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Antrag 06 – Diplomausbildungen an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nicht streichen

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2021

Antrag mehrheitlich zugewiesen

Antragsbehandlung im BAK-Vorstand

Die 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer fordert die Bundesregierung auf, das
Außerkrafttreten der Diplomausbildung gemäß §117 (27) aufzuheben
oder zur besseren Planbarkeit die Frist um fünf Jahre zu erstrecken.

Zudem ist sicherzustellen, dass die Rahmenbedingungen, wie Durch-
lässigkeit der Pflegeausbildungen, berufsbegleitende Angebote an den
FHs, Existenzsicherung im Rahmen der Erwachsenenbildung rechtzeitig
geschaffen werden.

Mit 1. Jänner 2024 treten die bisherigen Bestimmungen zur Ausbildung zur/zum
DGKP außer Kraft. Ausbildungen in der allgemeinen Gesundheits- und Kranken-pflege, die vor diesem Zeitpunkt begonnen worden sind, sind nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen fortzusetzen und abzuschließen.

Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (jetzt Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) hat gemäß § 117 Abs. 27 GuKG durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung) einen späteren Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens zu bestimmen, sofern dies auf Grund der Ergebnisse der Evaluierung gemäß Abs. 21 erforderlich ist, insbesondere sofern die Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege durch Fachhochschul-Bachelorstudiengänge noch nicht ausreichend und bedarfsdeckend sichergestellt ist.

Der bestehende Personalmangel in allen Bereichen der Pflege hat die Systeme in- und außerhalb der Kliniken bereits dazu genötigt, dass vorhandene „Betten-
kapazitäten“ nicht genutzt werden können. Die Kolleg*innen in der Pflege arbeiten auf Grund des Personalmangels ständig an bzw. über der Belastungsgrenze, dies führt auf Dauer auch zu einem Qualitätsverlust in der Pflege. Es ist bereits jetzt ersichtlich, dass die Absolvent*innen der Bachelor-Lehrgänge den Bedarf an gehobener Pflege nicht ausreichend sicherstellen können.

Im GuKG § 117 (27) muss daher das Außerkrafttreten der Diplomausbildung ge-
strichen werden. Dies würde bedeuten, dass der nichtakademische Zugang zur
Gehobenen Pflege über die Gesundheits- und Krankenpflegeschulen bestehen
bleibt.

Das Außerkrafttreten der Diplomlehrgänge in den Bundesländern gehört dringend aufgehoben, um hier erstens den Personalbedarf über diese wertvolle Ausbildungsmöglichkeit zu decken aber auch, um Nichtakademiker*innen den Zugang zur gehobenen Pflege weiterhin zu ermöglichen. Dies hat immer und wird weiterhin viele Menschen zum Pflegeberuf führen.

Zusätzlich zur Bachelor-Ausbildung ist die Diplomausbildung eine unverzichtbare und bewährte Bereicherung in den Pflegeausbildungen. Zudem hätten künftig Pflegeassistent*innen keine Chance mehr, eine Aufschulung zum Diplom zu bekommen. Sie erfüllen die Voraussetzungen für den FH-Zugang nicht.

Es gibt keine berufsbegleitenden Angebote an den FHs. Die für Menschen, die
bereits im Berufsleben stehen, notwendige Existenzsicherung ist nicht gegeben. Das Fachkräftestipendium ist nicht für FH-Ausbildungen geöffnet worden.

Um vorhandene Ausbildungsstrukturen zu erhalten, muss bereits jetzt eine Klar-
stellung stattfinden, dass die genannte Ausbildungsform auch über das Jahr 2023 hinaus bestehen bleibt. Das Warten auf das Evaluierungsergebnis ist für alle
Betroffenen nicht zumutbar.

Antrag 05 – Effektiver Arbeitsmarktzugang für Asylwerber*innen

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2021

Antrag mehrheitlich angenommen

Antragsbehandlung im BAK-Vorstand

Die 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer setzt sich für einen effektiven Zugang von Asyl-
werber*innen zum Arbeitsmarkt ein. Menschen auf der Flucht soll die Möglichkeit gegeben werden, ein selbstbestimmtes Leben zu begründen.

