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Antrag 07 / Praktika im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich zugewiesen:
FA, GA, ARGE, GLB, Kom.: ja
FSG, ÖAAB, Persp, FAIR, Türk-is: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien fordert von Politik, Fördergebern, Versicherungsträgern und Trägern der Einrichtungen, diese Verbesserungen für Praktikant*innen und Volontär*innen unverzüglich in die Wege zu leiten.

Praktika und Volontariate sind ein wesentlicher Teil vieler Ausbildungen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich. Eine Phase des Lernens, der Annäherung (weg von Theorie) an die Arbeitsrealitäten. Aber auch eine Erprobung in der Arbeitsrealität, mit allen Anforderungen und Belastungen.
Viele Ausbildungen schreiben aus gutem Grund Praktika und Volontariate vor. In der Realität ist es oft nicht einfach, einen Praktikumsplatz zu bekommen und wenn man einen hat, ausreichend Wissen vermittelt zu bekommen – vielfach wird man als billige Arbeitskraft missbraucht, um Personalknappheit zu kompensieren. Anleitende und unterstützende Fachkräfte sind dann selten, wenn die Personalknappheit auf Praktikant*innen ausgelagert wird.
Was braucht es, um Praktika und Volontariate sinnvoll und sinnerhaltend zu gestalten:

  1.  Eine Unterstützung bzw. Verpflichtung der Träger, Einrichtungen und Betriebe, Ausbildungen zu fördern und durch Praktikumsplätze zu ermöglichen.
    Betriebe und Einrichtungen, die die erforderlichen Kapazitäten hätten, aber das nicht leisten wollen, sollten von den Fördergeldern und der Finanzierung der Träger ausgenommen werden. Es muss im Interesse der Gesellschaft, unser aller Interesse sein, das gute Ausbildungen ermöglicht werden.
  2. Eine volle Unterstützung und Finanzierung der öffentlichen Hand und Institutionen.
    Praktika brauchen Personal, das Praktikant*innen anleitet, unterstützt, beaufsichtigt, unterrichtet. Praktikumsverantwortliche ad Personam müssen mit den Ausbildungseinrichtungen zusammenarbeiten, Unterrichtsinhalte kennen, den Arbeitsauftrag an das Praktikum kennen, sich um die Umsetzung im Betrieb kümmern. Ohne Personal- und Zeitressourcen geht das nicht.
  3. Versicherungszeiten
    Praktikannt*innen müssen Sozialversichert werden. Für diese Zeit sollten auch Ansprüche auf Arbeitslosengeld, Versicherungszeiten, Pensionszeiten im vollen Umfang geltend gemacht werden.
  4. Stipendien während der Phase des Lernens und der Praktika bis zur Entlohnung während der Praktika, wenn dort Arbeit geleistet wird. Beides ist relevant, damit die wirtschaftliche Möglichkeit zur Absolvierung einer gesellschaftsrelevanten Ausbildung gegeben ist
    Wir alle brauchen gut ausgebildete Fachkräfte in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Pflege. Also sollten wir diese Ausbildungen auch fördern.
  5. Gratiszugang zu den erforderlichen Impfungen und Tests
    Viele Einrichtungen schreiben sowohl Gesundheitstest, Strafregisterauszug, aber auch Impfungen vor, bevor man dort tätig werden darf. Dies dient sowohl dem Selbstschutz, dem Schutz der Einrichtung wie auch dem Schutz der Klient*innen. Diese erforderlichen Zeugnisse, Impfungen und Maßnahmen sollten den Lernenden /Studierenden in den Bereichen der Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe gratis zugänglich sein.
  6. Sozialrechtliche Absicherung von Praktika und Ausnahmen von normalen Dienstverhältnissen
    Die Regelungen der AUVA und der ÖGKK sehen Praktikumsmerkmale bei Schüler*innen und Student*innen und Volontär*innen gegeben. Auch in der Erwachsenenbildung, am 2ten Bildungsweg und deren Berufsausbildungen sind Praktika vorgeschrieben. Es braucht, wenn Praktikant*innen ein Gehalt bezahlt wird, Ausnahmeregelungen zu sonstigen Dienstverhältnissen und Arbeitsverhältnissen. Die Ausbildung steht dabei im Vordergrund, der Erwerb praktischer Erfahrung zum theoretischen Wissen im Rahmen der Ausbildung. Das ist kein klassisches Beschäftigungsverhältnis und bedarf entsprechender Ausnahmeregelungen.

