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Antrag 09 – Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose erhalten!

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2021

Antrag mehrheitlich zugewiesen:
FA, GA, FAIR, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
FSG, ÖAAB, LP: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Arbeit und Arbeitsmarkt

Die 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Vollversammlung der AK Wien fordert den Gesetzgeber auf, Arbeitslosengeld- bzw. Notstandshilfebezieher*innen weiterhin zu ermöglichen, bis zur Geringfügigkeitsgrenze einer Beschäftigung nachzugehen. Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose sollen weder abgeschafft noch eingeschränkt werden.

​ Das Arbeitslosengeld beträgt in Österreich grundsätzlich 55 Prozent der Nettoersatzrate.

​ Bei dieser niedrigen Nettoersatzrate ist eine geringfügige Beschäftigung für viele Menschen in der Arbeitslosigkeit oft die einzige Möglichkeit, nicht in Armut zu geraten. Solange Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht angehoben werden, wäre eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit bei Arbeitslosigkeit eine Armutsfalle. Sie löst keine Probleme, sondern schafft zusätzliche soziale Härten. Ohne die Möglichkeit geringfügiger Beschäftigung ginge vielen Betroffenen ihr letztes Standbein im Arbeitsmarkt auch noch verloren, zudem kommen so viele Menschen wieder in Beschäftigung.

Antrag 08 – Unterstützung für Volksbegehren: Arbeitslosengeld rauf!

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2021

Antrag mehrheitlich abgelehnt:
FAIR, GLB, Kom.: ja
GA, LP, Türk-is: für Zuweisung
FSG, ÖAAB, FA, ARGE: nein

Die 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

  • Die Arbeiterkammer Wien unterstützt das Volksbegehren „Arbeitslosengeld Rauf!“ und fordert zum Unterschreiben auf.
  • Die Arbeiterkammer Wien und unterstützt das Volkbegehren mit einer eignen Kampagne.

Wir haben bekanntlich die Forderung Arbeitslosengeld rauf auf 80 % der Nettoersatzrate, finden aber das Volksbegehren sehr unterstützenswert.

Die Forderungen:
​ 1. Armut und Existenzangst bekämpfen
​ 2. Schutz vor Lohndumping und Niedriglöhnen!
​ 3. Soziale Lage von Frauen verbessern
​ 4. Wirtschaftliche Nachfrage stärken!
​ 5. Dauerhaft statt degressiv
​ 6. Zumutbarkeits-bestimmungen entschärfen, Rechtsstellung von Arbeitslosen verbessern!
​ 7. Versicherungsleistung stärken – Altersarmut vorbeugen!
​ 8. Jede*r wird gebraucht – niemand ist überflüssig!

Der Text zum Volksbegehren:

Armut und Existenzangst bekämpfen
Österreich hat mit einer Nettoersatzrate von 55% ein sehr niedriges Arbeitslosengeld; der OECD-Mittelwert liegt bei rund 70%. Arbeitslosigkeit führt daher rasch in die Armut. Insbesondere Frauen sind aufgrund der hohen Teilzeitrate und oftmals geringerer Löhne davon betroffen. Laut einer AK-Umfrage können acht von zehn Arbeitslosen von der Arbeitslosenunterstützung nicht leben. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld bzw. die durchschnittliche Notstandshilfe liegen deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von € 1.286,- pro Monat (2018): Im Durchschnitt hatten Männer damals im Falle von Arbeitslosigkeit € 1.040,- zur Verfügung; Frauen € 870,- Euro. Insbesondere Langzeitarbeitslose sind von Existenznot betroffen. Und die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist dramatisch gestiegen: Sie ist im letzten Jahrzehnt in Österreich um mehr als das Elf-Fache in die Höhe geschnellt. Frauen, Jugendliche und ältere Personen sind besonders gefährdet. Aber auch unter Personen im Haupterwerbsalter (zwischen 25 und 45 Jahren) stieg die Langzeitarbeitslosigkeit vehement an.

