Resolution 01 / MitarbeiterInnenbeteiligung/Gewinnbeteiligung – kein taugliches Mittel zu mehr Verteilungsgerechtigkeit, kein Ersatz für eine solidarische, kollektivvertragliche Lohnpolitik!

Die Arbeiterkammer Wien lehnt dabei jeden Versuch, Modelle der Gewinnbeteiligung in die kollektive Lohn- und Gehaltsfindung als flexible Einkommensbestandteile zu integrieren entschieden ab. Eine Lohn- und Gehaltsentwicklung die sich nicht am gesamtgesellschaftlichen Wohlstandswachstum, sondern an der wirtschaftlichen Lage eines einzelnen Unternehmens orientiert, würde bereits bestehende Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, zwischen höher und niedriger Qualifizierten, zwischen atypisch Beschäftigten und ArbeitnehmerInnen in Normalarbeitsverhältnissen befördern. Nichts anderes stellen jedoch tendenziell alle Gewinnbeteiligungsmodelle dar, da diese nicht von allen Beschäftigten im selben Ausmaß in Anspruch nehmen können, sondern diese vielmehr ein Minderheitenprogramm darstellen.

Die Arbeiterkammer lehnt die zusätzlich steuerliche Förderung von Gewinnbeteiligung ab, da diese tendenziell zu einer Umverteilung von einkommensschwächeren zu einkommensstärkeren Gruppen führt, bzw. von jenen Gruppen, die aus sachlichen Gründen (öffentlich Bedienstete, Beschäftigte aus sozialen Diensten etc.) gar nicht in die Lage einer Gewinnbeteiligung kommen können und jenen, die an einem entsprechenden Modell teilhaben.

Allerdings bekennt sich die Arbeiterkammer zu einem fairen, „kollektiven“ Gewinnbeteiligungsmodell für alle ArbeitnehmerInnen – besser bekannt als Körperschaftssteuer. Diese liegt in Österreich im internationalen und europäischen Vergleich vergleichsweise niedrig. Die Arbeiterkammer Wien fordert daher eine entsprechende Beteiligung der Unternehmen an der Steuerfinanzierung qualitativ hochwertiger, öffentlicher Leistungen und Dienste, die tatsächlich allen ArbeitnehmerInnen zugute kommen. Die Arbeiterkammer Wien fordert in die diesem Sinnen Bundesregierung und Gesetzgeber auf, im Rahmen der Steuerreform, die Körperschaftssteuer dahingehend zu reformieren, dass die Unternehmen endlich einen ihrer Gewinnentwicklung und Leistungsfähigkeit entsprechenden

Anteil zum Steueraufkommen und damit zur Sicherung der Sozialstaatlichkeit beitragen.

 

Gewinn- und MitarbeiterInnenbeteiligungsmodelle werden in der laufenden politischen Diskussion immer wieder als jenes Mittel dargestellt, die verteilungspolitische Schieflage zwischen Gewinnen und Löhnen auszugleichen. Angesichts einer ständig fallenden Lohnquote – alleine seit 1998 von 71,6 % auf 64,5 % im Jahr 2007 – stellt sich die Verteilungsfrage zwischen Arbeit und Kapital tatsächlich dringend. Die Einkommen von ArbeitnehmerInnen werden nicht nur immer mehr von der Entwicklung des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes entkoppelt, auch makroökonomisch schlägt sich ein Zurückbleiben der Einkommen unselbständig Beschäftigter in einer niedrigeren Binnennachfrage nieder, die wiederum wachstumshemmend wirkt.

Gewinn- und/oder MitarbeiterInnenbeteiligungsmodelle sind aus Sicht der AK allerdings keine geeigneten Mittel um ein Mehr an Verteilungsgerechtigkeit herzustellen:

  • Lediglich sechs Prozent aller ArbeitnehmerInnen halten Anteile an ihrem Unternehmen, fünf Prozent erhalten erfolgsabhängige Prämien. Beteiligungsprogramme bleiben ein Minderheitenprogramm, selbst wenn der Anteil erhöht wird. Von bestehenden Modellen der Kapital- bzw. Gewinnbeteiligung profitieren empirisch gesehen vor allem gut qualifizierte, überwiegend männliche ArbeitnehmerInnen in Großteils börsennotierten Industrie- und unternehmensnahen – bzw. Finanzdienstleistungsunternehmen. MitarbeiterInnenbeteiligungsmodelle bleiben ein Minderheitenprogramm.

  • Breite ArbeitnehmerInnengruppen – wie etwa Beschäftigte der sozialen Dienste, des öffentlichen Dienstes, die Masse der unselbständig Beschäftigten in Klein- und Mittelbetrieben sind aus der Möglichkeit einer Gewinnbeteiligung überhaupt ausgeschlossen. Sie würden allerdings bei einer steuerlichen Förderung von Gewinnbeteiligungsmodellen allerdings diese mitfinanzieren, ohne diese selbst in Anspruch nehmen zu können. Die steuerliche Förderung von Gewinnbeteiligung kommt tendenziell besser Verdienenden zugute. Es ist aus verteilungspolitischen Gründen inakzeptabel, dass gerade NiedrigverdienerInnen, unter ihnen besonders viele Frauen, Besserverdienende auch noch subventionieren sollen.

  • Einher mit der Diskussion um Einführung einer Gewinnbeteiligung für ArbeitnehmerInnen geht immer wieder die – vor allem von Industrieseite – vorgetragene Forderung nach Lohnzurückhaltung im Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen und Integration von Gewinnbeteiligungen in die Lohnfindung. Diesen Vorstellungen ist jedenfalls eine klare Absage zu erteilen. Sie kommen einer Flexibilisierung der Gehalts- und Lohnstrukturen gleich und verstärken die Einkommensschere innerhalb einer Branche und konterkariert eine solidarische, kollektive Lohnpolitik die allen Beschäftigten einen entsprechenden Anteil an Produktivität und gesellschaftlichem Wohlstand sichert.

  • Vollkommen ungeklärt ist auch, wie „atypisch“ Beschäftigte – wie Teilzeitbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte, freie DienstnehmerInnen, ArbeitnehmerInnen mit befristeten Dienstverhältnisse, WerkvertragnehmerInnen, LeiharbeiterInnen – die allesamt zum Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens beitragen in das System einer Gewinnbeteiligung integriert werden sollen.

  • Mitarbeiterbeteiligungsmodelle als Modelle der Kapitalbeteiligung bürden dagegen neben dem Arbeitsplatzrisiko und dem damit verbundenen Einkommensrisiko den ArbeitnehmerInnen auch noch zusätzlich ein Vermögensrisiko auf. Damit oftmals verbundene Hoffnungen auf ein Mehr an Mitbestimmung bestätigen sich dagegen in den meisten Fällen nicht.

  • MitarbeiterInnenbeteiligung befördert außerdem Widersprüchlichkeiten in der Interessenslage der ArbeitnehmerInnen. Einerseits wird ArbeitnehmerInnen – und das ist durchaus auch immer wieder ein Beweggrund von Seiten der Arbeitgeber, MitarbeiterInnenbeteiligungsmodelle zu forcieren – eine gewisse „Shareholder“-Mentalität abverlangt, andererseits sind nach wie vor Löhne und Gehälter für ArbeitnehmerInnen die bestimmenden Einkommens- und Existenzsicherungsfaktoren. Renditemaximierung und Lohnmaximierung stehen dabei allerdings vielfach in einem eklatanten Widerspruch. Lohnabhängige „ArbeitnehmerInnenaktionärInnen“ verbinden diese Widersprüchlichkeit in ein und derselben Person.

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