Antrag 01 / Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Mobilen Pflege und Betreuung

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 174. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2020

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, ÖAAB, FA, Persp, FAIR, ARGE, GLB, Türk-is, Kom., BDFA: ja
GA: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Die 174. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die AK Wien setzt sich u.a. beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz im Zusammenhang mit der Pflegereform ein, für:

  •  den Zugang zu Arbeits(hilfs)mittel für die betreuten Klient*innen:
    Die Krankenkassen und Unternehmen bzw. Organisationen der Pflegebranche müssen den Mitarbeiter*innen in vollem Umfang alle Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die für ihre Arbeit und die Versorgung der Menschen gebraucht werden.
  • ausreichend Zeit bei den Klient*innen:
    Die Zeit an und mit den Klient*innen muss auch der Planungshoheit des Fachpersonals vor Ort unterliegen. Es muss genug Zeit für menschliche Kontakte und eine qualitative Betreuungsbeziehung vorhanden sein.
  • eine angemessene Entlohnung:
    Die Mitarbeiter*innen verdienen Wertschätzung, auch finanziell, die sie vor Armut während des Berufslebens und Mindestpension unter der Armutsgrenze bewahrt. Die Orientierung sollte am Durchschnittslohn der unselbständig Beschäftigten laut Statistik Austria erfolgen. Und zwar an dem der männlichen Beschäftigten.
  • arbeitnehmer*innen-freundliche Dienstpläne und Dienstzeiten:
    Die Dienstpläne und Dienstzeiten müssen so umgestaltet werden, dass sie Mitarbeiter*innen und deren Familien und Freizeit nicht schaden.

Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass die österreichische Bevölkerung im Durchschnitt immer älter wird. Dadurch steigen jedoch die Herausforderungen für das Gesundheitswesen und die Langzeitbetreuung und -pflege in Österreich.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat nach einer Tour durch die Bundesländer den offiziellen Startschuss für eine „umfassende Pflegereform“ erteilt. Bis Jänner sollen die „inhaltlichen Fixpunkte“ auf dem Tisch liegen. 2021 sei dann das Jahr der Umsetzung, die in Etappen folgen soll.

Rund 486.000 Menschen haben derzeit Anspruch auf Pflegegeld, 153.500 beziehen mobile Dienste, mehr als 175.000 Menschen in Österreich werden ausschließlich und ohne professionelle Unterstützung von ihren Angehörigen gepflegt.

Von den 950.000 Pflegenden in Österreich sind 75 Prozent Frauen.
Rund 25.000 Österreicher*innen beziehen laut der Angehörigen-Studie des Sozialministeriums (2018) zur Unterstützung 24-Stunden-Betreuung.

Jede*r hat ein Recht auf professionelle Pflege. Um die Mobile Pflege und Betreuung bestmöglich zu gestalten, braucht es eine Reihe von Reformen bei den Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer*innen. Dafür braucht es ganz besonders:

  • Zugang zu Arbeits(hilfs)mittel für die betreuten Klient*innen:
    Die Krankenkassen und Unternehmen bzw. Organisationen müssen den Mitarbeiter*innen in vollem Umfang alle Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die für ihre Arbeit und die Versorgung der Menschen gebraucht werden.
    Das betrifft z.B. : Hebelifte zum Transfer, Aufstehhilfen oder sonstige Arbeitshilfsmittel – manche Klient*innen haben keine und können sich diese nicht leisten. Trotzdem werden sie von den Mitarbeiter*innen der Pflege- und Betreuungsdienste versorgt, unter schwerer körperlichen Belastung. Langzeitkrankenstände und Berufserkrankungen sind die Folge. Kaum jemand erreicht gesund das Pensionsalter.

  • Zeit an und mit den Klient*innen:
    Die Zeit an und mit den Klient*innen muss auch der Planungshoheit des Fachpersonals vor Ort unterliegen. Es muss genug Zeit für menschliche Kontakte und eine qualitative Betreuungsbeziehung vorhanden sein.
    Menschen, gerade unter diesen vulnerablen Umständen, aber auch die Mitarbeiter*innen brauchen Zeit für menschliche Kontakte. Wenn unvorhergesehene Ereignisse oder Stimmungslagen eintreten, kann eine getaktete Arbeitszeit nur schaden. Ebenso müssen die Ressourcen der Betreuten gefördert und erhalten bleiben. Dies ist unter getakteten Zeitvorgaben nicht möglich.

  • Angemessene Entlohnung:
    Die Mitarbeiter*innen verdienen Wertschätzung, auch finanziell, die sie vor Armut während des Berufslebens und Mindestpension unter der Armutsgrenze bewahrt.
    Die Orientierung sollte am Durchschnittslohn der unselbständig Beschäftigten laut Statistik Austria erfolgen. Und zwar an dem der männlichen Beschäftigten. Die meist weiblichen Beschäftigten der Pflege-Branche leisten genauso viel!

  • Dienstplan, Dienstzeiten:
    Die Dienstpläne und Dienstzeiten müssen umgestaltet werden, und zwar so, dass sie Mitarbeiter*innen und deren Familien und Freizeit nicht schaden.
    Sie müssen so gestaltet werden,

    • dass sie Planungssicherheit gewährleisten,
    • geteilte Dienste vermeiden,
    • ein reguläres Familien- und Privatleben zulassen,
    • es Zeiten für Erholung (z.B. regelmäßige Wochenenden und Zeiten ohne Abrufbereitschaft) gibt,
    • es ausreichend Personalreserven für Ausfälle und Urlaub gibt;
    • alle Zeiten, auch die administrativen und Fahrzeiten, müssen als Arbeitszeit anerkannt und abgegolten werden.
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