Antrag 06 / Diplomausbildungen an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nicht streichen

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich abgelehnt:
ÖAAB, FA, Persp, , FAIR, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
GA: für Zuweisung
FSG: nein

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

  • Die AK Wien fordert die Bundesregierung auf, das Außerkrafttreten der Diplomausbildung gemäß §117 (27) aufzuheben oder zur besseren Planbarkeit die Frist um fünf Jahre zu erstrecken.
  • Zudem ist sicherzustellen, dass die Rahmenbedingungen, wie Durchlässigkeit der Pflegeausbildungen, berufsbegleitende Angebote an den FHs, Existenzsicherung im Rahmen der Erwachsenenbildung rechtzeitig geschaffen werden.

Mit 1. Jänner 2024 treten die bisherigen Bestimmungen zur Ausbildung zur/zum DGKP außer Kraft. Ausbildungen in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege, die vor diesem Zeitpunkt begonnen worden sind, sind nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen fortzusetzen und abzuschließen.

Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (jetzt Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) hat gemäß § 117 Abs. 27 GuKG durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung) einen späteren Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens zu bestimmen, sofern dies auf Grund der Ergebnisse der Evaluierung gemäß Abs. 21 erforderlich ist, insbesondere sofern die Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege durch Fachhochschul-Bachelorstudiengänge noch nicht ausreichend und bedarfsdeckend sichergestellt ist.

Der bestehende Personalmangel in allen Bereichen der Pflege hat die Systeme in- und außerhalb der Kliniken bereits dazu genötigt, dass vorhandene „Bettenkapazitäten“ nicht genutzt werden können. Die Kolleg*innen in der Pflege arbeiten auf Grund des Personalmangels ständig an bzw. über der Belastungsgrenze, dies führt auf Dauer auch zu einem Qualitätsverlust in der Pflege. Es ist bereits jetzt ersichtlich, dass die Absolvent*innen der Bachelor-Lehrgänge den Bedarf an gehobener Pflege nicht ausreichend sicherstellen können.
Im GuKG § 117 (27) muss daher das Außerkrafttreten der Diplomausbildung gestrichen werden. Dies würde bedeuten, dass der nichtakademische Zugang zur Gehobenen Pflege über die Gesundheits- und Krankenpflegeschulen bestehen bleibt.

Das Außerkrafttreten der Diplomlehrgänge in den Bundesländern gehört dringend aufgehoben, um hier erstens den Personalbedarf über diese wertvolle Ausbildungsmöglichkeit zu decken aber auch, um Nichtakademiker*innen den Zugang zur gehobenen Pflege weiterhin zu ermöglichen. Dies hat immer und wird weiterhin viele Menschen zum Pflegeberuf führen.

Zusätzlich zur Bachelor-Ausbildung ist die Diplomausbildung eine unverzichtbare und bewährte Bereicherung in den Pflegeausbildungen.
Zudem hätten künftig Pflegeassistent*innen keine Chance mehr, eine Aufschulung zum Diplom zu bekommen. Sie erfüllen die Voraussetzungen für den FH-Zugang nicht. Es gibt keine berufsbegleitenden Angebote an den FHs. Die für Menschen, die bereits im Berufsleben stehen, notwendige Existenzsicherung ist nicht gegeben. Das Fachkräftestipendium ist nicht für FH-Ausbildungen geöffnet worden.

Um vorhandene Ausbildungsstrukturen zu erhalten, muss bereits jetzt eine Klarstellung stattfinden, dass die genannte Ausbildungsform auch über das Jahr 2023 hinaus bestehen bleibt. Das Warten auf das Evaluierungsergebnis ist für alle Betroffenen nicht zumutbar.

