Antrag 11 / Kein Aushebeln des § 101 Arbeitsverfassungsgesetz „verschlechternde Versetzungen“

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich zugewiesen:
ÖAAB, FA, GA, Persp, FAIR, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
FSG: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien setzt sich dafür ein, diese Praxis der Aushebelung der Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei Versetzungen durch geeignete rechtliche aber auch politische Maßnahmen zu unterbinden.

In den letzten Jahren ist immer öfter ein Aushebeln der Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei Versetzungen durch die Arbeitgeber*innen, insbesondere im Dienstleistungsbereich, festzustellen. § 101 ArbVG stellt fest: „Ist mit der Einreihung auf einen anderen Arbeitsplatz eine Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden, so bedarf sie zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates.“

Stimmt der Betriebsrat einer Entgeltreduktion nicht zu, wird oft seitens der Arbeitgeber*innen dem/der betroffenen Arbeitnehmer/in angedroht, eine Änderungskündigung zu noch schlechteren Bedingungen durchzusetzen, als bei der zuvor angedrohten verschlechternden Versetzung vorgesehen war. Dadurch wird die Schutzbestimmung des § 101 ausgehebelt.

Die wenigsten Arbeitnehmer*innen sind danach bereit, diese offensichtliche Benachteiligung vor Gericht zu bekämpfen. Zudem dürfte die Judikatur nicht gerade arbeitnehmer*innen-freundlich sein. Die Arbeits- und Sozialgerichte dürften in der Regel, im Falle der Ablehnung des Betriebsrates zur verschlechternden Versetzung, eine Gehaltsreduktion von 15 bis 20 Prozent als akzeptabel betrachten und eine Klage des/der Arbeitnehmer*in abweisen. Insofern muss der/die betroffene Arbeitnehmer*in in jedem Fall eine Gehaltsreduktion akzeptieren, wenn sie/er den Job nicht verlieren möchte.

Bei diesem Aushebeln handelt es sich geradezu um ein Paradebeispiel von struktureller Macht der Arbeitgeber*innen im österreichischen Rechtssystem. Der Zynismus dieser Arbeitgeber*innen wird noch weiter auf die Spitze getrieben, wenn sich die schon positive Ertragslage der betroffenen Unternehmen weiter erhöht haben und gleichzeitig Gehaltsreduktionen bei den Arbeitnehmer*innen durchgesetzt werden.

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