Die Bundesarbeitskammer fordert daher die Bundesregierung und das Bundesministerium für Arbeit auf,

  • den Erlass vom 12. September 2018 sowie den darin verwiesenen Erlass vom 11. Mai 2004 ersatzlos zu beseitigen.
  • die bei Ratifizierung der GFK abgegebenen Vorbehalt zu Art 17 Abs. 1 und Abs. 2 GFK, der den Zugang von Flüchtlingen zum unselbständigen Arbeitsmarkt regelt, zurückzunehmen.
  • einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt zu garantieren, insbesondere durch Streichung der Voraussetzungen einer einhelligen Befürwortung des Regionalrates gemäß § 4 Abs. 3 AuslBG und der Arbeitsmarktprüfung mittels Ersatzkraftverfahren gemäß §§ 4 Abs. 1 iVm 4b AuslBG.
  •  jedenfalls den Zugang zu Lehrberufen für minderjährige Asylwerber*innen und junge Erwachsene zu eröffnen und eine Umstiegsmöglichkeit nach erfolgtem Lehrabschluss auf einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland durch die Rot-Weiss-Rot-Karte plus zu schaffen.
  • den Zugang zu Jobvermittlungsservices, Berufsorientierung und -ausbildung zu eröffnen, sodass Fähigkeiten und Kenntnisse ehestmöglich abgeklärt, aufrechterhalten und weiterentwickelt werden können, um eine Dequalifizierung zu vermeiden und einen Berufseinstieg sicherzustellen.

 

Bei Asylwerber*innen handelt es sich um Personen, deren Antrag auf internationalen Schutz noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (§ 2 Abs 2 Z 14 AsylG 2005). Bis eine abschließende Entscheidung in den jeweiligen Asylverfahren ergeht und im Falle der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten damit einhergehend auch ein unmittelbarer und unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt entsteht (§ 1 Abs 2 lit a AuslBG), vergehen oft Jahre der Untätigkeit und Abhängigkeit.

Für die Sicherstellung eines selbstbestimmten Lebens auch während des Asylverfahrens bedarf es des Zugangs zur Arbeit (vgl auch Festschreibung als Menschenrecht in Art 6 des UN Sozialpaktes bzw Art 15 Abs 1 Grundrechtecharta). Besonders für junge Menschen stellen die fehlenden Berufsausbildungsmöglichkeiten auch einen nachhaltigen Schaden für die Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit dar.

Ein vernünftig geregelter Arbeitsmarktzugang für Asylwerber*innen garantiert jedoch nicht nur den Betroffenen ein menschenrechtswürdiges Leben, sondern fördert die Integration, sichert Qualifikationen und stellt eine sinnvolle Maßnahme gegen illegale Beschäftigung und damit verbundenes Lohndumping dar. Die zahlreichen Diskussionen über den Verbleib von Lehrlingen nach abgeschlossenen Asylverfahren im Inland zeigen auch deutlich den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften im Lehrberuf und darauf folgend als Facharbeiter*innen auf.

Fehlende Umstiegsmöglichkeiten auf Aufenthaltstitel abseits des Asylverfahrens im Falle der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz stellen überdies einen nachhaltigen Schaden für den österreichischen Arbeitsmarkt dar, zumal es einen Bedarf an Arbeitskräften in Lehr- und Mangelberufen gibt.

Anlässlich eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof aktuell beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung des Gesetzmäßigkeit zweier Erlässe mit erheblichen Einschränkungen des Arbeitsmarktzuganges für Asylwerber*innen einzuleiten (vgl VfGH 01.03.2021, E 2420/2020).

Status quo
Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 AuslBG sind Asylwerber*innen während des Zulassungsverfahrens sowie in den ersten drei Monaten nach Zulassung des Verfahrens vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Sofern das Verfahren nach diesem Zeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann ihnen – so jedenfalls der Gesetzeswortlaut – eine Beschäftigungsbewilligung nach erfolgter Arbeitsmarktprüfung mittels Ersatzkraftverfahren und dem Vorliegen weiterer
Voraussetzungen erteilt werden; etwa muss der Regionalbeirat einhellig die Erteilung befürworten (§ 4 Abs 3 AuslBG).

