Antrag 11 – Erweiterung und gendergerechte Gestaltung der Liste der Berufskrankheiten

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 171. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 2. Dezember 2021

Wurde zusammen mit Antrag 11 der AUGE/UG und Antrag 10 der FSG zum gemeinsamen Antrag 01 – einstimmig angenommen

Die 171. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer fordert die Bundesregierung auf, die auch im Regierungsprogramm vereinbarte “Modernisierung der Berufskrankheitenliste“ sofort in Angriff zu nehmen und:

  • die Liste der Berufskrankheiten zu aktualisieren und erweitern und etwa den Hautkrebs durch solarbedingte UV-Exposition, Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates und das Karpaltunnelsyndrom sofort als BK anzuerkennen,
  • die Liste der Berufskrankheiten nach gendergerechten Aspekten zu gestalten,
  • den im § 177 ASVG verankerten Unterlassungszwang bei Hautkrankheiten zu streichen,
  • die Einschränkungen von Geltungs- oder Tätigkeitsbereichen in der Liste der Berufskrankheiten zu streichen und
  • die Prävention im Bereich berufsbedingter Erkrankungen und Berufskrankheiten deutlich auszubauen.

Die Liste der Berufskrankheiten (BK) in Österreich umfasst derzeit 53 Positionen, während etwa Deutschlands Liste 83 Positionen aufweist. Die nach anderen Kriterien gestaltete Europäische Liste der Berufskrankheiten ist noch umfangreicher, obwohl sie 2003 zum letzten Mal aktualisiert wurde. Schon allein dieser Vergleich belegt, dass im österreichischen Berufskrankheitenrecht, das im Anhang zu § 177 des ASVG geregelt ist, dringender Handlungs- bzw. Anpassungsbedarf gegeben ist. So ist etwa der berufsbedingte Hautkrebs durch solarbedingte UV-Exposition seit seiner Aufnahme in die deutsche BK-Liste im Jahr 2015 mittlerweile zu einer der am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten geworden.

Eine weitere Notwendigkeit zur deutlichen Anpassung und Erweiterung der Liste der Berufskrankheiten bzw. des § 177 ASVG ergibt sich aus dem Umstand, dass die Statistik der anerkannten Berufskrankheiten mittlerweile nur mehr rund 10 Prozent Frauen ausweist, während der Anteil der Männer bei annähernd 90 Prozent liegt. Diese Unterschiede sind nicht bloß in einem höheren Gefährdungsrisiko von männerdominierten Berufen und Berufszweigen begründet, sondern auch in der wissenschaftlich nachgewiesenen Vernachlässigung von frauenspezifischen Faktoren. So sind Grenzwerte, Gefährdungsrisken und Krankheitsbilder nach wie vor am männlichen Erwachsenen orientiert.

Bei der Anerkennung von Hautkrankheiten etwa, bei denen der Anteil von Frauen (als einzige BK!) sehr hoch ist, verlangt das ASVG in seinem § 177 (19 zweiter Satz, dass sie nur dann als Berufskrankheiten anerkannt werden, „wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen“. Diese Bestimmung führt in vielen Fällen dazu, dass Erkrankungen nicht gemeldet werden. In Deutschland wurde diese als „Unterlassungszwang“ oder „Aufgabezwang“ benannte Einschränkung mit Beginn des Jahres 2021 aufgehoben.

Auch Einschränkungen auf bestimmte Tätigkeitsbereiche (etwa bei den Infektions-krankheiten) benachteiligen Frauen bzw. von Frauen dominierte Berufe im besonderen Maße.

Durch den Arbeitsplatz bedingte psychische Erkrankungen werden selbst dann nicht als Berufskrankheiten anerkannt, wenn sie von organischen Störungen oder Erkrankungen begleitet werden (wie etwa häufig beim Burn-Out-Syndrom).

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