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Antrag 5 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Lohnarbeit ohne jede Form der sozialen Absicherung und rechtlichen Regulierung, verheerende Arbeitsbedingungen und Überausbeutung bis hin zu Fällen von Lohnbetrug und Übergriffen seitens der Vorgesetzten: Das, was wie eine Beschreibung von Zuständen in Fabriken zu Beginn der Industrialisierung klingt, ist auch heute innerhalb der kapitalistischen Zentren für viele Menschen eine Realität, der sich auch Gewerkschaften stellen müssen.

MigrantInnen, denen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus der Zugang zu den formellen Sektoren des Arbeitsmarkts versperrt ist und die sich deshalb in seinen informellen Sektoren verdingen müssen, scheinen sich in einer Grauzone aus völliger Willkür und Rechtlosigkeit zu bewegen. Undokumentiertes Arbeiten – d.h. Arbeiten ohne Arbeitspapiere – betrifft sowohl Personen ohne als auch mit legalem Aufenthaltstatus in Österreich, z. B. bei StaatsbürgerInnenschaft „neuer“ EU-Länder, Aufenthaltsbewilligung durch das ordentliche Studium an einer österreichischen Hochschule, Fehlen der Beschäftigungsbewilligung aufgrund des Verschuldens der BetriebsinhaberInnen, etc.

Die soziale und rechtliche Diskriminierung undokumentiert abhängig Arbeitender machen diese jedoch nicht nur erpressbar und ausbeutbar, sie führen auch dazu, dass die sozial- und kollektivvertragsrechtlichen Standards unterminiert werden. Die Ausbeutung und rechtliche Schutzlosigkeit von undokumentiert abhängig Arbeitenden führen daher zu einer Schwächung der Position aller abhängig Beschäftigten in Österreich.

Blick nach Deutschland und in die Schweiz

Dass dem nicht so sein muss, zeigen neuere Entwicklungen beispielsweise auch Deutschland oder in der Schweiz. Dort haben Gewerkschaften gemeinsam mit NGOs an mehreren Standorten gewerkschaftliche Anlaufstellen für Menschen in prekären (Aufenthalts- und/oder) Arbeitssituationen eingerichtet, um Beratung in sozial- und arbeitsrechtlichen Belangen sowie Unterstützung bei der Durchsetzung von Rechten anzubieten. Zum Teil umfassen die Angebote auch Sprachkurse sowie Beratung zu Themen wie Wohnen oder medizinische Versorgung. In der Schweiz gibt es für undokumentiert Arbeitende nicht nur die Möglichkeit, sondern die Pflicht zur Sozialversicherung, sodass jedenfalls ein Schutz bei Krankheit oder Unfall gegeben ist. Die Rechtslage in Deutschland macht es wiederum möglich, dass undokumentiert Arbeitende nicht die leicht ausbeutbare Konkurrenz gegenüber legal Beschäftigten sein müssen. Mit Unterstützung von ver.di konnten vor dem Arbeitsgericht bereits Erfolge erzielt und damit gegenüber der ArbeitgeberInnenseite Exempel von gesamtgesellschaftlicher Relevanz statuiert werden.

Sanktionen-Richtlinie

Die EU-Richtlinie 2009/52/EG zu „Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen“ zielt – wie der Titel schon sagt – in erster Linie auf Strafmaßnahmen gegen Unternehmen ab. Sehr wohl sind die Mitgliedsstaaten aber dazu aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sog. Drittstaatsangehörige ihre Ansprüche sowohl geltend machen können als auch tatsächlich geltend machen. Hierzu bedarf es allerdings entsprechender Strukturen: Eine niederschwellige Anlaufstelle für undokumentierte KollegInnen – d.h. KollegInnen ohne Arbeits- und/oder Aufenthaltspapiere – die über arbeits- und sozialrechtliche Themen hinausgehende Beratungskompetenzen verfügt und ggf. auch die Rechtsvertretung gegen ArbeitgeberInnen übernimmt.

Um Ansprüche erfolgreich durchsetzen zu können ist die Anwesenheit der Betroffenen während Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht im allgemeinen nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern gerade in Hinblick auf die Möglichkeit der ZeugInnenaussage zentral. (Auch beide von ver.di Hamburg veröffentlichten Beispiele erfolgreicher Vertretung von undokumentierten KollegInnen belegen dies.1) Hierzu hält die EU-Richtlinie ausdrücklich fest, dass die Mitgliedsstaaten festzulegen haben, unter welchen Bedingungen die „betroffenen Drittstaatsangehörigen (…) befristete Aufenthaltstitel entsprechend der Dauer des innerstaatlichen Verfahrens gewähren können.“

Die Bundesarbeitskammer vertritt daher folgende Forderungen:

1. Keine Bereicherung und Wettbewerbsvorteile für ArbeitgeberInnen durch die Beschäftigung von undokumentiert Arbeitenden.

