Antrag 19 / Nein zu Krankenstands-Rückkehrergesprächen und damit verbundenen Aufzeichnungen über Krankenstandsgründe in der Gemeinde Wien

Begründung:

Immer mehr ArbeitgeberInnen nutzen diese Gespräche als neues Instrument des „Fehlzeiten-Managements“ unter dem Deckmantel, Hintergründe über krankmachende Faktoren im Arbeitsumfeld erheben zu wollen, um ein effektives betriebliches Gesundheitswesen installieren zu können. Nur fehlt es den durchführenden Führungskräften meist an dazu notwendiger sozialer Kompetenz und es verleiten solche Gespräche zum Missbrauch im Sinne von Disziplinierung der Beschäftigten.

Des weiteren zeigen Krankenstandsstatistiken, dass dadurch ArbeitnehmerInnen, trotz des Fortschreitens ihrer Erkrankungen, von selbst nicht mehr in den Krankenstand gehen – aus Angst, den Arbeitsplatz oder vielleicht einen leistungsabhängigen Lohnbestandteil, der bei einer bestimmten Anzahl von Krankenstandstagen bereits einkommensreduzierend wirkt, zu verlieren. Solche Instrumente sind gesundheitspolitisch abzulehnen und können die Entwicklung von stressbedingten Erkrankungen noch voran treiben!
(siehe dazu auch einen Beitrag der GPA-djp unter dem Titel „Krankenstandsrückkehrergespräche“: http://www.gpa-djp.at/servlet/ContentServer?pagename=GPA/Page/Index&n=GPA_999_Suche.a&cid=1250590566646)

Uns allen ist die aktuelle Debatte über die Vorkommnisse in der ÖBB und die Führung von Krankenstands-Rückkehrgesprächen sowie das damit verbundene Führen von Formularen, in denen die Vorgesetzten eintragen mussten, woran ihre Mitarbeiter leiden, zur Genüge bekannt.

Auch in der Gemeinde Wien ist es üblich, solche Krankenstands-Rückkehrergespräche zu führen, bei denen zum Teil auch Krankenstandsgründe, zu erwartenden Folgekrankenstände usw. aufgezeichnet werden. Beispielsweise in der MA 48-Müllabfuhr. Hier ist es ein tituliertes „Rückkehrergespräch“, bei welchem per Fragebogen auch Krankenstandsgründe, eventuelle Folgekrankenstände usw. erhoben werden – die Personalvertretung ist nicht beigezogen und nach Unterzeichnung bekommt das Formular die Personalstelle. Was damit passiert, außer das es nachteilige Auswirkungen auf leistungsbezogene Entgeltbestandteile hat, ist uns unbekannt. Fakt ist dennoch, dass hier KollegInnen dazu genötigt werden, sensible Daten, die den Arbeitgeber eigentlich nichts angehen, bekannt zu geben. Ein Zitat daraus: „Eine Fehlzeit kostet Geld, gibt oft Koordinations- und Kundenprobleme (z.B. bei der Vergabe von Urlaubstagen) und führt in der Regel dazu, dass die restlichen MitarbeiterInnen mehr belastet sind. (…).“ Oder die 1. Frage: „Wollen sie den Grund Ihres Krankenstandes angeben oder ist ihnen die Bekanntgabe unangenehm?“

Diese Praxis in der MA 48 wurde auch im Rahmen des ÖBB-Skandals in den Medien thematisiert. Entgegen der Aussage, dass diese Angaben nur bei schweren manuellen Tätigkeiten, aus freien Stücken und sanktionsfrei gemacht würden, wissen wir aus der MA 48: wer das Gespräch verweigert, muss zur Personalstelle. Und der Abzug von leistungsbezogenen Lohnbestandteilen wegen Krankheit ist keine Sanktion?

In der MA 70-Rettung und MA 34-Bau- und Gebäudemanagement ist es außerdem üblich, dass KollegInnen, welche sich im Krankenstand befinden, von der Dienstgeberin Stadt Wien einen Brief mit Betreff „Krankheitsbedingte Dienstabwesenheiten“ erhalten. Ein Zitat daraus: „(…) Wir sehen uns daher gezwungen, Sie auf mögliche dienstrechtliche Folgen für den Fall aufmerksam zu machen, dass in absehbarer Zukunft kein maßgeblicher Rückgang der genannten Dienstabwesenheiten feststellbar ist. (…)“. Nur ein weiterer Beweis für die „Sorge“ der Dienstgeberin über den Gesundheitszustand ihrer Bediensteten.

Die AUGE/UG spricht sich entschieden gegen die Führung von Krankenstands-Rückkehrergesprächen und die unerlaubte Aufzeichnung von Krankenstands-Gründen aus! Wenn die Dienstgeberin Stadt Wien wirklich im Sinne des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten und ihrer diesbezüglichen Fürsorgepflicht agieren möchte und dadurch auch durch den Arbeitsplatz verursachte stressbedingte und sonstige Erkrankungen und damit Fehlzeiten minimieren will, dann gibt es andere Möglichkeiten – zum Beispiel:
• Betriebsvereinbarungen/Vereinbarungen über den Rahmen solcher Gespräche und unter Mitwirkung des Betriebsrates/der Personalvertretung
• Anonyme MitarbeiterInnen-Befragungen über die Arbeitszufriedenheit unter Mitwirkung der Interessensvertretungen und bei der Entwicklung mit Einbindung der Beschäftigten selbst (sie sind die unmittelbaren ExpertInnen für ihre Arbeitssituation!)
• Ein verstärktes betriebliches Bildungswesen zum Thema Gesundheit und Prävention, das kostenlos und in der Dienstzeit für die Bediensteten stattfindet (Vorträge, eigene Gesundheitstage, Supervision, Angebote der betrieblichen ArbeitsmedizinerInnen oder durch beauftragte Gesundheitseinrichtungen, Burn-Out-/Mobbing-/Bossing-Seminare etc.)
• Die Forcierung der Installierung von GesundheistlotsInnen, welchen natürlich auch die notwendige Zeit zur Ausübung ihrer Tätigkeit gewährt werden muss – innerhalb der Dienstzeit
• usw.

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