Begründung
Die ÖVP fordert einen Automatismus im Pensionsrecht, der steigenden Bedarf an Bundesmittel im Pensionssystem und Erhöhung der Lebenserwartung automatisch auf die Faktoren Pensionsantrittsalter, Kontoprozentsatz, Pensionserhöhung, Beitragshöhe und Mittel aus dem Budget aufteilt.
In der letzten Gesetzgebungsperiode gab es über die Form der Umsetzung dieses Automatismus eine Debatte zwischen den Großparteien (Umsetzung via Verordnung oder durch Beschluss des Nationalrats). Kernproblem ist jedoch NICHT die Form der Umsetzung, sondern der Automatismus an sich: Der Automatismus hat nämlich zur Folge, dass dringend notwendige Verbesserungen wie etwa die Bewertung der Kinderbetreuungszeiten oder die Anhebung des Ausgleichszulagen-Richtsatzes auf die Armutsgefährdungsschwelle den Automatismus auslösen.
Die Tatsache, dass Menschen heute länger leben als noch vor zwanzig Jahren, ist eine erfreuliche und darf nicht zum Problem umgedeutet werden. Auch ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung ist in erster Linie eine erfreuliche Entwicklung und löst nicht zwangsläufig Finanzierungsprobleme in der Pensionsversicherung aus: So zeigt etwa die Langfristprognose der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung, dass der Anteil der Bundesmittel zur Finanzierung der Pensionen zwar bis etwa 2035 um ca. 10 Prozentpunkte ansteigt, in der Folge jedoch bis zum Jahr 2050 wieder auf den gegenwärtigen Stand sinkt. Der Anteil der Bundesmittel sinkt also, obwohl der Anteil der PensionistInnen in gleichen Zeitraum von heute etwa einem knappen Viertel der Bevölkerung auf ein knappes Drittel der Bevölkerung steigt. Das bedeutet also, dass mit weitgehend gleichbleibenden Mitteln ein erheblicher größerer Anteil der Bevölkerung existenziell abgesichert werden muss.
Wir brauchen keinen Pensionsautomatismus, der die Kosten des Systems möglichst niedrig hält, sondern ein System, das gegen Altersarmut absichert und ein Altern in Würde ermöglicht.
Die Anhebung des Pensionsantrittsalters ist jedenfalls so lange absurd, als Angehörige vieler Berufsgruppen (Bauarbeiter, Exekutive, Pflegeberufe,…) nicht einmal das 60. Lebensjahr aktiv erreichen und daher eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension in Anspruch nehmen müssen. Die Anhebung des Beitragssatzes wirkt kontraproduktiv (sog. „Lohnnebenkosten“). Pensionserhöhungen unter der Inflationsrate wirken sich unmittelbar negativ auf den Konsum aus und die Senkung des Kontoprozentsatzes wirkt sich praktisch erst viele Jahre später aus (wenn die Problemlage allen demografischen Prognosen nach schon längst überwunden ist). Die Maßnahmen schaffen zusätzliche Probleme, statt ein angebliches Problem zu lösen.
In gesellschaftspolitischer Hinsicht ist auch noch darauf hinzuweisen, dass eine Umwälzung der höheren Bundesmittel auf alle Versicherten und PensionistInnen nur eines automatisch auslösen kann: Eine Neiddebatte zwischen Menschen mit niedrigerer und höherer Pension (Ausgleichszulagenrichtsatz), zwischen Männern und Frauen (Teilversichertenzeiten), zwischen Selbständigen, Unselbständigen und BeamtInnen („Partnerbeitrag“) sowie Aktiven und PensionistInnen (Pensionserhöhung/Beitragserhöhung).