Nach § 5 AuslBG können mit Verordnung zahlenmäßige Kontingente für Erntehelfer*innen und Saisonarbeitskräfte festgelegt werden. Diese Beschäftigungsbewilligungen sind grundsätzlich für Erntearbeit auf maximal sechs Wochen und für Saisonarbeit auf maximal sechs Monate zu begrenzen.

Die o.g. Erlässe sehen vor, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber*innen nur bei befristeten Beschäftigungen als Saisonarbeiter*innen oder Erntehelfer*innen erteilt werden dürfen und schränken deren Zugang zum Arbeitsmarkt de facto auf diese Tätigkeit ein. Sie stehen damit im klaren Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes.

Auch unionsrechtlich garantiert Art 15 der Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Demnach müssen Asylwerber*innen spätestens neun Monate nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ein Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat. Die Mitgliedstaaten haben für einen effektiven Arbeitsmarktzugang zu sorgen.

Bereits durch die zeitliche Beschränkung von Saison- und Erntearbeit auf wenige Wochen bzw. Monate können die derzeit bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten nicht als effektiver Arbeitsmarktzugang angesehen werden. Ebenso erschwert die Notwendigkeit der einhelligen Befürwortung des Regionalrates Asylwerber*innen maßgeblich die tatsächliche Aufnahme einer Beschäftigung. Dies insbesondere, als deren Mitglieder an keine gesetzlich
näher determinierten inhaltlichen Kriterien gebunden sind (hierzu auch Peyrl, Zugang zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Personen, 2018, 107).

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) untersagt einschränkende Maßnahmen gegen die Anstellung von Ausländer*innen zum Schutze des Arbeitsmarktes, wenn sich diese bereits volle drei Jahre im Lande aufhalten (Art 17 Abs 2 lit. a). Die GFK zielt darauf ab, Flüchtlingen grundlegender Rechte und demokratische Freiheiten zu sichern. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen wäre es ein zentrales Zeichen Österreichs die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen vollumfassend anzuerkennen. Der von Österreich abgegebene Vorbehalt zu Art 17 GFK muss angesichts des umfassend zu gewährenden Schutzes der GFK endlich zurückgenommen werden.

Nicht zuletzt hat gemäß der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC; Art 15 Abs 1) jede Person das Recht „zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben”. In Zusammenschau mit dem in der Genfer Flüchtlingskonvention und in Art 18 GRC garantierten und unteilbaren Recht auf Asyl sind die bestehenden Beschränkungen des grundrechtlich gesicherten Anspruchs auf Arbeit in einer demokratischen Gesellschaft als weder notwendig noch verhältnismäßig abzulehnen.

Derzeit befinden sich lediglich etwas über 20.000 Menschen in einem offenen Verfahren auf internationalen Schutz (BMI, vorläufige Asylstatistik, Jänner 2021). Kinder, Kranke und Alte abgezogen, handelt es sich um eine für den österreichischen Arbeitsmarkt, verteilt auf das gesamte Staatsgebiet, jedenfalls verkraftbare Anzahl an Personen. Dies verdeutlicht einmal mehr die politische Dimension der Diskussion. Gerade wenn Asylverfahren jahrelang dauern,
sind die massiven Einschränkungen im Recht auf Arbeit nicht zu rechtfertigen.

Antrag 04 – Erweiterung der Betriebsdemokratie an Universitäten – Betriebsräte in den Universitätsrat aufnehmen

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2021

Antrag einstimmig angenommen

Antragsbehandlung im BAK-Vorstand

Die 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer setzt sich für eine Erweiterung des §21 des
UG 2002 in dem Sinn ein, dass dem Universitätsrat verpflichtend auch
die zur Außenvertretung bestimmten Vertreter*innen der Betriebsräte
angehören müssen.

