Antrag 03 / Zugang zu und Aufenthaltsrecht für Asylwerbende in Lehre

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 166. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 29. November 2018

Antrag mehrheitlich angenommen
FSG, ÖAAB: ja
FA: nein

Antragsbehandlung im Vorstand

Die 166. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer fordert von der Bundesregierung die Beibehaltung der Möglichkeit für Asylwerbende, eine Lehre beginnen und abschließen zu können. Sie fordert die Bundesregierung auf, die notwendigen gesetzlichen Regelungen für ein Aufenthaltsrecht bis zum Lehrabschluss und die Möglichkeit zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach Beendigung derselben zu treffen.

Im Jahr 2012 wurde unter dem damaligen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) in Österreich für AsylwerberInnen bis 25 Jahren die Möglichkeit geschaffen, unter strengen Voraussetzungen eine Lehre in einem Mangelberuf zu absolvieren. Dieser Erlass wurde nun per Ministerratsbeschluss vom 12. September 2018 aufgehoben.
Aktuell gibt es in der bundesweit 1.027 junge AsylwerberInnen, die eine Lehre in einem der 27 Mangelberufe absolvieren. Das Projekt Lehre für AsylwerberInnen in Mangelberufen ist eine klassische win-win-Situation, denn einerseits wird jungen Flüchtlingen die Möglichkeit einer Perspektive geboten, andererseits können Betriebe Lehrstellen, die anderweitig nicht besetzt werden könnten, mit lernwilligen jungen Menschen besetzen. Nicht zuletzt forderte der scheidende Präsident der WKO, Dr. Christoph Leitl, die Einführung von Niederlassungstiteln für AsylwerberInnen, die im Lehrverhältnis stehen. Jüngst haben sich u.a. auch der ehemalige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch, für den Zugang zu Lehre in einem Mangelberuf für jugendliche AsylwerberInnen und die Möglichkeit zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach Beendigung der selben ausgesprochen.
Ein überlegenswertes Modell wäre jenes, das in Deutschland zur Anwendung kommt: nach dem sogenannten „3plus2-Modell“ erhalten Asylwerbende, die in einem Lehrverhältnis stehen, für die Dauer desselben einen Abschiebeschutz für drei Jahre, darüber hinaus einen Aufenthaltstitel für weitere zwei Jahre, in welchen Berufserfahrungen gesammelt werden sollen. Nach Ende dieser Zeit wird über das weitere Vorgehen entschieden.
In ihrem Regierungsprogramm stellt die türkis-blaue Regierung einen Niederlassungstitel in Aussicht, der es Jugendlichen aus Drittstaaten ermöglicht, hier eine Lehre zu absolvieren. In der jüngsten Fremdenrechtsnovelle fand diese Absicht aber keinen Niederschlag – im Gegenteil: per Ministerratsbeschluss wurde sogar die bisherige Möglichkeit der Aufnahme einer Lehrausbildung abgeschafft.
Schon zuvor mehrten sich die Berichte über Lehrlinge, die wegen negativer Asylbescheide direkt im Lehrbetrieb festgenommen und mit dem Ziel der Abschiebung in Schubhaft genommen wurden. Es entstand der Eindruck, dass gerade integrierte Asylwerbende, die sich durch ihre Erwerbstätigkeit nicht nur selbst erhalten, sondern darüber hinaus zu Beitragszahlern werden, vordringlich abgeschoben werden sollten.
Dieses Vorgehen ist nicht nur unmenschlich, es ist auch ökonomisch widersinnig und spaltet die Gesellschaft.

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