2. Lohnarbeit darf nicht von Rechten entkoppelt sein: Erwerb von Rechten durch Arbeit – für alle abhängig Arbeitenden und zum Schutz aller abhängig Arbeitenden.

3. Kein Unterminieren von sozial- und kollektivvertragsrechtlichen Standards.

4. Änderung der österreichischen Rechtslage, sodass bei undokumentierter Arbeit nicht nur im Fall von Lohnbetrug rechtliche Schritte („Bereicherungsrechtlicher Anspruch“) gegen ArbeitgeberInnen möglich sind, sondern auch darüber hinaus Ansprüche wie auf Grund eines gültigen Arbeitsvertrages bestehen, z.B.:

a)Kündigungs- und Entlassungsschutz: Lohnentgang durch nicht eingehaltene Kündigungsfristen muss in vollem Umfang wie euch bei regulären Arbeitsverhältnissen einklagbar sein. Die Bestimmungen des besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutzes müssen auch für undokumentiert Arbeitende gelten.
b)Sozialversicherung: Zahlung oder Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die ArbeitgeberInnen müssen für undokumentiert Arbeitende auch verwertbar sein. Bei Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen muss z.B. Kranken- und Unfallversicherung auch rückwirkend gelten. Gegebenenfalls erworbene Ansprüche auf Arbeitslosengeld müssen anerkannt und Arbeitslosengeld muss in der Folge auch beziehbar werden.

5. Arbeitsverhältnisse bzw. -verträge bei unter- oder undokumentierte Arbeit dürfen grundsätzlich nicht als nichtig erklärt werden.

6. Gesicherter Aufenthalt (vgl. NAG § 69a. „Besonderer Schutz“) für undokumentiert Arbeitende während eines laufenden arbeitsrechtlichen oder sozialrechtlichen Verfahrens! Die Durchsetzung von Rechtsansprüchen aus einem undokumentierten Arbeitsverhältnis darf nicht durch fremdenpolizeiliche Maßnahmen erschwert oder gar verunmöglicht werden.

7. Kein Ausspielen von abhängig Arbeitenden gegeneinander aufgrund von Aufenthalts- und/oder Arbeitsverhältnissen! Rechte ausbauen! Solidarität stärken!

Die Bundesarbeitskammer unterstützt des Weiteren den Aufbau einer Beratungsstelle für undokumentiert bzw unterdokumentiert arbeitende Menschen in Kooperation mit dem ÖGB mit dem Ziel, dass undokumentiert arbeitende Kolleg*innen ihre Ansprüche nicht nur theoretisch geltend machen können, sondern auch tatsächlich geltend machen.

Die Bundesarbeitskammer baut einen Wissenspool betreffend die arbeits- sowie sozialrechtliche Position von undokumentiert arbeitenden Menschen auf mit dem Ziel,…

…von Nutznießern undokumentierter oder unterdokumentierter Arbeit nachzuentrichtende Beiträge zur Sozialversicherung bzw. zur Arbeitslosenversicherung tatsächlich zur Sicherung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche der sozialrechtlichen Absicherung der betroffenen Arbeitenden in allen Sparten der Sozialversicherung zu nutzen

…Rechtswege aufzuzeigen, über die undokumentiert oder unterdokumentiert arbeitende Menschen ihre Ansprüche auf arbeits- und sozialrechtlichen Schutz durchsetzen können

…von Nutznießern undokumentierter oder unterdokumentierter Arbeit zu entrichtende Strafen tatsächlich zur Verbesserung der Rechtsposition der betroffenen Arbeitenden genutzt werden.

Download: AUGE05-BAK-UndokumentiertArbeiten

Antrag 4 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Während die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft zwar im österreichischen Staatsgrundgesetz verankert und somit Bestandteil der österreichischen Verfassung ist, wird diese zunehmend durch fremdenrechtliche Barrieren reguliert: Einerseits wird Mobilität durch das Untersagen von Visa verhindert, andererseits kann eine Abschaffung der Niederlassungsbewilligungen für Künstler_innen Mobilität erzwingen. Hinzu kommen beschäftigungsrechtliche Barrieren, die den Zugang zum Arbeitsmarkt für Künstler_innen behindern(1).

Insbesondere für diese Berufsgruppen sind kurz- und mittelfristigen Mobilitätsbarrieren aufgrund fremdenrechtlicher und beschäftigungsrechtlicher Bestimmungen abzubauen, die zum Teil bereits schlicht durch Änderungen in der Durchführungspraxis erzielt werden können. Zentral ist hier die Schaffung von berufsspezifisch adäquaten Regelungen, die Mobilität von Kunst- und Kulturschaffenden (sowie Wissenschafter_innen) nicht länger behindern, sondern den Erfordernissen internationaler Mobilität Rechnung tragen.
Auf diese Problemlage hat u.a. auch das BMUKK bereits in seiner Stellungnahme zum Fremdenrechtspaket 2009 hingewiesen(2).

