Antrag 08 / Klima- und Energiestrategie (IKES) muss grundlegend überarbeitet werden!

der AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 170. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien, am 26. April 2018

Antrag mehrheitlich zugewiesen:
ÖAAB, GA, Persp., ARGE, GLB: ja
FSG, Türkis, Kom., BDFA: für Zuweisung
FA: nein

Antragsbehandlung im Ausschuss Umwelt und Energie

Im Rahmen der Weltklimakonferenz 2015 in Paris verpflichteten sich alle Staaten Maßnahmen zu setzen, um den Anstieg der Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten und sogar das 1,5 Grad Celsius-Ziel anzustreben. Das EU-Klimaziel sieht bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgase (vor allem CO 2) um 40 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 vor. Für Österreich beträgt das Einsparungsziel mindestens 36 Prozent.

Mit der kürzlich präsentierten integrierten Klima- und Energiestrategie (IKES) will die österreichische Bundesregierung dieses Mindestziel erreichen. Die Ersteinschätzungen der IKES fielen dabei allerdings recht einhellig aus: Als über weite Strecken zu vage wurde sie kritisiert, wenig ambitioniert und unkonkret gehalten, ohne klare Zuständigkeiten oder verbindliche Zeitpläne. Vor allem auch die fehlende Ausfinanzierung angeführter Maßnahmen stieß auf Kritik. Kritikpunkte sind u.a.:

  • Unzureichende qualitative Ziele betreffend Treibhausgasemissionen sowie ein verbindlicher Reduktionspfad mit konkreten Zwischenzielen. Fehlende Zielsetzungen für bestimmte Sektoren wie z.B. die Landwirtschaft oder die Abfallwirtschaft.
  • Abwendung von einem gesamtstaatlichen Energiesparziel, keine Verankerung von konkreten Energiespar- bzw. Effizienzzielen, keine Erwähnung bzw. Fortschreibung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes (Senkung des Energieverbrauchs auf maximal 1050 Petajoule bis 2020) in der Klima- und Energiestrategie.
  • Keine sozial-ökologische Steuerreform sowie Reduktion umwelt- und klimaschädigender Subventionen. Lediglich 5,6 % des österreichischen Gesamtsteueraufkommens stammen aus Umweltsteuern (EU-Schnitt: 6,3 %). Gleichzeitig sind allerdings Arbeit und ArbeitnehmerInnen im EU-Vergleich überdurchschnittlich, Vermögen, Kapital, Energie- und Ressourcenverbrauch dagegen unterdurchschnittlich besteuert. Es besteht also dringender Handlungsbedarf nach einer sozial-ökologischen Steuerstrukturreform, die Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlastet, Kapital und Vermögen dagegen höher besteuert und über eine Ökologisierung des Steuersystems positive Anreize zu umwelt- und klimaschonenden Verhaltens- und Produktionsweisen setzt. Gleichzeitig gilt es, die laut WIFO bis zu 4,7 Mrd. umwelt- und klimaschädigende Subventionen deutlich zu reduzieren, um umwelt- und klimaschädigendes Verhalten nicht länger zu fördern und zu belohnen.
  • Keine zusätzlichen Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen zum Klimaschutz. Stattdessen wird in der IKES festgehalten, dass die „budgetären Obergrenzen“ des geltenden Finanzrahmens einzuhalten sind, die u.a. in den nächsten Jahren Kürzungen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes von rund 300 Mio. Euro vorsehen.
  • In der Klima- und Energiestrategie findet sich der Passus, wonach jene „investitions- und strukturpolitische Reformen voran zu treiben“ sind, „die den Übergang zu einer kohlenstoffarmen und energieeffzienten Wirtschaft erleichtern“. Dagegen sollen „neue Investitionen in langlebige Infrastrukturvorhaben, deren Nutzung fossile Energie bedingt“ vermieden werden, da „sie der Erreichung von Klima- und Energiezielen entgegenstehen und volkswirtschaftlich kontraproduktiv sind“. Doch findet sich weder in der IKES noch im konkreten Regierungsverhalten irgendeine entsprechende Konsequenz. Weder wird regierungsseitig vom Ausbau weiterer Autobahnen Abstand genommen, noch findet sich irgendein kritisches Wort zum drohenden Bau der dritten Piste des Flughafens Schwechat.
  • Ebenfalls findet sich in der IKES ein Festhalten an Agrotreibstoffen. Große Mengen von Agrotreibstoffe sind allerdings weder regional noch ökologisch nachhaltig produzierbar. Statt Agrotreibstoffe weiter zu forcieren, sollten die Beimischung deutlich reduziert werden.

So positiv auch einzelne Punkte – wie die Erhöhung der Gebäudesanierungsrate oder die gesonderte Berücksichtigung des Verkehrssektors in der IKES mit eigenem Emissions-Ziel (Senkung um knapp ein Drittel) – sind, bleiben auch hier Maßnahmen über weite Strecken unkonkret und entweder gar nicht oder unzureichend budgetiert und gehen über Schlagworte und Überschriften nicht hinaus.

Die 170. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge daher beschließen:

Die AK Wien befindet die Klima- und Energiestrategie der österreichischen Bundesregierung insgesamt für unzureichend und fordert eine grundlegende Überarbeitung im Rahmen der Begutachtung.

Aus Sicht der AK Wien müssen dabei insbesondere folgende Punkte Eingang in die IKES finden bzw. entsprechend berücksichtigt werden:

  • eine sozial-ökologische Steuerreform, die Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlastet, Vermögen, Kapital und Ressourcen- und Umweltverbrauch dagegen stärker besteuert und so entsprechende steuerliche Anreize für umwelt- und klimaschonende Verhaltens- und Produktionsweisen setzt.
  • eine deutliche Reduktion der umwelt- und klimaschädigenden Subventionen. Frei werdende Mittel sind für Investitionen in Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sowie für den Kampf gegen Energiearmut und für eine sozial gerechte Energiewende zu nutzen.
  • eine ausreichende finanzielle Dotierung und Konkretisierung der Maßnahmen aus der Klima- und Energiestrategie inklusive Zielvorgaben, verbindlicher Zeitpläne und Zuständigkeiten. Dies beinhaltet u.a. eine
    • Erhöhung der Sanierungsrate auf 3 Prozent jährlich und die Bereitstellung der entsprechenden budgetären Mittel von rund 300 Mio. Euro.
    • Einbeziehung des Sektors Landwirtschaft in die Klima- und Energiestrategie-
    • Ein klares Bekenntnis zum Bundesenergie-Effizienzgesetz und gesamtstaatlichen Energieeinsparzielen
    • Keine Förderung von Agrotreibstoffen
    • Konkrete Konsequenzen aus dem Anspruch, langlebige Investitionsvorhaben vermeiden zu wollen, die fossile Energie bedingen. Das bedeutet insbesondere den Verzicht auf den Ausbau bzw. Neubau von Autobahnstrecken sowie einen raschen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und umfassende Investitionen in klimaschonende sowie umweltfreundliche Verkehrsinfrastruktur.

 

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