Unabhängige GewerkschafterInnen zu Sparpaket: „Chance auf mehr soziale Gerechtigkeit und ökologischen Umbau vertan!“

 

Wie ist es sonst anders erklärbar, dass SPÖ und ÖVP den überwiegenden Teil ihrer Sparmaßnahmen gerade in diesen Bereichen setzen? Ursachenanalyse und entsprechende nachhaltige Bewältigungsstrategien hat diese Regierung ganz offensichtlich nicht nötig, entsprechend sieht das Ergebnis aus,“ kritisiert Markus Koza, Vorsitzender der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB und Mitglied des ÖGB-Vorstands in einer Ersteinschätzung das rot-schwarze Sparpaket.

 

„Die Budgetkonsolidierung im Zeichen der Schuldenbremse folgt damit konsequent einer bereits seit Jahrzehnten verfolgten neoliberalen Logik, die Einsparungspotentiale immer schon vor allem in den Bereichen öffentlicher Pensions- und Gesundheitsversorgung sowie in den öffentlichen Diensten und ihren Beschäftigten verortet hat. Einziger Bruch mit dieser Logik im Rahmen dieses Konsolidierungspakets ist der Verzicht auf höhere Massensteuern,“ so Koza weiter. Notwendig sei allerdings ein „vollkommener Bruch mit dieser Logik. Mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Steuergerechtigkeit und der Einstieg in den ökologischen Umbau unseres Industriesystems wäre möglich und hätte uns aus der Krise investiert, statt in die Krise gespart. Diese Chance scheint allerdings vorerst einmal vertan.“

 

Massive Einsparungspotentiale im Bereich umweltschädigender Subventionen und der steuerlichen Förderung privater Pensionsvorsorge nicht gehoben!

 

Umweltverbände hätten bereits im Vorfeld des gestern präsentierten Pakets umweltschädigende Subventionen – von der steuerlichen Förderung von Dienstwägen und Fiskal-LkWs, oder der steuerlichen Bevorzugung von Verkehrsflächen, bis hin zur steuerlichen Begünstigung von Diesel gegenüber Benzin – im Ausmaß von 4 bis 5 Mrd. Euro verortet. „Würde nur die Hälfte dieses Potentials gehoben, könnte daraus nicht nur ein großes, beschäftigungsintensives Konjunkturpaket ‚Klimaschutz‘ – mit verstärkten Investitionen in thermische Sanierung des Althausbestands und öffentlicher Gebäude, mit Förderung erneuerbarer Energien und des Umstiegs auf alternative Heizsysteme sowie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs – geschnürt, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zur Budgetkonsolidierung geleistet werden,“ führt Koza weiter aus. Ähnlich verhalte es sich bei der steuerlichen Förderung privater Pensionsvorsorge: bei einem jährlichen steuerlichen Fördervolumen von – laut WIFO-Studie – über einer Milliarde Euro seien die geplanten Einsparungen von 43 Mio. geradezu „ein Klacks“. „Statt bei der steuerlichen Förderung privater Vorsorgeprodukte massiv zu sparen und mittelfristig ein dreistelliges Millionen-Sparpotential zu heben, wird bei Ausgaben für öffentliche Pensionen gekürzt und weiter Verunsicherung betrieben, wenn es um die künftige Finanzierbarkeit unseres erfolgreichen und bewährten, umlagefinanzierten und öffentlichen Pensionssystems geht. Dabei waren gerade milliardenschwere private, auch spekulativ veranlagende Pensionsfonds für die Entstehung der Finanzkrise mitverantwortlich! Derartige Produkte noch weiterhin steuerlich zu fördern ist geradezu unverantwortlich!“ kritisiert Koza.

 

Einkommenskürzungen bei öffentlich Bediensteten und PensionistInnen sind „unintelligentes“ Sparen

 

Als ausgesprochen „unintelligentes“ Sparen bezeichnet Koza die undifferenzierten Real-Einkommenskürzungen bei öffentlich Bediensteten und PensionistInnen. „Gerade bei niedrigen und mittleren Einkommen und Pensionen werden Erhöhungen unmittelbar nachfragewirksam. Wer diese Einkommen – etwa über Nulllohnrunden oder Erhöhungen unter der Inflationsrate – kürzt, handelt nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch kurzsichtig,“ kritisiert Koza. Außerdem haben Lohnrunden des öffentlichen Bundesdienstes auch Signalwirkungen auf Bedienstete der Länder und der Kommunen: „In etlichen Bundesländer setzte es bereits Nulllohnrunden bzw. Lohnrunden unter dem Bundesabschluss für die Landesbediensteten. Diese hatten auch Folgen für Gemeindebedienstete dieser Länder bzw. für Beschäftigte in privaten Vereinen, die von öffentlichen Förderungen abhängig sind. Nulllohnrunden bzw. Niedriglohnrunden im öffentlichen Dienst ziehen somit einen ganzen Rattenschwanz an Problemen für andere Einkommensgruppen nach sich und vermitteln zusätzlich den Eindruck, als ob der öffentliche Dienst – gerade auch hinsichtlich ihrer Einkommens- und Beschäftigungssituation – nicht ausgesprochen heterogen wäre. In den öffentlichen Diensten gibt es genauso Niedriglohnjobs, wie hoch bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, hier undifferenziert zu kürzen ist inakzeptabel. Ebenso nicht so ohne weiteres hingenommen werden kann der geplante Beschäftigungsabbau im öffentlichen Dienst. All das ruft jedenfalls nach gewerkschaftlichen Aktionen,“ so Koza.

 

Die Reichen dürfen erfreut sein – kein „frisches“ Geld für Investitionen in soziale Dienste und Bildung!

 

„Ganze Arbeit im Sinne der Krisenverursacher und –gewinnler sowie ihres vermögenden Klientels hat einmal mehr die ÖVP geleistet. Abgesehen von einer paar – zwar durchaus begrüßenswerten, aber in ihrem Aufkommen doch bescheidenen und noch dazu zeitlich begrenzten – steuerlichen Maßnahmen im Spitzeneinkommens- und Vermögenszuwachsbereich kann von einem Umbau unseres Steuersystems in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit nur wenig die Rede sein,“ kritisiert die UG.

 

Statt sich jedenfalls einmal auf eine reformierte Börsenumsatzsteuer festzulegen, hofft die Regierung auf die baldige Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene. Die längst überfällige Reform der Grundsteuer – und damit verbunden mehr Geld für die finanzknappen Kommunen – bleibt ebenso aus, wie die Wiedereinführung der Erb- und Schenkungssteuer, sowie der Einstieg in eine allgemeine Vermögenssteuer. Damit droht auch der Ausbau der sozialen Dienste – insbesondere in den Bereich Pflege und Betreuung, sowie des elementaren Bildungsbereichs – ins Stocken zu geraten. „Es braucht für Zukunftsinvestitionen in Bildung und Soziale Dienste dringend frisches Geld – was in diesem Paket als Offensivmaßnahmen verkauft wird ist bestenfalls eine Fortschreibung bestehender Maßnahmen.“

 

Koza abschließend: „Solange Krisenverursacher, Krisengewinnler und Vermögende nicht einen entsprechenden Beitrag zur Krisenbewältigung leisten und Krisenbewältigung nach wie vor auf Kosten sozialstaatlicher und arbeitsrechtlicher Errungenschaften erfolgt, kann es aus gewerkschaftlicher Sicht keine Zustimmung geben.“

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