Schutz vor Lohndumping und Niedriglöhnen!
Ein höheres Arbeitslosengeld, ein besserer Schutz des sozialen Status von Arbeitslosen und eine Entschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen verbessern die Verhandlungssituation der Arbeitslosen bei der Arbeitssuche, indem sie die Menschen davor bewahrt, zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes unfaire Arbeits- und Lohnbedingungen akzeptieren zu müssen. Ein höheres Arbeitslosengeld beeinflusst damit positiv die Lohnbildung, weil es den mittleren Lebensstandard mitdefiniert, der in kollektiven Lohnverhandlungen mindestens erreicht werden muss. Der legitime Anspruch auf ein gut bezahltes und gut reguliertes Arbeitsverhältnis würde in der Arbeitslosenversicherung stärker verankert. Umgekehrt gilt: Je höher die Arbeitslosigkeit, je niedriger die Arbeitslosenunterstützung und je schlechter die Rechtsstellung von Arbeitslosen, desto stärker wird der Druck auf die Löhne und Gehälter, desto leichter können Kollektivverträge ausgehöhlt werden. Ein weiteres Anwachsen des Niedriglohnsektors wie in Deutschland muss verhindert werden.

Soziale Lage von Frauen verbessern
Die Löhne und Gehälter von Frauen liegen immer noch deutlich unter denen von Männern. Zum einen, da diese aufgrund von Pflege- und Betreuungsarbeit vielfach Teilzeit erwerbstätig sind. Zum anderen, da Branchen, in denen mehr Frauen arbeiten oftmals einen geringen Mindestlohn aufweisen. Entsprechend niedrig ist auch das Arbeitslosengeld von Frauen und später die Pensionen. Frauen sind daher besonders armutsgefährdet. Die Anhebung des Arbeitslosengeldes und damit der Kampf gegen Niedriglöhne sind ein wichtiger Beitrag, um die prekäre soziale Lage vieler Frauen zu verbessern. Weitere Maßnahmen sind darüber hinaus notwendig, z. B.: qualitativ hochwertige Kinderbetreuung auch im Falle von Arbeitslosigkeit, mit Kinderbetreuungspflichten vereinbare Anfahrtszeiten, stärkerer Einbezug von Betreuungsarbeit und Pflege in die Sozialversicherung.

Wirtschaftliche Nachfrage stärken!
Ein höheres Arbeitslosengeld vermeidet nicht nur Armut, sondern bedeutet auch mehr Konsummöglichkeiten. Dies verbessert die Auftragslage von Unternehmen, schafft weitere Jobs und trägt somit positiv zur Krisenbewältigung bei. Im Jahr 2020 waren über eine Million Menschen in Österreich von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Jahresdurchschnitt lag die Arbeitslosigkeit bei über 466.000 Menschen. Laut wissenschaftlichen Studien könnte eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70% zusätzlich 6.000 bis 10.000 Arbeitsplätze schaffen. Durch niedriges Arbeitslosengeld und Lohndumping werden zwar einige Reiche reicher, aber sicher nicht die Wirtschaft krisenfester.

Dauerhaft statt degressiv
Wir sind für eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes, ein degressives Modell, das das Arbeitslosengeld mit der Länge der Arbeitslosigkeit immer weiter absenkt, lehnen wir ab. Denn damit würden jene unter die Räder kommen, die schwerer am Arbeitsmarkt Fuß fassen können: Ältere Arbeitslose, Frauen (mit und ohne Betreuungspflichten), Menschen mit geringerer Ausbildung, Menschen mit Beeinträchtigungen und Krankheiten. Damit trägt ein degressives Arbeitslosengeld dazu bei, dass soziale Ungleichheiten und Ausgrenzung verschärft werden. Das Verarmungsrisiko steigt mit jedem Monat Arbeitslosigkeit an. Die Armutsgefährdung ist nach einem Jahr Arbeitslosigkeit bereits mehr als doppelt so hoch wie im ersten halben Jahr. Es kann nicht sein, dass die Versicherungsleistung immer weniger wird, je mehr die Existenznot der Menschen zunimmt.

