der AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 165. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 21. Juni 2018
Antrag mehrheitlich zugewiesen
FSG, ÖAAB, FA: für Zuweisung
Antragsbehandlung im Vorstand
Die 165. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:
Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert
- die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Ausbildung und Qualifikation in der Arbeitslosenversicherung;
- die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf personenbezogene Beratung und Betreuung arbeitsloser Menschen;
- die Etablierung des Grundsatzes „Ausbildung vor Niedriglohn“ als zentrale Bedingung der Vermittlung;
- die Schaffung nachhaltiger Instrumente aus der experimentellen Arbeitsmarktpolitik, vergleichbar der früheren Aktion 8.000 oder der zu Jahresbeginn eingestellten Aktion 20.000;
- eine bessere personelle Ausstattung des AMS nicht allein bei BeraterInnen, auch in der personellen Ausgestaltung von Bildungsangeboten, in der personenbezogenen Sozialarbeit und Beratungstätigkeit und der Betreuung von Menschen mit sehr spezifischen Problemen und Bedürfnissen;
- die Beibehaltung der frauenpolitischen Zielsetzung des AMS sowie die Verbesserung der Umsetzung bzw. der Zielerreichung (etwa beim Einsatz von Fördermittel) und
- die Verbesserung und den Ausbau der Angebote des AMS für Menschen mit spezifischen Problemlagen und besonderen Bedürfnissen auf Grund einer Behinderung oder gesundheitlicher Einschränkungen.
Das Arbeitsmarktservice hat in der Vergangenheit regelmäßig zu wenig Mittel und Möglichkeiten erhalten, um seine notwendigen Aufgaben bei der Unterstützung von arbeitslosen Menschen zielführend und effektiv zu erfüllen:
Die in der EU zweitniedrigste Ersatzrate hatte eine faktisch exkludierende Wirkung, insbesondere bei Menschen mit geringer formaler Ausbildung;
Die Mittel für Ausbildung und Unterstützung bei der beruflichen Inklusion waren stets zu niedrig;
Die personelle Ausstattung des AMS war, durch ihre Knappheit, nie wirklich auf individuelle, nachhaltige und personenbezogene Unterstützung der Betroffenen, sondern gezwungenermaßen auf Verwaltung von Personen ausgerichtet;
Die alleinige Zuständigkeit für Maßnahmen der sozialen und gesundheitlichen Inklusion von Menschen mit familiären Problemen, Gewalterfahrungen, gesundheitlichen Einschränkungen oder Menschen mit Behinderungen kann nicht beim AMS liegen. Es muss mehr überinstitutionelle Kooperation zwischen den für die jeweiligen Problemlagen zuständigen Einrichtungen, wie etwa dem Sozialministeriumsservice, dem Integrationsfonds, den Kranken- und Pensionsversicherungsträgern, den LandesschulrätInnen, den Trägern der Mindestsicherung oder Gewaltschutzeinrichtungen usw. geben. Das AMS ist also strukturell oft gezwungen, Notlagen und Probleme am Arbeitsmarkt aufzufangen, kann diese aber kaum bewältigen. Es ist notwendig betroffene Menschen bei der Überwindung der Problemlagen zu unterstützen und so eine dauerhafte und nachhaltige berufliche Inklusion zu erreichen.
Das AMS wurde auch nicht in die Lage versetzt, mit erfolgreichen Arbeitsmarktinstrumenten auf neu entstehende und größer werdende Problemlagen zu reagieren, wie es etwa das deutlich erhöhte Arbeitslosigkeitsrisiko von Menschen über 50 Jahren, das hohe Arbeitslosigkeitsrisiko von Menschen mit geringer formaler Ausbildung oder die Umstellung auf neue Arbeitsmittel im Zuge der Digitalisierung erfordern würde. Im Gegenteil: erfolgversprechende Ansätze, wie etwa die Aktion 20.000, wurden aus ideologischen Gründen eingestellt, ehe sie wirksam werden konnten. Ebenso werden die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik 2018 faktisch und strukturell, im Jahr 2019 sogar in Zahlen verringert: Die schwarz-blaue Bundesregierung zielt auf Fortsetzung des Systems der Mangelverwaltung statt auf Verbesserung der Arbeitsmarktpolitik ab.
Die gegenwärtig von der schwarz-blauen Bundesregierung geführte Kampagne gegen das AMS zielt nicht auf Verbesserung des AMS, seiner Arbeit und seiner Arbeitsergebnisse ab, sondern auf eine ideologisch begründete Zerschlagung von Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik, der Umlenkung von Mittel der Arbeitsmarktpolitik zu Unternehmenssubventionen und die strukturelle Gleichschaltung des AMS im Sinne der Bundesregierung ab.
Arbeitsmarktpolitik ist weder Erfüllungsgehilfe ideologisch geprägter Wünsche einer Bundesregierung noch ein Subventionsinstitut für Unternehmen. Als Träger der Arbeitsmarktpolitik hat es die ihm zur Verfügung stehenden Mittel sinnvoll und zielführend einzusetzen. Der Erfolg eingesetzter Mittel ist zu messen in der Fähigkeit, Menschen mit sozialen, familiären, ausbildungsbedingten, gesundheitlichen oder sonstigen Inklusionshemmnissen bei der Überwindung der Probleme und der nachhaltigen beruflichen Inklusion zu unterstützen. Dabei gibt es Vieles zu verbessern.
Wesentlich ist aber, dass diese Inklusionsleistungen nicht als Abfallprodukt von Unternehmenssubventionen betrachtet werden können, sondern eine eigenständige Aufgabe mit eigenständiger Agenda darstellen müssen: Es wäre geradezu absurd, Maßnahmen zur Überwindung ausbildungsbedingter, gesundheitlicher, sozialer oder auf Grund einer Behinderung bedingten Ausgrenzung gerade jenen zu übertragen, die diese Ausgrenzung aus ökonomischen Gründen umsetzen: den Unternehmen.
Eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik muss sich an jenen orientieren, die es am schwersten haben, ihre Problemlagen zu überwinden. Das ist eine Aufgabe, die von Markt- und Profitinteressen nicht gelöst werden kann. Es bedarf daher einer mit ausreichenden Mitteln und entsprechendem Personal sowie entsprechenden gesetzlichen Möglichkeiten ausgestatteten Einrichtung, um diese Aufgabe als gesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen. Diese Einrichtung ist das AMS.
Arbeitsmarktpolitik kann nur erfolgreich sein, wenn das AMS als Träger der Arbeitsmarktpolitik in der Lage ist, auf die Probleme und Bedürfnisse der arbeitslosen Menschen einzugehen, ihnen Angebote zur Überwindung der Ursachen von Arbeitslosigkeit (wie etwa Ausbildungsdefizite, gesundheitliche Einschränkungen, fehlende formale Bildungsabschlüsse, familiäre Probleme,…) zu machen und Instrumente zu nutzen, um Aspekte der Ausgrenzung und Diskriminierung am Arbeitsmarkt zu überwinden.