Die Bundesabreitskammer fordert daher im Einklang mit dem Kulturrat Österreich die nachfolgende Verbesserung und tritt für deren Umsetzung ein:

1. GRUNDSÄTZLICHES
1.1.Information
# Klare, verbindliche und vollständige Information, welche Unterlagen/Dokumente für die diversen Visa, Aufenthaltstitel und Arbeitspapiere vorzulegen sind. Eingangsbestätigung über Vollständigkeit abgegebener Unterlagen, keine später nachfolgenden Forderungen nach weiteren Unterlagen/Dokumenten. Anschließend maximale Bearbeitungsdauer von wenigen Tagen.
# Aktive Informationspolitik der Behörden: bei Änderungen der Rechtslage persönliche schriftliche Information inkl. Erläuterung der Konsequenzen und Hinweis auf mögliche Rechtsmittel dagegen an alle Inhaber_innen von Visa, Aufenthaltstiteln bzw. Arbeitspapieren.

1.2.Beratung und Unterstützung
# Einrichtung einer Beratungs- und Servicestelle im BMUKK zur aktiven Unterstützung von Eingeladenen und Einladenden bei der Antragstellung für Visa und Aufenthaltstitel sowie ggf. Beschäftigungsbewilligungen, inklusive einer Auskunftsstelle bzgl. sozial- und steuerrechtlicher Fragen bei der internationalen Zusammenarbeit mit Künstler_innen, zur Förderung insbesondere jener künstlerischen bzw. wissenschaftlichen Vorhaben, die auch in finanzieller Hinsicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden.
1.3.Vertretungsmöglichkeit
# Vertretungsmöglichkeit statt persönlichem Erscheinen bei Antrag und Abholung von Visa und Aufenthaltsbewilligung (zumindest für Antragsteller_innen jener Herkunftsländer, in denen keine österreichische Vertretungsbehörde, die zur Ausstellung von Aufenthaltstitel berechtigt ist, zur Verfügung steht sowie wenn die Entfernung vom Wohnort mehr als 100 km beträgt sowie wenn andere schwerwiegende Gründe vorliegen).

1.4.Liste anerkannter Kunst-, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen
# Einrichtung einer Liste von anerkannten Kunst- und Kulturveranstalter_innen sowie anerkannten wissenschaftlichen Einrichtungen für die grundsätzlich Vereinfachungen und Beschleunigungen bei der Beschaffung von Aufenthalts- und Arbeitspapieren für eingeladene Künstler_innen, Kulturschaffende und Wissenschafter_innen gelten (siehe weiter unten). Empfänger_innen von Kunst-, Kultur- bzw. Wissenschaftsförderungen, die innerhalb der vergangenen 36 Monate Subventionen aus öffentlichen Mitteln erhalten haben, sind grundsätzlich auf diese Liste zu setzen. Darüber hinaus Einrichtung einer von Kunst- und Kulturschaffenden sowie einer von Wissenschafter_innen besetzten Kommission, die auf Antrag über eine Aufnahme weiterer Kunst-, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in diese Liste entscheidet.

1.5.Kultur
# Die Erweiterung der Sonderregelungen für Kunst und Wissenschaft auch auf den Kulturbereich.

2.VISA
2.1.Ausnahmen Visumspflicht
#Ausnahme aus der Visumspflicht für alle Personen ohne EU-/EWR-Pass mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
Zumindest aber:
# Ausnahme aus der Visumspflicht für Künstler_innen-, Kulturschaffenden- und Wissenschafter_innengruppen ohne EU-/EWR-Pass mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union für Arbeitsaufenthalte wie z. B. Tourneen (von Companies, Orchestern, Bands, etc.), Forschungsreisen, etc. (3)
bzw.
# Ausnahme aus der Visumspflicht für alle Künstler_innen, Kulturschaffenden und Wissenschafter_innen
bzw.
# Ausnahme aus der Visumspflicht für alle Personen im Zuge von Arbeitsaufenthalten im Rahmen von mit öffentlichen Mitteln geförderten Arbeitszusammenhängen

2.2.Zuständige Behörden
# Antragstellung bei jeder österreichischen Vertretungsbehörde, die Aufenthaltstitel ausstellen darf (keine Beschränkung auf Herkunfts-/Wohnsitzland)
# Verlängerungen (Antrag Folgevisum) bei jeder Behörde im Inland, die auch sonst für die Ausstellung von Aufenthaltstitel zuständig ist – für alle Antragsteller_innen (unabhängig von Herkunfts- oder Wohnsitzland)

2.3.Bearbeitungsdauer
# Bearbeitungsdauer maximal zehn Werktage
# Bearbeitungsdauer im Zuge von Arbeitsaufenthalten im Kontext von anerkannten Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ (siehe oben 1.4.) maximal fünf Werktage.