Antrag 05 / Effektiver Arbeitsmarktzugang für Asylwerber*innen

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, Persp, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
GA, FAIR: für Zuweisung
ÖAAB, FA: nein

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die AK Wien setzt sich für einen effektiven Zugang von Asylwerber*innen zum Arbeitsmarkt ein. Menschen auf der Flucht soll die Möglichkeit gegeben werden, ein selbstbestimmtes Leben zu begründen.
Die AK Wien fordert daher die Bundesregierung und das Bundesministerium für Arbeit auf,

  • den Erlass vom 12. September 2018 sowie den darin verwiesenen Erlass vom 11. Mai 2004 ersatzlos zu beseitigen.
  • die bei Ratifizierung der GFK abgegebenen Vorbehalt zu Art 17 Abs 1 und Abs 2 GFK, der den Zugang von Flüchtlingen zum unselbständigen Arbeitsmarkt regelt, zurückzunehmen.
  • einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt zu garantieren, insbesondere durch Streichung der Voraussetzungen einer einhelligen Befürwortung des Regionalrates gemäß § 4 Abs 3 AuslBG und der Arbeitsmarktprüfung mittels Ersatzkraftverfahren gemäß §§ 4 Abs 1 iVm 4b AuslBG.
  • jedenfalls den Zugang zu Lehrberufen für minderjährige Asylwerber*innen und junge Erwachsene zu eröffnen und eine Umstiegsmöglichkeit nach erfolgtem Lehrabschluss auf einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland durch die Rot-Weiss-Rot-Karte plus zu schaffen.
  • den Zugang zu Jobvermittlungsservices, Berufsorientierung und -ausbildung zu eröffnen, sodass Fähigkeiten und Kenntnisse ehestmöglich abgeklärt, aufrechterhalten und weiterentwickelt werden können, um eine Dequalifizierung zu vermeiden und einen Berufseinstieg sicherzustellen.

Bei Asylwerber*innen handelt es sich um Personen, deren Antrag auf internationalen Schutz noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (§ 2 Abs 2 Z 14 AsylG 2005). Bis eine abschließende Entscheidung in den jeweiligen Asylverfahren ergeht und im Falle der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten damit einhergehend auch ein unmittelbarer und unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt entsteht (§ 1 Abs 2 lit a AuslBG), vergehen oft Jahre der Untätigkeit und Abhängigkeit.
Für die Sicherstellung eines selbstbestimmten Lebens auch während des Asylverfahrens bedarf es des Zugangs zur Arbeit (vgl auch Festschreibung als Menschenrecht in Art 6 des UN Sozialpaktes bzw Art 15 Abs 1 Grundrechtecharta). Besonders für junge Menschen stellen die fehlenden Berufsausbildungsmöglichkeiten auch einen nachhaltigen Schaden für die Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit dar.
Ein vernünftig geregelter Arbeitsmarktzugang für Asylwerber*innen garantiert jedoch nicht nur den Betroffenen ein menschenrechtswürdiges Leben, sondern fördert die Integration, sichert Qualifikationen und stellt eine sinnvolle Maßnahme gegen illegale Beschäftigung und damit verbundenes Lohndumping dar. Die zahlreichen Diskussionen über den Verbleib von Lehrlingen nach abgeschlossenen Asylverfahren im Inland zeigen auch deutlich den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften im Lehrberuf und darauf folgend als Facharbeiter*innen auf. Fehlende Umstiegsmöglichkeiten auf Aufenthaltstitel abseits des Asylverfahrens im Falle der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz stellen überdies einen nachhaltigen Schaden für den österreichischen Arbeitsmarkt dar, zumal es einen Bedarf an Arbeitskräften in Lehr- und Mangelberufen gibt.
Anlässlich eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof aktuell beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung des Gesetzmäßigkeit zweier Erlässe mit erheblichen Einschränkungen des Arbeitsmarktzuganges für Asylwerber*innen einzuleiten (vgl VfGH 01.03.2021, E 2420/2020).