Zumutbarkeitsbestimmungen entschärfen, Rechtsstellung von Arbeitslosen verbessern!
Arbeitslose müssen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und bestimmte rechtliche Vorgaben (z.B. Arbeitswilligkeit, Einhaltung von Kontrollmeldetermine) erfüllen, um das Arbeitslosengeld beziehen zu können. In den letzten Jahrzehnten sind die rechtlichen Vorgaben verschärft worden, insbesondere wurde die Ablehnung von Schulungsmaßnahmen mit jenen von echten Jobangeboten gleichgestellt, eine Zunahme an Bezugssperren des Arbeitslosengeldes war die Konsequenz. Das AMS verständigt die bezugsberechtigte Person von der Einstellung, stellt aber einen Bescheid nur über Verlangen aus. Insbesondere bei einem Entzug wegen der angeblichen Arbeitsunwilligkeit wäre es wünschenswert, wenn das AMS sofort einen begründeten Bescheid ausstellen würde. Ein mehrwöchiger Entzug des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe bringt die Betroffenen in existenzielle Schwierigkeiten und höhlt den Versicherungsschutz der Arbeitnehmer*innen zunehmend aus. Schulungen und die Beschäftigung in sozialökonomischen Betrieben sollten nicht auf Zwang beruhen. Die Zumutbarkeitsbestimmungen regeln über den Entgeltschutz auch, welchen Lohn und welche Arbeiten Arbeitslose bei Zuweisung akzeptieren müssen. Eine Entschärfung der Zumutbarkeitskriterien verhindert mithin Lohndrückerei.

Versicherungsleistung stärken – Altersarmut vorbeugen!
Verschiedentlich wird eingewendet: Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes würde nur die Länderbudgets entlasten. Viele Arbeitslose bekommen ein derartig geringes Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, dass sie gezwungen sind, um Aufstockung durch die Mindestsicherung – in NÖ und OÖ bereits Sozialhilfe – anzusuchen. Das übersieht aber, dass sich das Arbeitslosengeld/die Notstandshilfe in vielem von der Sozialhilfe unterscheidet. Das eine ist eine Versicherungsleistung, auf die ein Rechtsanspruch erworben wurde. Der Bezug von Mindestsicherung/Sozialhilfe unterliegt sehr viel restriktiveren Bestimmungen (z. B. Einberechnung des Haushaltseinkommens, Ausschluss selbst bei geringem Vermögen). Im Unterschied zur Mindestsicherung/Sozialhilfe werden beim Bezug von Arbeitslosengeld/Notstandshilfe Pensionsversicherungszeiten und Gutschriften auf dem Pensionskonto erworben, die von der Höhe von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe abhängen. Eine höhere Arbeitslosenunterstützung beugt damit auch der Altersarmut vor. Daher besonders wichtig: Die Möglichkeit der Beantragung/Verlängerung einer Notstandshilfe muss erhalten bleiben.

Jede*r wird gebraucht – niemand ist überflüssig!
Oft hören wir: Wenn das Arbeitslosengeld erhöht wird, werden die Leute gar nicht mehr arbeiten wollen. Studien zeigen hingegen, dass vor allem Beschränkungen im Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und weitere Hürden (z.B. aufgrund von Krankheit und Alter), dazu führen, dass Arbeitssuchende dem Arbeitsmarkt nicht sofort zur Verfügung stehen. Das gewichtigste Argument ist jedoch das Missverhältnis von Arbeitslosen und offenen Stellen: Im Jahr 2020 kamen auf eine offene Stelle mehr als sieben Arbeitslose. Im Jänner 2021 stellten sich sogar neun Arbeitslose um eine offene Stelle an. Das heißt, acht von neun können nicht arbeiten, so sehr sie auch wollen. Es liegt nicht an den Arbeitslosen, dass sie arbeitslos sind, sondern an den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, dass viele gesellschaftlich notwendige Arbeiten unerledigt bleiben, während gleichzeitig viele Menschen aus dem Arbeitsprozess rausgedrängt werden und durch Privatisierung und Budgetkürzungen Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor vernichtet wurden. Es gibt kein dauerhaftes Modell der Wohlfahrtssteigerung, in dem nicht alle Menschen an dieser Steigerung beteiligt werden. Niemand darf zurückgelassen werden! Jede/r wird gebraucht, niemand ist überflüssig! Die Forderungen dieses Volksbegehrens fördern und erfordern daher eine umfassende Politik, die niemanden zurücklässt, zum Beispiel:

  • Beteiligung der Arbeitenden an den Produktivitätsgewinnen durch entsprechende Lohnerhöhungen in den Kollektivverträgen, insbesondere starke Anhebung der Mindestlöhne, um Niedriglohnsektoren zu verhindern
  • Einführung einer armutsfesten Mindestsicherung
  • Reform der Arbeitslosenversicherung, z.B. stärkere Einbeziehung von Pflegearbeit in die Sozialversicherung; Verbesserung der Erwerbslosenversicherungsmöglichkeit für prekär Beschäftigte und Selbstständige, insbesondere EPUs und Personen die mit Dienstleistungsschecks ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, um Notsituatione überbrücken und ein stabileres Einkommen sichern zu können;
  • Vollbeschäftigungspolitik z. B. durch eine ökosoziale Investitionsoffensive, Arbeitszeitverkürzung, Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Wir finden die Arbeiterkammer Wien muss mutige Wege gehen und soll das Volksbegehren Arbeitlosengeld Rauf! offensiv unterstützen.