Anders als in Aufsichtsräten sind Betriebsräte laut §21 UG 2002 (auch in der
aktuellen Novelle!) keine Mitglieder des Universitätsrats. Universitäten sind wichtige Arbeitgeber*innen ihrer Regionen als Mittel- oder sogar Großbetriebe. Innerbetriebliche Demokratie, die sich bewährt hat, ist ein Stabilitätsfaktor.

Im Universitätsrat wird jedenfalls über betriebswirksame Maßnahmen entschieden, die sowohl wirtschaftliche als auch personalstrategische Auswirkungen haben:

§ 21.

(1) Der Universitätsrat hat in seiner Funktion als begleitend und vorausschauendtätiges Aufsichtsorgan folgende Aufgaben:

1. Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans, des Entwurfs
der Leistungsvereinbarung sowie der Geschäftsordnung des Rektorats;
2. Ausschreibung der Funktion der Rektorin oder des Rektors spätestens acht
Monate vor dem voraussichtlichen Freiwerden dieser Funktion bzw. innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Abberufung oder des Rücktritts;
3. Erlassung der Bestimmungen für die Wahl der Rektorin oder des Rektors nach
Einholung einer Stellungnahme des Senates, die dieser innerhalb von vier Wochen nach Vorlage abzugeben hat;
4. Wahl der Rektorin oder des Rektors aus dem Dreiervorschlag des Senats
innerhalb von vier Wochen ab Vorlage des Vorschlags;
5. Wahl der Vizerektorinnen und Vizerektoren auf Grund eines Vorschlags der
Rektorin oder des Rektors und nach Stellungnahme des Senats;
6. Abschluss der Zielvereinbarungen mit der Rektorin oder dem Rektor und dem
Rektorat;
6a. Abschluss der Arbeitsverträge mit der Rektorin oder dem Rektor und den
Vizerektorinnen und Vizerektoren;
7. Abberufung der Rektorin oder des Rektors und der Vizerektorinnen und
Vizerektoren;
8. Nominierung eines weiblichen und eines männlichen Mitglieds für die
Schiedskommission;
9. Genehmigung der Gründung von Gesellschaften und Stiftungen sowie der
Beteiligung an Gesellschaften;
10. Genehmigung der Richtlinien für die Gebarung sowie Genehmigung des
Rechnungsabschlusses und der Wissensbilanz des Rektorats und Weiterleitung an die Bundesministerin oder den Bundesminister;
11. Bestellung einer Abschlussprüferin oder eines Abschlussprüfers zur Prüfung
des Rechnungsabschlusses der Universität;
12.
Zustimmung zur Begründung von Verbindlichkeiten, die über die laufende
Geschäftstätigkeit der Universität hinausgehen, sowie Ermächtigung des Rektorats, solche Verbindlichkeiten bis zu einer bestimmten Höhe ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Universitätsrats einzugehen;
13. Jährliche Berichtspflicht sowie unverzügliche Berichtspflicht bei schwer-
wiegenden Rechtsverstößen von Universitätsorganen sowie bei Gefahr eines
schweren wirtschaftlichen Schadens an die Bundesministerin oder den Bundes-
minister; der jährliche Bericht hat einen Bericht über die Maßnahmen im Zusammenhang mit der geschlechtergerechten Zusammensetzung der universitären Kollegialorgane gemäß § 20a, gegebenenfalls eine Begründung über das Nichteinhalten dieser Bestimmung sowie einen Bericht darüber zu enthalten, welche Maßnahmen die Universität zur Umsetzung dieser Bestimmung plant; der jährliche Bericht ist auch dem Senat zur Kenntnis zu bringen;
14. Zustimmung zum Budgetvoranschlag innerhalb von vier Wochen ab Vorlage
durch das Rektorat; verweigert der Universitätsrat innerhalb von vier Wochen ab
Vorlage die Zustimmung, hat das Rektorat unverzüglich einen neuen Budget-
voranschlag vorzulegen; stimmt der Universitätsrat nicht fristgerecht zu, gilt der
Budgetvoranschlag als genehmigt;
15. Stellungnahme zur Leistungsvereinbarung vor Abschluss durch die Rektorin
oder den Rektor innerhalb von drei Wochen;
16. Erlassung der Geschäftsordnung des Universitätsrats.