Status quo
Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 AuslBG sind Asylwerber*innen während des Zulassungsverfahrens sowie in den ersten drei Monaten nach Zulassung des Verfahrens vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Sofern das Verfahren nach diesem Zeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann ihnen – so jedenfalls der Gesetzeswortlaut – eine Beschäftigungsbewilligung nach erfolgter Arbeitsmarktprüfung mittels Ersatzkraftverfahren und dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen erteilt werden; etwa muss der Regionalbeirat einhellig die Erteilung befürworten (§ 4 Abs 3 AuslBG).
Nach § 5 AuslBG können mit Verordnung zahlenmäßige Kontingente für Erntehelfer*innen und Saisonarbeitskräfte festgelegt werden. Diese Beschäftigungsbewilligungen sind grundsätzlich für Erntearbeit auf maximal sechs Wochen und für Saisonarbeit auf maximal sechs Monate zu begrenzen.
Die o.g. Erlässe sehen vor, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber*innen nur bei befristeten Beschäftigungen als Saisonarbeiter*innen oder Erntehelfer*innen erteilt werden dürfen und schränken deren Zugang zum Arbeitsmarkt de facto auf diese Tätigkeit ein. Sie stehen damit im klaren Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes.

Auch unionsrechtlich garantiert Art 15 der Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Demnach müssen Asylwerber*innen spätestens neun Monate nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ein Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Ent­scheidung erlassen hat. Die Mitgliedstaaten haben für einen effektiven Arbeitsmarktzugang zu sorgen.
Bereits durch die zeitliche Beschränkung von Saison- und Erntearbeit auf wenige Wochen bzw Monate können die derzeit bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten nicht als effektiver Arbeitsmarktzugang angesehen werden. Ebenso erschwert die Notwendigkeit der einhelligen Befürwortung des Regionalrates Asylwerber*innen maßgeblich die tatsächliche Aufnahme einer Beschäftigung. Dies insbesondere, als deren Mitglieder an keine gesetzlich näher determinierten inhaltlichen Kriterien gebunden sind (hierzu auch Peyrl, Zugang zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Personen, 2018, 107).

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) untersagt einschränkende Maßnahmen gegen die Anstellung von Ausländer*innen zum Schutze des Arbeitsmarktes, wenn sich diese bereits volle drei Jahre im Lande aufhalten (Art 17 Abs 2 lit. a). Die Genfer Flüchtlingskonvention zielt darauf ab, Flüchtlingen grundlegender Rechte und demokratische Freiheiten zu sichern. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen wäre es ein zentrales Zeichen Österreichs die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen vollumfassend anzuerkennen. Der von Österreich abgegebene Vorbehalt zu Art 17 GFK muss angesichts des umfassend zu gewährenden Schutzes der GFK endlich zurückgenommen werden.

Nicht zuletzt hat gemäß der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC; Art 15 Abs 1) jede Person das Recht „zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben”. In Zusammenschau mit dem in der Genfer Flüchtlingskonvention und in Art 18 GRC garantierten und unteilbaren Recht auf Asyl sind die bestehenden Beschränkungen des grundrechtlich gesicherten Anspruchs auf Arbeit in einer demokratischen Gesellschaft als weder notwendig noch verhältnismäßig abzulehnen.

Derzeit befinden sich lediglich etwas über 20.000 Menschen in einem offenen Verfahren auf internationalen Schutz (BMI, vorläufige Asylstatistik, Jänner 2021). Kinder, Kranke und Alte abgezogen, handelt es sich um eine für den österreichischen Arbeitsmarkt, verteilt auf das gesamte Staatsgebiet, jedenfalls verkraftbare Anzahl an Personen. Dies verdeutlicht einmal mehr die politische Dimension der Diskussion. Gerade wenn Asylverfahren jahrelang dauern, sind die massiven Einschränkungen im Recht auf Arbeit nicht zu rechtfertigen.

Antrag 04 / Erweiterung der Betriebsdemokratie an Universitäten – Betriebsräte in den Universitätsrat aufnehmen

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, ÖAAB, FA, GLB, Türk-is, Kom.: ja
GA, Persp, ARGE: für Zuweisung
FAIR: nein

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien setzt sich für eine Erweiterung des §21 des UG 2002 in dem Sinn ein, dass dem Universitätsrat verpflichtend auch die zur Außenvertretung bestimmten Vertreter*innen der Betriebsräte angehören müssen.