Antrag 07 – Femizide stoppen!

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, LP, FAIR, GLB, Kom.: ja
ÖAAB, FA, GA, ARGE, Türk-is: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Frauen- und Familienpolitik

Die 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

  • Die Arbeiterkammer Wien fordert die Stadtregierung in Wien auf das Projekt SToP – Stadtteile ohne Partnergwalt finanziell zu unterstützen und in allen Stadtteilen umzusetzen.
  • Die Arbeiterkammer Wien strebt eine Kooperation mit STOP an und bietet zudem Schulungsangebot für Betriebsrät_innen zu sexueller Belästigung und Gewalt gegen Frauen an.

Seit Anfang des Jahres sind in Österreich 22 Frauen durch männliche Gewalt gestorben. Im europäischen Vergleich stehen wir an der traurigen Spitze, was Gewalt an Frauen angeht.
Am 21.10.2021, verzeichnete Österreich den 22. Frauenmord im Land. Bereits im Mai wurde von der Regierung ein Maßnahmenpaket für mehr Gewaltprävention und gegen Gewalt an Frauen geschnürt. Fast 25 Millionen Euro wurden dafür in Aussicht gestellt. Damals ging es gerade um den 9. Frauenmord, inzwischen sind wir bei der traurigen Nummer 22. Und das Jahr ist noch nicht vorbei. Dass das Maßnahmenpaket greift, ist noch nicht zu erkennen.
Sieht man sich die Zahlen der letzten Jahre an, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass noch weitere dazu kommen könnten. Im Jahr 2020 waren es 31, im Jahr 2018 als trauriger Rekord sogar 41. Damit ist Österreich an der Spitze der Länder im EU-Vergleich: Bei uns werden mehr Frauen als Männer ermordet. Täter sind dabei häufig Familienmitglieder, Partner, Ehemänner oder Ex-Partner.

Projekt StoP in Wien
Das Projekt StoP hat sich zum Ziel gesetzt, Gewaltbetroffene und soziale Netzwerke in Stadtteilen so zu stärken, dass Partnergewalt nicht mehr erduldet, verschwiegen, ignoriert oder toleriert wird.
Partnergewalt ist kein neues, aber immer noch ein sehr unsichtbares Thema. Jede 4. Frau in Deutschland erlebt laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2004 in einer Partnerschaft Gewalt. Jeder dritten Frau begegnet psychische Gewalt, wie zum Beispiel die extreme Kontrolle des Freizeitverhaltens durch den Partner. Fast jede siebte Frau wird Opfer sexueller Gewalt. Aber: Scham oder fehlende Informationen hindern Betroffene darüber zu sprechen, sich Hilfe zu holen oder die Polizei anzurufen. Wenn hier die aufmerksame und informierte Nachbarschaft Hilfe anbietet, wenn das Thema Partnergewalt öffentlich angesprochen wird, dann kann Gesundheit und Leben gerettet werden. Darum braucht es auch StoP in ganz Wien und nicht nur in wenigen Stadtteilen.

Antrag 06 – Reinigungskräfte eingliedern! Öffentliche und öffentlichkeitsnahe Institutionen müssen Vorbilder sein!

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2021

Antrag mehrheitlich zugewiesen:
ÖAAB, FA, GA, LP, FAIR, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
FSG: für Zuweisung

Antragsbehandlung im Ausschuss Angelegenheiten des Öffentlichen Dienstes

Die 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

  • Die Arbeiterkammer Wien fordert im ersten Schritt öffentlichen und öffentlichkeitsnahen Instiutionen auf, die Reinigungskräfte in ihren Betrieb einzugliedern.
  • Die Arbeitkammer Wien gliedert alle ihre Reinigungskärfte bis März 2022 ein.