2.4.Gebühren
# Abschaffung der Visa-Gebühren
Zumindest aber
# Ausnahme von Visa-Gebühren für alle Künstler_innen, Kulturschaffenden und Wissenschafter_innen
bzw.
# Ausnahme von Visa-Gebühren für alle Künstler_innen, Kulturschaffenden und Wissenschafter_innen, die im Zuge von Arbeitsaufenthalten im Kontext von anerkannten Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ (siehe oben 1.4.) nach Österreich reisen
bzw.
# Ausnahme von Visa-Gebühren zumindest für alle Antragsteller_innen, die im Rahmen von mit öffentlichen Mitteln geförderten Arbeitszusammenhängen (Projekte, Festivals, „Artist in Residence“-Programme, Ausstellungshäuser, Bühnen, etc.) nach Österreich reisen (Arbeitsaufenthalte)
bzw.
# Einhebung der Visa-Gebühren erst bei Abholung nach positiver Erledigung
# Rückerstattung der Visa-Gebühren bei negativer Erledigung

2.5.Voraussetzungen
# Stopp der Praxis, bereits bei Antragstellung ein Ausreise- mitunter sogar Rückreiseticket – vorlegen zu müssen! (4)
# Verfahrensteilung in prinzipielles Visum-Verfahren und anschließendes „Kostenverfahren“: Vorlage von mit Kosten verbundenen Nachweisen, die für die Reise bzw. den Aufenthalt benötigt werden wie z. B. Krankenversicherung, internationaler Führerschein, etc. grundsätzlich erst bei Visa-Abholung. (5)
# Bei Nachweis der Eigenmittel Anrechnung von Honorar-, Gehalts- bzw. Stipendienzusagen während des geplanten Arbeitsaufenthaltes (zumindest bei Arbeitsaufenthalten im Kontext von anerkannten Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ nach 1.4.).
# Keine höheren (finanziellen) Verpflichtungen für Unterzeichner_innen von Verpflichtungserklärungen als die erforderliche Höhe der Eigenmittel zur Deckung des Lebensunterhalts für den Zeitraum des geplanten Aufenthalts der Antragsteller_in. (6)
# Berufliche Bindungen im Herkunftsland dürfen nicht Kriterium oder gar Voraussetzung für eine positive Bewertung der gesicherten Wiederausreise sein!
# Familiäre/private Bindungen im Herkunftsland dürfen nicht Kriterium oder gar Voraussetzung für eine positive Bewertung der gesicherten Wiederausreise sein!
# Geplante gemeinsame Einreise mit betreuungspflichtigen Kindern darf nicht negative Bewertung der gesicherten Wiederausreise stützen!

2.6.Sonstiges
# Stopp der Praxis, dass Visum-Inhaber_innen und Einlader_innen nach der Ankunft an einer Polizeistation erscheinen und einen Fragebogen ausfüllen müssen!

3. AUFENTHALT
Aufenthaltsbewilligung Künstler_in bzw. Wissenschafter_in
3.1.Zuständige Behörden
# Erstantrag auch bei Behörde im Inland zulassen

3.2.Bearbeitungsdauer
# Maximale Bearbeitungsdauer bei Erstantrag: zehn Werktage.
# Maximale Bearbeitungsdauer bei Verlängerungsantrag: fünf Werktage.

3.3.Befristungen
# Befristete Aufenthaltsbewilligung auch für zwei Jahre.

4. NIEDERLASSUNG
Niederlassungsbewilligung Künstler_in bzw. Wissenschafter_in
4.1. Überleitung von Aufenthalt zu Niederlassung
# Daueraufenthalt EG für alle Künstler_innen und Wissenschafter_innen, die vor dem Inkrafttreten des NAG am 1.1.2006 bereits eine Niederlassungsbewilligung hatten.
# Nach zwei Jahren Aufenthalt mit Aufenthaltsbewilligung Rechtsanspruch auf Daueraufenthalt EG
# Zumindest Wiedereinführung der Niederlassungsbewilligung für Künstler_innen sowie Wissenschafter_innen.

4.2. Zuständige Behörden
Erstantrag im Inland (während Aufenthalt mit Visum oder Aufenthaltsbewilligung) oder Ausland

4.3. Bearbeitungsdauer
# Maximale Bearbeitungsdauer bei Erstantrag: zehn Werktage.
# Maximale Bearbeitungsdauer bei Verlängerungsantrag: fünf Werktage.

4.4. Befristungen
# Befristete Niederlassungsbewilligung für mindestens zwei Jahre und maximal fünf Jahre, spätestens danach Ausstellung unbefristete Niederlassungsbewilligung.