Anders als in Aufsichtsräten sind Betriebsräte laut §21 UG 2002 (auch in der aktuellen Novelle!) keine Mitglieder des Universitätsrats. Universitäten sind wichtige Arbeitgeber*innen ihrer Regionen als Mittel- oder sogar Großbetriebe. Innerbetriebliche Demokratie, die sich bewährt hat, ist ein Stabilitätsfaktor.
Im Universitätsrat wird jedenfalls über betriebswirksame Maßnahmen entschieden, die sowohl wirtschaftliche als auch personalstrategische Auswirkungen haben:
§ 21.
 (1) Der Universitätsrat hat in seiner Funktion als begleitend und vorausschauend tätiges Aufsichtsorgan folgende Aufgaben:

1. Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans, des Entwurfs der Leistungsvereinbarung sowie der Geschäftsordnung des Rektorats;
2. Ausschreibung der Funktion der Rektorin oder des Rektors spätestens acht Monate vor dem voraussichtlichen Freiwerden dieser Funktion bzw. innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Abberufung oder des Rücktritts;
3. Erlassung der Bestimmungen für die Wahl der Rektorin oder des Rektors nach Einholung einer Stellungnahme des Senates, die dieser innerhalb von vier Wochen nach Vorlage abzugeben hat;
4. Wahl der Rektorin oder des Rektors aus dem Dreiervorschlag des Senats innerhalb von vier Wochen ab Vorlage des Vorschlags;
5. Wahl der Vizerektorinnen und Vizerektoren auf Grund eines Vorschlags der Rektorin oder des Rektors und nach Stellungnahme des Senats;
6. Abschluss der Zielvereinbarungen mit der Rektorin oder dem Rektor und dem Rektorat;
6a. Abschluss der Arbeitsverträge mit der Rektorin oder dem Rektor und den Vizerektorinnen und Vizerektoren;
7. Abberufung der Rektorin oder des Rektors und der Vizerektorinnen und Vizerektoren;
8. Nominierung eines weiblichen und eines männlichen Mitglieds für die Schiedskommission;
9. Genehmigung der Gründung von Gesellschaften und Stiftungen sowie der Beteiligung an Gesellschaften;
10. Genehmigung der Richtlinien für die Gebarung sowie Genehmigung des Rechnungsabschlusses und der Wissensbilanz des Rektorats und Weiterleitung an die Bundesministerin oder den Bundesminister;
11. Bestellung einer Abschlussprüferin oder eines Abschlussprüfers zur Prüfung des Rechnungsabschlusses der Universität;
12. Zustimmung zur Begründung von Verbindlichkeiten, die über die laufende Geschäftstätigkeit der Universität hinausgehen, sowie Ermächtigung des Rektorats, solche Verbindlichkeiten bis zu einer bestimmten Höhe ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Universitätsrats einzugehen;
13. Jährliche Berichtspflicht sowie unverzügliche Berichtspflicht bei schwerwiegenden Rechtsverstößen von Universitätsorganen sowie bei Gefahr eines schweren wirtschaftlichen Schadens an die Bundesministerin oder den Bundesminister; der jährliche Bericht hat einen Bericht über die Maßnahmen im Zusammenhang mit der geschlechtergerechten Zusammensetzung der universitären Kollegialorgane gemäß § 20a, gegebenenfalls eine Begründung über das Nichteinhalten dieser Bestimmung sowie einen Bericht darüber zu enthalten, welche Maßnahmen die Universität zur Umsetzung dieser Bestimmung plant; der jährliche Bericht ist auch dem Senat zur Kenntnis zu bringen;
14. Zustimmung zum Budgetvoranschlag innerhalb von vier Wochen ab Vorlage durch das Rektorat; verweigert der Universitätsrat innerhalb von vier Wochen ab Vorlage die Zustimmung, hat das Rektorat unverzüglich einen neuen Budgetvoranschlag vorzulegen; stimmt der Universitätsrat nicht fristgerecht zu, gilt der Budgetvoranschlag als genehmigt;
15. Stellungnahme zur Leistungsvereinbarung vor Abschluss durch die Rektorin oder den Rektor innerhalb von drei Wochen;
16. Erlassung der Geschäftsordnung des Universitätsrats.

