Begründung:
Die erwähnten Kampagnen der Gewerkschaften zeigen deutlich auf: Es ist an der Zeit, endlich für eine nachhaltige Sicherung, für den Erhalt und den Ausbau einer qualitativ hochwertigen Pflege und Betreuung in Wien und Österreich zu sorgen. Nicht durch vielfach unüberlegte Einsparungs-Maßnahmen auf dem Rücken der Bediensteten, Beschäftigten und der betroffenen KlientInnen – sondern durch eine solidarische Finanzierung über vermögensbezogenen Steuern. Und über Dialog statt Konfrontation, der die Beschäftigten und die von ihnen Betreuten mit einbezieht und über den entsprechend ihrer Anliegen und Vorstellungen, Maßnahmen gemeinsam und solidarisch entwickelt werden.
Die Forderungen der Kampagnen zusammengefasst:
Eine nachhaltige Pflegefinanzierung zur Deckung des Mehraufwandes bis 2020 mit bis zu 2 Mrd. Euro soll sichergestellt werden, um
den Betroffenen möglichst lange die Wahl zwischen Pflege und Betreuung zu Hause, in betreuten Wohnungen, Seniorenheimen etc. zu ermöglichen,
eine Rechtsanspruch auf Sach- und Dienstleistungen zu verankern,
den ambulanten Bereich durch den bundesweiten Ausbau geriatrischer Tageszentren in der Wohnumgebung älterer Menschen zu fördern,
persönliche Assistenz bzw. Arbeitsassistenz für Behinderte zu inkludieren,
sowie bauliche Maßnahmen für behindertengerechtes Wohnen und alternative Wohnmodelle zu forcieren,
den Ausbau von Sozialzentren mit geschultem Personal, das Pflegebedürftigen für regelmäßige Beratung und Qualitätssicherung bei der Leistungserbringung zur Verfügung steht („Case and Care“-Management)
durch
eine regelmäßige Anpassung des Pflegegelds
einen Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Palliativ- und Hospizbetreuung und
Österreichweit einheitliche Standards auf hohem Niveau durch Übernahme der Pflege und Betreuung in Bundeskompetenz
finanziert über Einnahmen aus v.a. vermögensbezogenen Steuern:
1 Mrd. Euro soll aus einer allgemeinen Vermögenssteuer kommen
450 Mio. Euro aus einer reformierten Erbschaftssteuer
150 Mio. aus einer Erbersatzsteuer auf Privatstiftungen
250 Mio. Euro aus Lenkungssteuern (auf Tabak, Alkohol)
und 200 Mio. Euro aus Zuschlägen auf die Einkommenssteuer bei hohen Einkommen (+ 1,5 % ab 60.000, + 5 % ab 150.000).
Keine weiteren Einsparungen auf Kosten des Personals und der PatientInnen im Wiener Krankenanstaltenverbund, sondern:
Eine umfassende Verbesserung der Arbeitsbedingungen mittels einem breiten Angebot an betrieblicher Gesundheitsvorsorge, leistungsgerechter Entlohnung, einer Verringerung des Arbeitsdrucks durch eine bessere Arbeits-Organisation und entsprechende Anerkennung und gesellschaftliche Neubewertung der Gesundheitsberufe.
Eine gerechtere Verteilung der finanziellen Mittel: Mehr Personal in den Kranken- und Pflegewohnhäusern zur Sicherstellung der Qualität und für ausreichende Zeit zur intensiven und qualitativen Betreuung, medizinischen Versorgung und Pflege der PatientInnen und Pflegebedürftigen.
Ausbau statt Abbau: tatsächliche Einsparungen bei Investitions- und Betriebskosten durch die im Wiener Spitalskonzept angestrebte Reduzierung und Zusammenlegung von Standorten sollen für mehr Personal verwendet werden!
Verbesserte Organisation: Mehr Beschäftigte an der Basis und entsprechende Ressourcen, anstatt neue Posten im Top-Management zu schaffen!
Mehr Zeit für die PatientInnen und Pflegebedürftigen statt immer mehr Schreibaufwand: Der Dokumentationsaufwand soll zugunsten von mehr (Betreuungs-)Zeit gestaltet werden.
Dienstplanverlässlichkeit und eine deutliche Entlastung der Beschäftigten: für ausreichend Erholungs- und Freizeitphasen und eine wirkliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Mehr Aufmerksamkeit für den Menschen: Eine weitere Erhöhung der Patientenfrequenz durch Abbau der stationären Betten zugunsten von wochen- und tagesklinischem Betrieb steigert die Überlastung und ist abzulehnen.
Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel hat bereits via Presseaussendung vom 14.September 2011 unter dem Titel „AK fordert Masterplan für die Gesundheitsberufe“ die Forderungen unterstützt. Als Signal in Richtung gemeinsame Initiative der Arbeiterkammer Wien mit den betroffenen Gewerkschaften ist es wichtig, dass auch die Arbeiterkammer-Vollversammlung als Parlament der ArbeitnehmerInnen die Forderungen der Gewerkschaften unterstützt und sowohl die Stadt Wien, wie auch die politisch Verantwortlichen auf Bundesebene auffordert, diese auch umzusetzen.
Im Sinne der Beschäftigten und Bediensteten im kommunalen und privaten Gesundheits- und Pflegebereich in Wien sind wir es den von uns als Arbeiterkammer-RätInnen vertretenen KollegInnen schuldig, in der Öffentlichkeit und natürlich auch im sozialpartnerschaftlichen Dialog mit den politisch Verantwortlichen dieses Zeichen gemeinsam zu setzen:
„Es ist Zeit für Menschlichkeit – denn soziale Arbeit ist mehr wert!“