5. BESCHÄFTIGUNG
5.1.Ausnahmen aus Beschäftigungsbewilligungspflicht
# Ausnahme aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für alle Personen mit in Österreich gültigen Aufenthaltstiteln!
# Ausnahme aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für Kunst- und Kulturschaffende! (7)
(Bei Umsetzung dieser Verbesserungsmaßnahme erübrigen sich alle hier folgenden Forderungen.)
# Zumindest Ausnahme aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für alle Personen,
die bei anerkannten Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ (siehe oben 1.4.) beschäftigt werden.
# Zumindest Erweiterung der Ausnahmen aus der Beschäftigungsbewilligungspflicht auf weitere Berufsgruppen und flexiblere Beschäftigungsdauern. (8)

5.2.Bearbeitungsdauer
# Bearbeitung innerhalb weniger Tage. Insbesondere wenn die Arbeitgeber_innen anerkannte Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ sind (siehe oben 1.4.) maximal drei Werktage.

5.3.Voraussetzungen
# bei Künstler_innen, die bei anerkannten Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ (siehe oben 1.4.) beschäftigt werden, ist die Voraussetzung der künstlerischen Tätigkeit grundsätzlich nicht in Zweifel zu stellen.
# Grundsätzlich positive Entscheidung bzgl. Beschäftigungsbewilligung bei Arbeitgeber_innen, die anerkannte Kunst-, Kultur- oder Wissenschaftseinrichtungen laut „Liste“ sind (siehe oben 1.4.).

5.4. Sonstiges
(erübrigt sich bei Umsetzung zweiter Punkt von 5.1.)
# Arbeitserlaubnis für Künstler_innen
Die Voraussetzungen hinsichtlich vorangegangener Beschäftigungszeiten für den Erhalt einer Arbeitserlaubnis für Künstler_innen sind den zeitgenössischen Beschäftigungsrealitäten von Künstler_innen anzupassen!
grundsätzlich für alle Künstler_innen mit Aufenthaltsbewilligung (oder besserem/längerfristigerem Aufenthaltstitel)
sowie für alle ab z. B. 30 Beschäftigungstagen innerhalb von max. 14 Monaten (unabhängig vom Aufenthaltstitel)
# Befreiungsschein für Künstler_innen
Die Voraussetzungen hinsichtlich vorangegangener Beschäftigungszeiten für den Erhalt einer Arbeitserlaubnis für Künstler_innen sind den zeitgenössischen Beschäftigungsrealitäten von Künstler_innen anzupassen!
grundsätzlich für alle Künstler_innen mit Aufenthaltsbewilligung (oder besserem/längerfristigerem Aufenthaltstitel) erhältlich
sowie für alle ab z. B. 60 Beschäftigungstagen innerhalb von max. 24 Monaten (unabhängig vom Aufenthaltstitel; auch ohne vorangegangene Arbeitserlaubnis, direkt nach Beschäftigungsbewilligung)
# Zumindest Anrechnung der Beschäftigungszeiten mit einer Beschäftigungsbewilligung für Künstler_innen für die Anwartschaft auf eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein.

5.5. Sicherungsbescheinigung
(erübrigt sich bei Umsetzung zweiter Punkt von 5.1.)
# Ausnahme von der Sicherungsbescheinigung für alle Arbeitgeber_innen, die Künstler_innen anwerben – auch, wenn die betreffende Künstler_in erstmals in Österreich angestellt wird.
# Ausnahme von der Sicherungsbescheinigung für alle Arbeitgeber_innen, die Personen für Beschäftigungen im Rahmen von mit öffentlichen Mitteln geförderten Arbeitszusammenhängen anwerben

