AUGE/UG Wien zu Kollektivvertragsverhandlungen

Kein Abschluss unter der rollierenden Inflation. Ganz im Gegenteil: Gute Lohnabschlüsse sind leistbar

Traditionell rufen die Arbeitgeberverbände im August und September zur Fastenzeit auf. Allerdings nicht sie, sondern Arbeitnehmer:innen sollen fasten. Den Gürtel sollen sie enger schnallen und Verzicht zum Wohle ihrer Chefs und Aktionär:innen üben. Und um das zu unterstreichen, präsentieren sie alle Jahre wieder Meinungen, wonach es der Wirtschaft plötzlich viel zu schlecht geht und eine Reallohnerhöhung nicht leistbar ist.

So auch dieses Jahr. „Pünktlich zum Auftakt der Metaller-Verhandlungen überschlägt sich wieder einmal das Wehklagen der Arbeitgeber:innen“, zeigt sich Vera Koller, Sprecherin der AUGE/UG Wien, genervt. „Dabei waren die letzten zwei Jahre Rekordjahre und auch das erste Halbjahr 2023 liegt weit über dem Niveau vor der Corona-Krise. Wir befinden uns noch immer in einer Hochkonjunkturphase, die sich leicht abgeschwächt hat“, erklärt Koller und stellt fest: „Das sind die Fakten, an denen sich die Kolleg:innen der PRO-GE und GPA bei den KV-Verhandlungen richten werden.“

Über 450 Kollektivverträge jedes Jahr

Die Metaller machen den Auftakt im Herbst, aber im Laufe eines Jahres verhandeln die Gewerkschaften rund 450 Kollektivverträge. Die Abdeckung der Kollektivverträge beträgt in Österreich rund 98 Prozent, in Deutschland dagegen sind es weniger als 50 Prozent. Von Kollektivverträgen hängen zahlreiche Vergünstigungen ab, bessere Regelungen der Arbeitszeiten, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld und vieles mehr.

„Ein Abschluss unter der rollierenden Inflation, also unter der durchschnittlichen Inflation der letzten zwölf Monate, wäre ein Schlag ins Gesichts aller Arbeitnehmer:innen, die in den letzten Jahren so viel geleistet haben. Die Beschäftigten haben in den letzten Jahren schon genug Einbußen hinnehmen müssen. Die Gewinne sind da, sie müssen nur richtig verteilt werden. Denjenigen, die diese Gewinne erwirtschaftet haben, steht mehr zu als eine reine Inflationsabgeltung“, meint Koller und „auch in Bereichen, in denen nicht die klassischen Gewinne verteilt werden können, brauchen die Kolleg:innen reale Lohnzuwächse, nur so kann wieder ein akzeptables Gleichgewicht innerhalb unserer Gesellschaft erreicht werden.“

Wenn sich Arbeitgeber:innen schon aus ihrer sozialen Verantwortung für das Land hinausstehlen wollen, sollten sie vielleicht volkswirtschaftlich denken: Ein Verlust der Kaufkraft aufgrund nicht wertgesicherter Löhne und Gehälter wäre ein Schuss ins eigene Knie. Für das Versagen der Politik bei der Inflationsbekämpfung können nicht die Beschäftigten zur Kasse gebeten werden, arbeitende Menschen, egal in welchen Branchen, verdienen mehr. Es wird nicht verteidigt, sondern gefordert!

„Wir wünschen allen KV-Verhandler:innen Erfolg und Kraft. Unsere Unterstützung habt ihr. Die ÖGB-Menschenkette heute um das Parlament ist ein erstes starkes Zeichen, an dem wir uns beteiligen”, so Vera Koller abschließend.

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