​ Beschäftigte in der Reinigungsbranche leisten einen wichtigen Beitrag: Sie sorgen für Sauberkeit und nicht zuletzt auch für eine bessere Gesundheit am Arbeitsplatz. Meist ungesehen und häufig zu wenig wertgeschätzt halten sie mit ihrer Tätigkeit unser System am Laufen. Reinigungsarbeit wird größtenteils von Frauen erbracht, sowie häufig von Migrantinnen und Migranten. Die Entlohnung ist in der Branche indes im Vergleich eher niedrig, die Arbeitsbedingungen schlecht. Zudem sind viele Reinigungskräfte in ausgeliederten Betrieben, bei Leiharbeitsfirmen bzw. nicht direkt im Unternehmen angestellt. Das schafft zusätzliche Probleme und erschwert die Vertretung.
​ Es braucht eine höhere Wertschätzung für diesen Beruf!

​ Die Problemlage zeigt auch die aktulle AK Studie auf:

– Reiniung während Corona
„Die Reinigung „kritischer Bereiche“ wie etwa in Krankhäusern und Supermärkten gewann während der Covid-19-Krise noch mehr an Bedeutung. Auf der anderen Seite wurde durch die Verlagerung vieler Bürotätigkeiten ins Home-Office die Reinigung von Büroräumen obsolet. Manche Auftraggeber:innen haben in dieser Situation Verträge mit Reinigungsunternehmen kurzfristig gekündigt. In einigen Fällen fristwidrig. Während Auftraggeber und Auftragnehmer vor Gericht streiten, wurden die MitarbeiterInnen in solchen Fällen vielfach auf die Straße gesetzt und werden von einem Erfolg ihres Auftraggebers vor Gericht nichts sehen. Einige Unternehmen nutzten hingegen die Kurzarbeit.

– Arbeitsrechtsprobleme
2 Prozent aller unselbständig Beschäftigten arbeiten in der Reinigung. Aber mehr als 4 Prozent aller Arbeitsrechts-Beratungen entfallen auf Reinigungskräfte. Schreiben an die Arbeitgeber werden dreieinhalb Mal häufiger nötig als im Durchschnitt der Beschäftigten. Der Gang vor Gericht – vom Einbringen einer Klage, über Vergleichsverhandlungen bis hin zum Prozess – ist ebenso häufiger notwendig.
Die Probleme, mit denen die Menschen zur AK kommen, spiegeln die Situation in der Reinigung gut wieder:

  1. Es geht um falsche Berechnung der Lohnansprüche bei Kündigung, insbesondere fehlen Stunden und Zuschläge. Fahrtkosten werden nicht berücksichtigt, Pausen abgezogen, die nie gehalten werden konnten, das Umziehen wird nicht als Arbeitszeit gerechnet.
  2. Kündigung im Krankenstand, die vordatiert wird, um sich die Entgeltfortzahlung zu ersparen.
  3. Permanente Änderungen von Lage und Ausmaß der Arbeitszeit, um sich Zuschläge zu ersparen und um eine schwankende Auftragslage, also das unternehmerische Risiko, an die ArbeitnehmerInnen weiter zu geben.
  4. Zu viel Arbeit für die vorgegebene Zeit, was regelmäßig zu unbezahlter Mehrarbeit führt.“

​ Unsere Forderung nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen sind aufrecht. Weiters braucht es aber auch ein Problemverständnis dafür, dass Reinigung oft ausgeliedert wird. Das bedeutet, der Betrieb lagert damit auch die Probleme aus und putzt sich damit ab. Der Betrieb ist damit nicht mehr Hauptverantwortlich für seine Reinigungskräfte, sondern das Subunternehmen, die Leiharbeitsfirma, etc.

​ Wertschätzung sieht anders aus! Wir finden öffentliche und öffentlichkeitsnahe Instiutionen müssen mit guten Beispiel voran gehen und ihre Reiniungskräfte fix anstellen und in den eigenen Betrieb eingliedern!

Antrag 05 – Für eine klimagerechte und soziökonomische Zukunft

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 11. November 2021

Antrag mehrheitlich angenommen:
FSG, GA, LP, ARGE, GLB, Türk-is, Kom.: ja
ÖAAB, FA, FAIR: nein

Antragsbehandlung im Ausschuss Umwelt und Energie

Die 176. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

Die Arbeiterkammer Wien bekräftigt im Sinne ihres bisherigen Einsatzes für eine sozial gerechte Welt, in vollkommener Übereinstimmung mit dem 6. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und dem daraus erarbeitenden naturwissenschaftlichen Kenntnisstand, sich auf allen Ebenen ihrer Tätigkeit, für eine Welt einzusetzen, die allmählich einen nachhaltigen Pfad beschreitet. In der die globalen Gemeinschaftsgüter wichtig genommen und bewahrt und in der die Grenzen der Natur respektiert werden. Eine Welt in der statt Wirtschaftswachstum zunehmend das menschliche Wohlbefinden im Fokus steht. In der Einkommensungleichheiten zwischen den Staaten und innerhalb der Staaten reduziert werden und in der sich der Konsum an einem geringen Material- und Energieverbrauch orientiert.

