der AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 159. Hauptversammlung der Bundesarbeiterskammer am 22. Juni 2016
Antrag mehrheitlich zugewiesen
ÖAAB, FA: ja
FSG: für Zuweisung
Antragsbehandlung im Vorstand
Die 159. Hauptversammlung der Bundesarbeiterskammer möge daher beschließen:
Die AK-Wien fordert daher deutlich bessere Arbeitsbedingungen im Pflegebereich. Dazu gehören
- Angemessene Gehaltssteigerungen (mehr Arbeit und Verantwortung – mehr Geld)
- Höhere Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschläge
- Sofortige Nachbesetzung freier Dienstposten
- „Feiertage reduzierende Sollzeit“ (in Analogie zu den Nachtdienstgutstunden)
- Personalaufstockung (Schwangerschaften und Krankenstände dürfen nicht permanent zu betrieblichen Ausnahmesituationen führen)
- Die Einbeziehung von MitarbeiterInnen bei der Dienstplangestaltung
- Die Einhaltung des Arbeitsrechts – die gängige Praxis, Personal nach Gutdünken nach Hause zu schicken, ist rechtlich unzulässig
- Eine rasche Evaluierung der konkreten Auswirkungen der GUK Novellierung
Pflege und Medizin sind eng miteinander verbunden. Nicht nur im praktischen Arbeitsalltag. Arbeitsrechtliche Änderungen, wie beispielsweise die EU Richtlinie zum Arbeitszeitgesetz für ÄrztInnen, haben inhaltliche Auswirkungen darauf, was als Pflege verstanden wird.
Die Verschiebung der Tätigkeiten, also die Tatsache, dass diplomiertes Pflegepersonal künftig andere Aufgaben übernehmen soll, ist dabei nicht das wirkliche Problem. Sehr wohl aber die Nivellierung von Pflege im Bereich der Pflegefachassistenzen. Die KollegInnen in diesem Bereich sollen grob skizziert die jetzigen Tätigkeiten vom diplomierten Personal übernehmen. Und das mit einem deutlich niedrigeren Ausbildungsstandard und natürlich auch einer niedrigeren Entlohnung. Die problematische Entwicklung liegt hier nicht im Bereich der handwerklichen Fertigkeiten, die in diesem Bereich notwendig sind. Katheder setzen, Sonden legen, Verbände wechseln sind Fähigkeiten, die leicht erlernbar sind.
Problematisch sind die Theoriedefizite, die durch diese Ausbildungsreduktion entstehen. Künftig wird der Großteil der PatientInnenbeobachtung auf den Schultern dieser KollegInnen liegen. Es ist vorhersehbar, dass es mit der Verabschiedung der GUK Novelle zu einer deutlichen „Ausweitung“ der Pflegefachassistenzen und einer Reduktion vom diplomierten Personal kommen wird.
In der Betreuung von PatientInnen ist ihre Beobachtung, die richtige Interpretation der beobachteten Veränderung und die adäquate Reaktion darauf essentiell. Um ein praktisches Beispiel zu bringen: Ein Alkoholabusus und ein allergischer Schock können täuschend ähnliche Symptome zeigen. Wenn also das Krankheitsbild allergischer Schock gar nicht in Betracht gezogen wird, weil die theoretischen Kenntnisse dazu fehlen, können weder Unterscheidungsmerkmal überlegt, noch richtig darauf reagiert werden, sollte es tatsächlich ein allergischer Schock sein.
Eine Überforderung des pflegenden Personals, aber auch für das diplomierte Pflegepersonal, ist zu erwarten. Weniger, was die Inhalte der Arbeitstätigkeit anbelangt, mehr, was den konkreten Verantwortungsbereich betrifft. Ohne 4-Augenprinzip für das medizinische Equipment verantwortlich zu sein und gleichzeitig die Letztverantwortung für die KollegInnen im Bereich der Pflegefachassistenzen zu haben, sind Faktoren, die die Fluktuation in diesem Bereich vermutlich weiter steigern werden. Auch der Anstieg von Burn Out-Krankenständen, Frühpensionen und von psychischen Erkrankungen ist vor diesem Hintergrund zumindest sehr wahrscheinlich.
Um PatientInnen gut und gewissenhaft behandeln zu können, braucht es ein Personal, das nicht ständig unter Druck steht. Eine menschliche Pflege ist ohne die entsprechenden Zeitressourcen nicht möglich.