Es ist nicht einzusehen, mit welcher sachlichen Begründung gerade bei Universitäten von der im Gesellschaftsrecht gängigen und bewährten Praxis abgewichen wird und gerade den demokratisch gewählten Interessensvertreter*innen des Personals von strategisch wichtigen Wissensbetrieben dieses Kontroll- und Aufsichtsrecht nicht gegeben wird.

Antrag 03 / Kettenvertragsregelungen im §109 UG 2002 abschaffen, Personalstrukturplanung an Universitäten verpflichtend festlegen

der AUGE/UG -Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 5. Mai 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, ÖAAB, FA, GA, FAIR; Persp, GLB, Türk-is, Kom.: ja
ARGE: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 175. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien setzt sich für eine Angleichung der Kettenvertragsregel im §109 des UG 2002 an das allgemeine Arbeitsrecht ein und für eine Verpflichtung der Universitätsleitungen zur nachhaltigen Personalstrukturplanung.

Der neue Entwurf des § 109 hätte eigentlich die Kollision mit dem europäischen Unionsrecht sanieren sollen, die 2019 der EuGH in der Rechtssache C‑274/18 Minoo Schuch-Ghannadan festgestellt hatte. Nun liegen aber anstatt der alten Kettenmodelle mit bekannten Unzulänglichkeiten nur neue, mit für die Universitäten und Betroffenen nicht einschätzbaren Folgen vor und die Novelle vergibt sich so die Chance zu einer modernen und zukunftsweisenden Personalstrategie zu kommen.

Weiterhin keine sachlich nachvollziehbaren Begründungen
Die neue Regelung liefert weiterhin keine ausreichend sachlichen und eindeutig nachvollziehbaren Tatbestände für den Abschluss von Kettenverträgen, denn es fehlt die Ausführung von konkret bezeichneten Umstand oder speziellen Wesensmerkmal zur objektiv und transparenten Nachvollziehbarkeit der Rechtfertigung einer neuerlichen Befristung. So bleibt die Regelung allgemein und unverbindlich und steht damit auch mit dem österreichischen Arbeitsrecht in einem Spannungsfeld, da dieses die Aneinanderreihungen von befristeten Arbeitsverhältnissen ausdrücklich nur dann erlaubt, wenn sie sachlich begründet sind.

Diskriminierungen werden nur verlagert
Die neue Regelung saniert den im EuGH konstatierten Diskriminierungstatbestand gegenüber Teilzeitbeschäftigten nun mit einer Ausweitung der Praxis, in dem sie bei Kettenverträgen nicht mehr zwischen Voll- und Teilzeitbefristungslängen unterscheidet. Das konterkariert die Intention des Urteils insofern, als dass die zugrundeliegende Problematik der unzumutbaren Länge von prekären Arbeitsverhältnissen mit all den bekannten Unsicherheiten für die persönliche Lebensplanung und wirtschaftliche Nachteile der betroffenen wissenschaftlichen und auch immer mehr allgemeinen Arbeitnehmer*innen an Universitäten unberücksichtigt bleibt.

Qualitätskontrolle bei der Personalführungskompetenz fehlt weiterhin
Aus der Praxis ist bekannt, dass mittlerweile Befristungen auf Dienstgeberseite oftmals als eine „verlängerte Probezeit“ oder auch bequeme Praxis der Umgehung von Kündigungsgesprächen gesehen und verwendet werden. Das etabliert eine vom Arbeitsrecht so nicht gewünschte Praxis, die einerseits den Arbeitnehmer*innen wertvolle Zeit bei der Suche nach einem sicheren Arbeitsverhältnis kostet und andererseits der Arbeitgeberseite nur scheinbar einen Vorteil bringt. Denn auf lange Sicht kostet das einem Betrieb wertvolle Ressourcen: einerseits durch Know How Verlust aufgrund höherer Fluktuation und Brain Drain und andererseits durch sinkende Standortqualität.
Dass gerade im Lichte dieser komplexen Herausforderungen an moderne und im internationalen Wettbewerb stehende Wissensorganisationen, wie sie Universtäten sind, in dieser Novelle weiterhin auf eine verpflichtende Personalstrukturplanung und auch den Nachweis zu einer qualifizierten Personalführungskompetenz der Leitungsorgane verzichtet wird, ist unverständlich.