Am 9. August 2021 veröffentlichte der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) seinen Bericht der Arbeitsgruppe I des 6. Sachstandsbericht, der den naturwissenschaftlichen Kenntnisstand darstellt. Der IPCC gilt dabei als „Goldstandard“ der Klimaforschung. Seine Sachstandsberichte gelten innerhalb der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstellung des naturwissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes über das Klima. Die Schlussfolgerungen werden weltweit von den großen wissenschaftlichen Gesellschaften mit einschlägiger fachlicher Kompetenz bestätigt und bekräftigt. (6. Sachstandsbericht: https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Full_Report.pdf)

Die naturwissenschaftlichen Fakten
Der Bericht unterstreicht den menschlichen Einfluss auf das Klima. So sei es „eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat.“ Zudem wirkt sich der vom Menschen verursachte Klimawandel „bereits auf viele Wetter-und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen“, so die Hauptaussagen aus dem Bericht. (zitiert nach: Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6)Beitrag von Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen – Hauptaussagen, https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_AR6-WGI.pdf)
Der Bericht der Arbeitsgruppe I behandelt auch die möglichen „Klimazukünfte“. So unterstreicht der Bericht in aller Deutlichkeit, dass eine globale Erwärmung von 1,5°C und 2°C im Laufe des 21. Jahrhundert überschritten wird, „es sei denn, es erfolgen in den kommenden Jahrzehnten drastische Reduktionen der CO2-und anderer Treibhausgasemissionen.“ Aus naturwissenschaftlicher Sicht erfordert die Begrenzung des stattfinden Klimawandel auf ein bestimmtes Niveau, „eine Begrenzung der kumulativen CO2-Emissionen, wobei zumindest netto Null CO2-Emissionen erreicht werden müssen“. Dabei führen Szenarien mit niedrigen oder sehr niedrigen Treibhausgasemissionen, „innerhalb von Jahren zu erkennbaren Auswirkungen auf die Treibhausgaskonzentrationen“. (zitiert nach: Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6)Beitrag von Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen – Hauptaussagen, https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_AR6-WGI.pdf)

Ökonomische, soziale und gesellschaftliche Zukunftsszenarien
Die erwähnten Szenarien bis zum Jahr 2100 sind einerseits die sogenannten RCP-Szenarien (Representative Concentration Pathways), die die physikalischen Grundlagen festlegen, mit denen bestimmte Klimaziele (wie das 1,5°C oder 2°C-Ziel) erreichbar wären. Das ist vor allem der Strahlungsantrieb, ein Maß für die Änderung der Energiebilanz der Erde. Die Begründung für diese RCP-Szenarien werden durch die SSP-Szenarien (Shared Socioeconomic Pathways) geliefert, die die wichtigsten sozioökonomischen, demographischen, technologischen, politischen, institutionellen und Lebensstil-Trends beschreiben.
Die wissenschaftlichen Grundlagen und Facharbeiten zu den SSP-Szenarien sind in der „SSP-Datenbank“ des Internationale Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) nachzulesen. (https://tntcat.iiasa.ac.at/SspDb/dsd?Action=htmlpage&page=80) Das IIASA ist ein unabhängiges internationales Forschungsinstitut mit seinem Sitz in Laxenburg bei Wien und war maßgeblich an der Erstellung der SSP-Szenarien mitbeteiligt.