(1) Ein Aufriss der Problemlagen findet sich hier: http://www.igbildendekunst.at/fileadmin/user_upload/IGBK_Dateien/igbk_online/politik/brennpunkte/imag/mobilitaetsbarrieren_problemkatalog.pdf
(2) http://www.parlinkom.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00065_11/fname_165126.pdf
(3) Vgl. hierzu Ausnahmen aus Visumspflicht gem. FPG 2005 Durchführungsverordnung, §5 Ausnahmen von der Sichtvermerkspflicht im öffentlichen Interesse:
„Teilnehmer an Schulreisen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
benötigen für einen Kurzaufenthalt im oder für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet keinen Sichtvermerk, wenn
1. die Voraussetzungen nach § 2 vorliegen oder
2. die Voraussetzungen nach § 2 Z 1 und 2 vorliegen und der Betreffende ein Reisedokument vorweisen kann.
(4) Vgl. hierzu Website des BMA (http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/pass-und-visum/visa-merkblatt.html) zu den Anforderungen für die Erteilung von Visa: „Nachweis des Transportmittels (Reservierung oder Ticket)“ – eine Reservierung gilt hier als ausreichend!
(5) Vgl. hierzu Website des BMA betreffend Reise-, Kranken- und Unfallversicherung (http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/pass-und-visum/visa-merkblatt.html): „muss spätestens bei Abholung vorgelegt werden“
(6) D.h. konkret: Streichung des Satzes „Ich verpflichte mich weiters, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt – auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgeht – und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.“ aus der BMA-Vorlage für eine Verpflichtungserklärung (siehe http://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/bmeia/media/5-Buergerservice_Zentrale/ReiseGrenzverkehr/Verpflichtungserklaerung.pdf)
(7) Vgl. AuslBG § 1 (2): „Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf“ … lit. i: „Ausländer in öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst und deren Ehegatten und Kinder;“
(8) AuslBG § 3 (4): „Ausländer, die Konzert- oder Bühnenkünstler oder Angehörige der Berufsgruppen Artisten, Film-, Rundfunk- und Fernsehschaffende oder Musiker sind, dürfen
a) einen Tag oder
b) vier Wochen im Rahmen einer künstlerischen Gesamtproduktion zur Sicherung eines Konzerts, einer Veranstaltung, einer Vorstellung, einer laufenden Filmproduktion, einer Rundfunk- oder Fernsehlivesendung
ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt werden. Die Beschäftigung ist vom Veranstalter bzw. Produzenten am Tag der Arbeitsaufnahme der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen.“

Download: AUGE04-BAK-Mobilitaetsbarrieren_KuenstlerInnen

Antrag 3 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer spricht sich gegen die Bestimmungen im Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 aus, wonach Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 auch im Rahmen der Familienzusammenführung verlangt werden und fordert die Innenministerin dazu auf, die Forderung nach A1 vor der Einreise ersatzlos zu streichen und stattdessen leicht zugängliche und den Lernbedürfnissen der MigrantInnen entsprechende Lernangebote in Österreich zu schaffen.

Begründung

Diverse NGOs1 sind einer Meinung: das Recht auf Familienleben (Art 8 EMRK) muss beachtet werden und die Verweigerung des Familiennachzugs aufgrund fehlender Sprachkenntnisse stellt eine Verletzung dieses Rechts dar.
Die Wiener Volkshochschulen und Caritas drucken ihre Besorgnis darüber aus, dass bildungsferne Menschen überhaupt keine Möglichkeit der Zuwanderung hätten. Dies schränkt in Folge allerdings die Optionen vieler MigrantInnen, ihr Recht auf Privat- und Familienleben gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention in Österreich wahrzunehmen, massiv ein bzw. verhindert dies. Es kann nicht von Menschen, die Österreich legal zuwandern lässt, verlangt werden, dass sie ihre EhepartnerInnen bereits vorab nach den österreichischen Fremdengesetzen und ihren Anforderungen wählen.
Zusätzlich muss gesagt werden, dass Sprachkenntnisse im Inland wesentlich leichter und effizienter erworben werden können, da laufend Kontakt mit der zu erlernenden Sprache besteht.

1 Amnesty International (http://www.amnesty.at/informiert_sein/fremdenrechtsaenderungsgesetz_2011/)
Wiener Volkshochschulen (http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00251_58/fname_205373.pdf)
Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen (http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00251_19/fname_205237.pdf)
Caritas (http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00251_23/imfname_205245.pdf)

Download: AUGE03-BAK-Deutschkenntnisse

Antrag 2 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer spricht sich gegen die Wiedereinführung von Schubhaft für Minderjährigen im Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 über die Hintertür der „Freiwilligkeit“ aus: „begleiten“ Kinder ihre Eltern nicht in Schubhaft, werden sie nicht nur von ihren Eltern getrennt, sondern können auch getrennt abgeschoben und von ihren Eltern auf Dauer getrennt werden. Die Bundesarbeitskammer fordert die Innenministerin dazu auf, diese Bestimmung im Sinne des Vorrangs des Kindeswohls, der Kinderrechtskonvention und der Asylrichtlinien der EU entsprechend zu ändern und generell von Schubhaft für Minderjährige abzusehen.

Begründung:

