Antrag 03 – Verpflichtung zur Veröffentlichung des Gender-Pay-Gaps in Stellenausschreibungen

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 178 Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 09. November 2022

Die 178. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien fördert die Einkommensgerechtigkeit für Frauen und setzt Maßnahmen gegen den Pay-Gap, indem sie:

  • Sich für eine Ausweitung und Weiterentwicklung von Lohntransparenz einsetzt.
  • Sich für eine bessere und flächendeckendere Information für Frauen über die tatsächliche Gehaltssituation in Betrieben und Dienststellen bereits vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses eintritt.
  • Evaluiert welche gesetzlichen und aussagekräftigen datenbezogenen Möglichkeiten es gibt, innerbetriebliche oder ähnlich aussagekräftige Gender-Pay-Gap-Daten sinnvoll und informativ in Stellenausschreibungen zu integrieren.

Es ist ein unbestreitbares Faktum, dass es, bereinigt oder unbereinigt, immer noch einen messbaren Gender-Pay-Gap zwischen Männer- und Frauengehältern in allen Branchen und Sparten gibt. Diese Einkommensunterschiede haben vielfältige Gründe, denen man durch verschiedene Maßnahmen und Instrumente beizukommen versucht.

Eine Maßnahme dazu ist die Lohntransparenz.

Innerbetrieblich soll diese über das Instrument der Einkommensberichte erreicht werden, die Unternehmen ab 150 Mitarbeiter*innen zur Angabe der Gehaltsunterschiede in den einzelnen Lohngruppen verpflichtet (Gleichbehandlungsgesetz §11a). In abweichender Form, aber mit gleicher Intention verpflichtet das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz in §6a den/die Bundesminister*in zu einer Einkommensanalyse aller zugeordneten Stellen. In der Gesetzgebung mancher Bundesländer gibt es bereits ebenfalls einschlägige Vorschriften.

Außerbetrieblich ist die verpflichtende Angabe des Mindestentgeltes in allen Stellenausschreibungen das Mittel der Wahl zur Erreichung von Einkommenstransparenz (Gleichbehandlungsgesetz §9 (2) und Bundes-Gleichbehandlungsgesetz §7 (5)).

Beiden Instrumenten liegt die Intention zugrunde, dass es auf diese Weise Frauen möglich wird, sich bei Jobauswahl und vor Bewerbungen über die potenziellen Verdienstmöglichkeiten zu informieren und im aufrechten Arbeitsverhältnis mögliche Unterschiede in der tatsächlichen Bezahlung zu erfahren und darauf reagieren zu können.

Beides sollte dazu führen, dass die Lohnschere zwischen den Geschlechtern geringer wird.

Eine Studie aus dem Jahr 2015, beauftragt vom Bundesministerium für Bildung und Frauen zeigte neben den immer wieder geäußerten Erfahrungen von Betroffenen Arbeitnehmer*innen, Interessensvertreter*innen und HR-Verantwortlichen aber mittlerweile auch, dass das Ergebnis nicht in dem Ausmaß eintritt, wie es gewünscht war.

Einerseits sei das Mindestgehalt als Orientierung bei der Stellenwahl wenig geeignet, da es wesentliche Informationen über die tatsächlich herrschende Gehaltsstruktur in Unternehmen nicht preisgibt bzw. geben will. Andererseits seien Einkommensberichte oftmals zu wenig bekannt, oft unklar in der Interpretation und durch Verschwiegenheitsverpflichtungen wenig geeignet, um zu Diskussionen anzuregen. Zusätzlich sehen sich Betroffene aus unterschiedlichen Gründen oft nicht in der Position, innerbetriebliche Strukturen zu hinterfragen, beziehungsweise befürchten Nachteile, wenn sie diese bei Gehaltsverhandlungen ansprechen.

Eine aktuelle Studie der Universität Mannheim aus 2022 zeigte darüber hinaus im Vergleich zwischen berichtspflichtigen und nicht-berichtspflichtigen Unternehmen, dass Einkommensberichte so gut wie keine wesentlichen Effekte auf eine Verringerung des Pay-Gaps hatten.

Die Forscher*innen folgerten daher unter anderem, dass die reine betriebsinterne Information über die Gehaltsunterschiede zu wenig sei. Eine Information nach außen gäbe den Betroffenen die Möglichkeit sich eingehender und mit weniger Druck ein Bild über ihre zukünftige Arbeitsumgebung zu machen. Das sei auch deswegen hilfreich, weil Frauen oftmals weniger risikofreudig im Verhandlungsverhalten in Gehaltsgesprächen wären und leider immer noch über schlechtere berufliche Netzwerke verfügten, die ihnen diese Vorinformationen liefern könnten. Außerdem würde eine erwartbare öffentliche Diskussion über Gehaltsunterschiede Firmen dazu sich zu verbessern und Frauen davon zumindest ein Stück weit befreien, die alleinige Last der Verantwortung für ihre Diskriminierung zu übernehmen.

Aus unserer Sicht könnten Firmen und andere ausschreibende Stellen die Information über den aktuellen Pay-Gap in ihrem Bereich auch als Benchmark und Mittel zum Wettbewerb um die besten Arbeitnehmer*innen nutzen, ohne Rückschlüsse auf Einzelpersonen fürchten zu müssen. Im Falle, dass keine Berichtspflicht vorliegt und auch freiwillig keine Berichte verfasst werden, könnten Branchendaten oder analoge, ähnlich aussagekräftige Quellen herangezogen werden. Sollte auch dies nicht möglich sein, müsste auch diese Tatsache verpflichtend angegeben werden.

Information ist Macht!

Daher hätte diese Art der Vorabinformation vor allem den Nutzen, dass Frauen schon bei der Berufswahl, vor Umschulungsüberlegungen oder Branchenwechsel, gut erkennen können, wie sich ihre finanzielle Zukunft durch Erwerbsarbeit gestalten kann: also jedenfalls deutlich früher als bisher, mit deutlich mehr Handlungsspielraum.

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