Die sozioökonomischen Szenarien in Deutsch zusammengefasst:

  • SSP1: Der nachhaltige und grüne Weg (im Original: green Road). – Die Welt beschreitet allmählich einen nachhaltigen Pfad. Die globalen Gemeinschaftsgüter werden wichtig genommen und bewahrt, die Grenzen der Natur werden respektiert. Statt Wirtschaftswachstum steht zunehmend das menschliche Wohlbefinden im Fokus. Die Einkommensungleichheiten zwischen den Staaten und innerhalb der Staaten werden reduziert. Der Konsum orientiert sich an einem geringen Material- und Energieverbrauch.
  • SSP2: Der mittlere Weg. – Die bisherige Entwicklung setzt sich in die Zukunft fort. Die Entwicklungen beim Einkommen in den einzelnen Ländern gehen weit auseinander. Es gibt zwar eine gewisse Zusammenarbeit zwischen den Staaten, die jedoch nur geringfügig weiterentwickelt wird. Das globale Bevölkerungswachstum ist moderat und schwächt sich in der zweiten Jahrhunderthälfte ab. Umweltsysteme erfahren eine gewisse Verschlechterung.
  • SSP3: Regionale Rivalitäten. – Eine Wiederbelebung des Nationalismus und regionale Konflikte rücken globale Themen in den Hintergrund. Die Politik orientiert sich zunehmend an nationalen und regionalen Sicherheitsfragen. Investitionen in Bildung und technologische Entwicklung nehmen ab. Ungleichheiten nehmen zu. In einigen Regionen kommt es zu starken Umweltzerstörungen.
  • SSP4: Ungleichheit. – Die Kluft zwischen entwickelten Gesellschaften, die auch global kooperieren, und solchen, die auf einer niedrigen Stufe der Entwicklung mit niedrigem Einkommen und geringem Bildungsstand verharren, nimmt weiter zu. In einigen Regionen ist Umweltpolitik bei lokalen Problemen erfolgreich, in anderen nicht.
  • SSP5: Die fossile Entwicklung. – Die globalen Märkte sind zunehmend integriert, mit der Folge von Innovationen und technologischem Fortschritt. Die soziale und ökonomische Entwicklung basiert jedoch auf der verstärkten Ausbeutung der fossilen Brennstoffressourcen mit einem hohen Kohleanteil und einem energieintensiven Lebensstil weltweit. Die Weltwirtschaft wächst und lokale Umweltprobleme wie die Luftverschmutzung werden erfolgreich bekämpft.

(zitiert nach dem „Bildungswiki Klimawandel“, ein Kooperationsprojekt zwischen dem Deutschen Bildungsserver und dem Climate Service Center, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht eingerichtet wurde, https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/SSP-Szenarien)

Die Zukunft, die die Menschheit rettet wird
Die FachexpertInnen des IPCC prognostizierten für ihren Bericht nun anhand dieser SSP-Szenarien, die weitere Entwicklung des Klimas bis zum Jahr 2100 und sind zu dem Schluss gekommen, dass nur ein Szenario bzw. zwei Varianten eines Szenarios, die Erderwärmung unter 2°C begrenzen können. Das sind das Szenario SSP1-1.9 bzw. SSP1-2.6 – also das Szenario SSP1. Die Zahl dahinter ist der jeweilige „Strahlungsantrieb“. SSP1-1.9 beschreibt damit im Sinne des SSP1-Szenario etwas ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen als SSP1-2.6.
Konkret wird im Bericht festgestellt: „Based on the assessment of multiple lines of evidence, global warming of 2°C, relative to 1850–1900, would be exceeded during the 21st century under the high and very high GHG emissions scenarios considered in this report (SSP3-7.0 and SSP5-8.5, respectively). Global warming of 2°C would extremely likely be exceeded in the intermediate scenario (SSP2-4.5). Under the very low and low GHG emissions scenarios, global warming of 2°C is extremely unlikely to be exceeded (SSP1-1.9), or unlikely to be exceeded (SSP1-2.6)25. Crossing the 2°C global warming level in the mid-term period (2041–2060) is very likely to occur under the very high GHG emissions scenario (SSP5-8.5), likely to occur under the high GHG emissions scenario (SSP3-7.0), and more likely than not to occur in the intermediate GHG emissions scenario (SSP2-4.5)“
(6. Sachstandsbericht des IPCC, Bericht der Arbeitsgruppe I, Seite SPM-18)
Die Temperatur von 2°C wird also in den Szenarien mit hohen Treibhausgasemissionen überschritten (SSP3-7.0 bzw. SSP5-8.5), aber bei den Szenarien mit niedrigen Treibhausgasemissionen ist ein Überschreiten der 2°C unwahrscheinlich. Im Bericht der Arbeitsgruppe I des 6. Sachstandsberichts des IPCC sind dazu zwei aufschlussreiche Grafiken zu finden:

(Grafiken aus dem 6. Sachstandsbericht des IPCC, Bericht der Arbeitsgruppe I, Seite SPM-16 und SPM-18)