Antrag 03 / Kettenvertragsregelungen im §109 UG 2002 abschaffen, Personalstrukturplanung an Universitäten verpflichtend festlegen

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, ÖAAB, FA, GA, FAIR; Persp, GLB, Türk-is, Kom.: ja
ARGE: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien setzt sich für eine Angleichung der Kettenvertragsregel im §109 des UG 2002 an das allgemeine Arbeitsrecht ein und für eine Verpflichtung der Universitätsleitungen zur nachhaltigen Personalstrukturplanung.

Der neue Entwurf des § 109 hätte eigentlich die Kollision mit dem europäischen Unionsrecht sanieren sollen, die 2019 der EuGH in der Rechtssache C‑274/18 Minoo Schuch-Ghannadan festgestellt hatte. Nun liegen aber anstatt der alten Kettenmodelle mit bekannten Unzulänglichkeiten nur neue, mit für die Universitäten und Betroffenen nicht einschätzbaren Folgen vor und die Novelle vergibt sich so die Chance zu einer modernen und zukunftsweisenden Personalstrategie zu kommen.

Weiterhin keine sachlich nachvollziehbaren Begründungen
Die neue Regelung liefert weiterhin keine ausreichend sachlichen und eindeutig nachvollziehbaren Tatbestände für den Abschluss von Kettenverträgen, denn es fehlt die Ausführung von konkret bezeichneten Umstand oder speziellen Wesensmerkmal zur objektiv und transparenten Nachvollziehbarkeit der Rechtfertigung einer neuerlichen Befristung. So bleibt die Regelung allgemein und unverbindlich und steht damit auch mit dem österreichischen Arbeitsrecht in einem Spannungsfeld, da dieses die Aneinanderreihungen von befristeten Arbeitsverhältnissen ausdrücklich nur dann erlaubt, wenn sie sachlich begründet sind.

Diskriminierungen werden nur verlagert
Die neue Regelung saniert den im EuGH konstatierten Diskriminierungstatbestand gegenüber Teilzeitbeschäftigten nun mit einer Ausweitung der Praxis, in dem sie bei Kettenverträgen nicht mehr zwischen Voll- und Teilzeitbefristungslängen unterscheidet. Das konterkariert die Intention des Urteils insofern, als dass die zugrundeliegende Problematik der unzumutbaren Länge von prekären Arbeitsverhältnissen mit all den bekannten Unsicherheiten für die persönliche Lebensplanung und wirtschaftliche Nachteile der betroffenen wissenschaftlichen und auch immer mehr allgemeinen Arbeitnehmer*innen an Universitäten unberücksichtigt bleibt.

Qualitätskontrolle bei der Personalführungskompetenz fehlt weiterhin
Aus der Praxis ist bekannt, dass mittlerweile Befristungen auf Dienstgeberseite oftmals als eine „verlängerte Probezeit“ oder auch bequeme Praxis der Umgehung von Kündigungsgesprächen gesehen und verwendet werden. Das etabliert eine vom Arbeitsrecht so nicht gewünschte Praxis, die einerseits den Arbeitnehmer*innen wertvolle Zeit bei der Suche nach einem sicheren Arbeitsverhältnis kostet und andererseits der Arbeitgeberseite nur scheinbar einen Vorteil bringt. Denn auf lange Sicht kostet das einem Betrieb wertvolle Ressourcen: einerseits durch Know How Verlust aufgrund höherer Fluktuation und Brain Drain und andererseits durch sinkende Standortqualität.
Dass gerade im Lichte dieser komplexen Herausforderungen an moderne und im internationalen Wettbewerb stehende Wissensorganisationen, wie sie Universtäten sind, in dieser Novelle weiterhin auf eine verpflichtende Personalstrukturplanung und auch den Nachweis zu einer qualifizierten Personalführungskompetenz der Leitungsorgane verzichtet wird, ist unverständlich.

Print Friendly, PDF & Email