Im § 76 Abs 1a FrÄG 2011 findet sich das Verbot der Anhaltung von unmündigen Minderjährigen. Im § 79 Abs 5 FrÄG 2011 wird über die Hintertür der „Freiwilligkeit“ die Schubhaft für alle Minderjährigen wieder eingeführt: Eltern werden durch diese Bestimmung unter Druck gesetzt, ihre Kinder in die Schubhaft mitzunehmen, da ihnen sonst die Obsorge entzogen wird. Ein solches Vorgehen widerspricht Art 8 EMRK. Nach Ansicht von Amnesty International sollten für Familien mit Kindern im Sinne des Vorrangs des Kindeswohls (wie dies in Art 17 Abs 5 der EU-Rückführungsrichtlinie vorgesehen ist) prinzipiell Alternativen zur Schubhaft vorgesehen werden.
Das neu eingeführte Instrument der „freiwilligen“ elterlichen Mitnahme von Minderjährigen in die Schubhaft führt die Kernschutzprinzipien der Kinderrechtskonvention ad absurdum.
Der Entzug der Freiheit ist die schärfste Bestrafung, die unser Rechtssystem kennt. Schubhaft darf nur im Ausnahmefall und als allerletztes Mittel eingesetzt werden und schon gar nicht bei Kindern!
Auch Caritas Österreich drückt ihre Besorgnis darüber aus:
„Es darf nicht sein, dass Eltern unter Druck gesetzt werden, ihr minderjähriges Kind mit in Schubhaft zu nehmen, da es ansonsten dem Jugendwohlfahrtsträger übergeben wird. Eltern in einem fremden Land, die vielleicht gar nicht wissen, was der Jugendwohlfahrtsträger ist, werden in der psychischen Ausnahmesituation ihrer Festnahme niemals freiwillig auch noch eine traumatische Trennung von ihrem Kind hinnehmen. Das Kind selbst würde der Gefahr einer schweren Traumatisierung ausgesetzt und eventuell in einem Umfeld, dessen Sprache es nicht versteht, untergebracht. Folglich wird die neu eingeführte Bestimmung, dass unmündige Minderjährige nicht in Haft zu nehmen sind, de facto sofort wieder zu totem Recht gemacht und Kinder im Rahmen einer nur als zynisch zu bezeichnenden Regelung weiterhin in Schubhaft verbracht. Ein Verständnis im Sinne der Kinderrechte muss jedenfalls dazu führen, dass Familien mit kleinen Kindern NICHT in Schubhaft zu verbringen sind, sondern lediglich in entsprechenden Ausnahmefällen begründet ein Gelinderes Mittel verhängt werden kann. Die Caritas fordert hier eindringlich auf, die Stimme einer breiten Öffentlichkeit ernst zu nehmen und Kinderrechte unteilbar für alle Kinder umzusetzen. Darüber hinaus erscheint die Übertragung der gesamten Obsorge auf den Jugendwohlfahrtsträger überschießend.“

Ressourcen:
Amnesty International
http://www.amnesty.at/informiert_sein/fremdenrechtsaenderungsgesetz_2011/
Caritas Österreich
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00251_23/imfname_205245.pdf

Download: AUGE02-BAK-Kinder-Schubhaft

Antrag 1 zur 148. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2011

Im Rahmen einer Pressekonferenz am 3. Mai 2011 sprachen sich die Präsidenten der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer, kurz darauf auch die Finanzministerin, für weitere Privatisierungen zum Abbau der Staatschulden sowie zur Reduktion der aus Staatschulden resultierenden Zinsbelastung aus. IV und WKÖ erwarten sich aus den Privatisierungen von u.a. Energieversorgern, Bundesimmobilien und Bundesforsten, aber auch bei Flughäfen, beim Wiener Hafen und der Münze Österreich Erlöse im Ausmaß von rund 25 Mrd. Euro.

Privatisierungen sind allerdings – gerade auch zur Budgetkonsolidierung bzw. zum Staatschuldenabbau – entschieden abzulehnen:
Vermeintliche Privatisierungs“erlöse“ der letzten Jahre entpuppen sich als Nettoverluste:
so brachten die letzten (Teil-)Privatisierungen von OMV, Post und Telekom seit 2006 laut AK und ÖGB durch Schuldenabbau zwar eine Zinsersparnis von knapp 500 Mio. Euro, kosteten allerdings gleichzeitig entgangene Gewinnanteile von Euro 1,7 Mrd. Anders gesagt: dem jährlichen Verlust von rund 336 Mio. Euro an Gewinnentgang stand eine Zinsersparnis von Euro 100 Mio/Jahr gegenüber. Über die letzten fünf Jahre gerechnet entstand somit ein Verlust von 1,2 Mrd. Euro.

Ursache für steigende Staatsverschuldung liegt in Wirtschaftskrise begründet: Verantwortlich zeichnet sich für die von 2008 bis 2010 deutlich steigende Staatsschuld die Wirtschaftskrise und nicht, wie IV und WKÖ suggerieren, im öffentlichen Eigentum stehende Unternehmungen. So sind laut AK-Studie rund 75% des Gesamtschulden­zuwachses von 2008 bis 2010 – das sind 27,9 Mrd. von 37,4 Mrd. Euro – der Wirtschafts­krise geschuldet: krisenbedingter Einnahmeausfall, insb. bei Körperschafts- und Kapitalertragssteuer, Eigenkapitalzufuhr im Rahmen der Bankenrettungspakete, Konjunktur­maßnahmen, Mehrausgaben für Arbeitslosigkeit, etc. Es besteht also keinerlei Ursache – Wirkung-Zusammenhang zwischen Staatschulden und öffentlichem Eigentum an Unternehmen.

