, sondern 10% Ökostromanteil erreicht werden können.
Die Mehr-Belastung im Jahr 2010 gegenüber 2004 würde für einen 4-Personen-Haushalt im 10%-Szenario nicht mehr als 10 Euro/Jahr betragen (gegenüber 8 Euro lt. Regierungsentwurf).

Die Folgen der Ökostromgesetz-Novelle
Ein Stopp der bewährten Ökostromförderung mit fairen Einspeisetarifen für alle genehmigten Anlagen würde Österreich nicht nur beim Klimaschutz zurückwerfen und zu vermehrten Atomstromimporten führen, sondern auch die großen Wirtschaftschancen im Bereich Ökoenergien zunichte machen.
Viele Investoren, die im Vertrauen auf Planbarkeit und Rechtssicherheit Projekte vorbereitet haben, müssten zehntausende Euro an Planungskosten in den Sand setzen. Der Gesetzesentwurf gefährdet alleine im Bereich Windkraft 14.000 Arbeitsplätze, die durch einen kontinuierlichen Ausbau in den kommenden Jahren entstehen könnten. Das neue Gesetz wäre auch ein schwerer Rückschlag für den Klimaschutz. Die Aushöhlung eines  der erfolgreichsten Umweltgesetze der letzten Jahre hätte also sowohl umwelt- als auch wirtschaftspolitisch schwerwiegende negative Konsequenzen:

  • Österreich würde beim Klimaschutz weiter zurückfallen. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten durch Versäumnisse im Klimaschutz übertreffen die Kosten für die Ökostromförderung um ein Vielfaches.
  • Österreich würde die EU-Vorgaben im Bereich Erneuerbare Energien glatt verfehlen.
  • Derzeit sind neue Ökostromprojekte mit einem Investitionsvolumen von ca. 500 Mio. Euro in der Pipeline. Bei Realisierung würden 6.000 bis 8.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Laut einer EU-Studie könnten in Österreich bis 2020 über 60.000 neue Jobs  im Bereich der Erneuerbaren Energien geschaffen werden. Das Pröll-Bartenstein-Gesetz würde diese Chancen zunichte machen.
  • Neben vielen kleinen Energieprojekten engagierter BürgerInnen stehen auch wegweisende Ökoenergie-Großprojekte vor dem Aus. Millioneninvestitionen drohen in den Sand gesetzt zu werden, wenn den Betreibern durch die geplante Gesetzesänderung die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage entzogen wird.
  • Zahlreiche heimische Unternehmen sind auf dem Weg zur Weltspitze, tolle Exportchancen in den kommenden Jahren würden zunichte gemacht.
  • Die Import-Abhängigkeit von fossilen Energieträgern würde sich weiter verstärken, was angesichts der Rekord-Ölpreise mehr als bedenklich ist.
  • Atomstromimporte nach Österreich würden zunehmen.