Die, zwischen Bund und Land getroffene Vereinbarung zur Mindestsicherung sieht im Artikel 13.3.2. eindeutig vor, dass Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und Kinderabsetzbeträge bei der Berechnung des Anspruches nicht als Einkommen zählen. In der NÖ Umsetzung dieser Vereinbarung wird in der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln (§2.1.4.) durch den Zusatz „mit Ausnahme der Zuwendungen, die für den Hilfe Suchenden gewährt werden“ die erhöhte Familienbeihilfe auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung angerechnet.
Die erhöhte Familienbeihilfe wird nur dann gewährt, wenn der Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt oder der Betroffene aufgrund seines „Leidens oder Gebrechens“ dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Um die erhöhte Familienbeihilfe zu bekommen, muss die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten sein. Der Anspruch wird durch eine amtsärztliche Untersuchung festgestellt und trägt dem Umstand Rechnung, dass man als Bezieher dieser Sozialleistung höhere Ausgaben für den Lebensunterhalt hat. Therapien, orthopädische Hilfsmittel, soziale Dienste, Unterstützung im Haushalt und vieles mehr verursachen erhebliche Kosten.
Von dieser ungerechten und nicht vertragskonformen Reduktion der Mindestsicherung in NÖ sind vor allem jene Menschen betroffen, die trotz gesundheitlicher Erschwernisse ein selbständiges Leben führen wollen.
„Die Kürzung der Mindestsicherung trifft ausschließlich Personen, bei denen es sich jetzt schon hinten und vorne nicht ausgeht: Menschen mit schweren Beeinträchtigungen, die deshalb kein Erwerbseinkommen erzielen können. Personen, die chronisch krank sind und deren Gesundheitszustand sich in der Regel nicht verbessert, sondern maximal stabil gehalten werden kann. Menschen, deren Situation – ohne die entsprechende Unterstützung in gesundheitlichen Belangen – sich rasch weiter verschlechtert.“ (Zitat: Armutskonferenz).
Der Verein VertretungsNetz, ein Verein für Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft und Bewohnervertretung, legte aus diesem Grund in vier Musterfällen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Dieser stellte bisher in zwei Fällen eine gleichheitswidrige Behandlung der betroffenen Personen fest.
Die Vollversammlung der AK NÖ möge daher beschließen:
Die Arbeiterkammer NÖ fordert die NÖ Landesregierung auf:
- Den § 2.1.4. der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln an den Artikel 13.3.2 der15a B-VG Vereinbarung zur Mindestsicherung anzupassen und die unrechtmäßige Anrechnung der (erhöhten) Familienbeihilfe auf die Bemessungsgrundlage für die Mindestsicherung umgehend zu stoppen!
- keine weiteren Versuche zu starten, die erhöhte Familienbeihilfe, die einen Ausgleich für die erhöhten Lebenserhaltungskosten von Menschen mit Behinderung darstellt, in irgend einer Form bei der Berechnung des Anspruches auf Mindestsicherung zu berücksichtigen.
Weiters fordert die AK NÖ den Sozialminister auf:
- die Nicht-Anrechenbarkeit der (erhöhten) Familienbeihilfe auf die Bemessung des Einkommens für die Mindestsicherung durch eine entsprechende Festlegung im Familienlastenausgleichsgesetz zu verankern.
- rechtliche Schritte gegen das Land Niederösterreich zu setzen, wenn die in NÖ gängige Praxis, den Artikel 15a B-VG Vereinbarung zur Mindestsicherung zu brechen, weiter bestehen bleiben sollte