Privatisierungen unter Druck führen jedenfalls zu geringeren Erlösen:
Wurden in letzter Zeit bereits seitens des Rechnungshofs „unter Wert“-Privatisierungen (z.B. Fall BUWOG) kritisiert, drohen sich im Falle von Privatisierungen unter Druck Verkäufe deutlich „unter Wert“ zu wiederholen. Ein gutes Geschäft sind derartige Privatisierungen zwar für die privaten Investoren, weniger jedoch für den bislang öffentlichen Eigentümer, für welchen der Erlös deutlich unter den Erwartungen bleibt. Es liegt der Verdacht nahe, dass der durch die Staatschulden entstanden finanzielle Druck auf die öffentlichen Haushalte und Gebietskörperschaften von potentiellen privaten Investoren aus Industrie und Finanz­wirtschaft als willkommener Anlass dient, durch öffentliche Meinungsmache verstärkten Druck Richtung Verkauf öffentliche Beteiligungen deutlich unter „realem“ bzw. Marktwert, um Budgetlöcher zu stopfen und Schulden abzubauen, auszuüben.

Privatisierungen der letzten Jahre sind entscheidend mitverantwortlich für die Wirtschaftskrise. Neue Privatisierungen bergen ein wirtschaftspolitisches Risikopotential in sich:
Als wesentliche Ursache für Entstehen der Finanz- und daraus resultierenden Wirtschafts­krise kann die Privatisierung sozialer Sicherungssysteme (Pensionsfonds) sowie bislang öffentlicher Unternehmen angesehen werden. Nicht zuletzt die Privatisierung der Pensionsvorsorge und daraus resultierender milliardenschwerer Pensionsfonds verstärkten – um neue Möglichkeiten der rentablen Veranlagung zu finden – den Druck auf die Privatisierung bislang öffentlicher Unternehmen. Veranlagungen nahmen dabei zunehmend einen hochspekulativen und -riskanten Charakter an, welche, begünstigt durch weitestgehend deregulierte und liberalisierte Finanzmärkte, nach Platzen der spekulativen Blasen zur Finanz- und anschliessend Wirtschaftskrise führten. Angesichts nach wie vor bestehender, nicht einmal ansatzweise behobener Regulierungsdefizite der Finanzmärkte drohen weitere Privatisierungsrunden krisenhafte Entwicklungen einmal mehr zu begünstigen.
Darüberhinaus sprechen auch grundsätzliche Überlegungen für öffentliches Eigentum an Unternehmen (Versorgungssicherheit, Preisgestaltung, Beschäftigung, öffentliche Kontrolle, volkswirtschaftliche Bedeutung, Kostenstruktur etc.), weshalb sich die AK Wien bereits in der Vergangenheit für eine Ausweitung von öffentlichem (Mit-)Eigentum an Betrieben aus Beschäftigungs-, Wirtschafts- und regionalpolitischen Gründen ausgesprochen hat (z.B. über eine öffentliche Beteiligungs- bzw. Auffanggesellschaft, „GBI-neu“).

Eine nachhaltige Sanierung der Haushalte, die Aufarbeitung und Bewältigung der Krisekosten kann daher nicht über Privatisierungen erfolgen, sondern muss bei Ursachen bzw. Verursachern der Krisenkosten ansetzen. Es ist nur selbstverständlich, dass jene, deren Vermögen und Besitz im Rahmen von Milliarden Euro schweren Bankenrettungs- und Konjunkturpaketen von der steuerzahlenden, nichtvermögenden Allgemeinheit – in der Mehrheit ArbeitnehmerInnen – gerettet wurden, nun ihren Beitrag zum finanziellen Abbau der Krisenkosten leisten: über eine entsprechende Besteuerung von Vermögen, Vermögensübergängen, Vermögens­zuwächsen, Finanzmarktgeschäften, Finanztransaktionen und Spekulationsgewinnen.
In diesem Sinne spricht sich die Bundesarbeitskammer entschieden gegen die Privatisierung von Unternehmen in öffentlichem (Mit)Eigentum zur Budgetkonsolidierung bzw. zum Abbau öffentlicher Schulden aus, und lehnt entsprechende Vorstösse der WKÖ, IV und Finanzministerin ab.
Der Abbau der im Zuge der Wirtschaftskrise entstandenen Kosten muss entsprechend dem Verursacherprinzip einnahmeseitig vor allem bei einer höheren Besteuerung von Vermögen, Vermögensübergängen und –zuwächsen sowie Finanztransaktionen ansetzen, ausgabenseitig bei einer Wirtschaftspolitik, welche Beschäftigung in „guter Arbeit“ fördert und entsprechend Ausgaben für Arbeitslosigkeit reduziert.

Download: AUGE01-BAK-Privatisierungen