Es ist nicht einzusehen, mit welcher sachlichen Begründung gerade bei Universitäten von der im Gesellschaftsrecht gängigen und bewährten Praxis abgewichen wird und gerade den demokratisch gewählten Interessensvertreter*innen des Personals von strategisch wichtigen Wissensbetrieben dieses Kontroll- und Aufsichtsrecht nicht gegeben wird.

Antrag 03 – Kettenvertragsregelungen im §109 UG 2002 abschaffen, Personalstrukturplanung an Universitäten verpflichtend festlegen

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2021

Antrag einstimmig angenommen

Antragsbehandlung im BAK-Vorstand

Die 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer setzt sich für eine Angleichung der Ketten-vertragsregel im §109 des UG 2002 an das allgemeine Arbeitsrecht ein und für eine Verpflichtung der Universitätsleitungen zur nachhaltigen
Personalstrukturplanung.

Der neue Entwurf des § 109 hätte eigentlich die Kollision mit dem europäischen
Unionsrecht sanieren sollen, die 2019 der EuGH in der Rechtssache C-274/18
Minoo Schuch-Ghannadan festgestellt hatte. Nun liegen aber anstatt der alten
Kettenmodelle mit bekannten Unzulänglichkeiten nur neue, mit für die Universitäten und Betroffenen nicht einschätzbaren Folgen vor und die Novelle vergibt sich so die Chance zu einer modernen und zukunftsweisenden Personalstrategie zu kommen.

Weiterhin keine sachlich nachvollziehbaren Begründungen
Die neue Regelung liefert weiterhin keine ausreichend sachlichen und eindeutig
nachvoll-ziehbaren Tatbestände für den Abschluss von Kettenverträgen, denn es
fehlt die Aus-führung von konkret bezeichneten Umstand oder speziellen
Wesensmerkmal zur objektiv und transparenten Nachvollziehbarkeit der
Rechtfertigung einer neuerlichen Befristung. So bleibt die Regelung allgemein und unverbindlich und steht damit auch mit dem österreichi-schen Arbeitsrecht in einem Spannungsfeld, da dieses die Aneinanderreihungen von be-fristeten
Arbeitsverhältnissen ausdrücklich nur dann erlaubt, wenn sie sachlich begründet sind.

Diskriminierungen werden nur verlagert
Die neue Regelung saniert den im EuGH konstatierten Diskriminierungstatbestand gegenüber Teilzeitbeschäftigten nun mit einer Ausweitung der Praxis, in dem sie bei Kettenverträgen nicht mehr zwischen Voll- und Teilzeitbefristungslängen unterscheidet. Das konterkariert die Intention des Urteils insofern, als dass diezugrundeliegende Problematik der unzumutbaren Länge von prekären Arbeitsverhältnissen mit all den bekannten Un-sicherheiten für die persönliche Lebensplanung und wirtschaftliche Nachteile der be-troffenen wissenschaftlichen und auch immer mehr allgemeinen Arbeitnehmer*innen an Universitäten unberücksichtigt bleibt.

Qualitätskontrolle bei der Personalführungskompetenz fehlt weiterhin
Aus der Praxis ist bekannt, dass mittlerweile Befristungen auf Dienstgeberseite
oftmals als eine „verlängerte Probezeit“ oder auch bequeme Praxis der Umgehung von Kündigungsgesprächen gesehen und verwendet werden. Das etabliert eine vom Arbeitsrecht so nicht gewünschte Praxis, die einerseits den Arbeitnehmer*innen wertvolle Zeit bei der Suche nach einem sicheren Arbeitsverhältnis kostet und andererseits der Arbeitgeber-seite nur scheinbar einen Vorteil bringt. Denn auf lange Sicht kostet das einem Betrieb wertvolle Ressourcen: einerseits durch Know How Verlust aufgrund höherer Fluktuation und Brain Drain und andererseits durch sinkende Standortqualität.

Dass gerade im Lichte dieser komplexen Herausforderungen an moderne und im
internationalen Wettbewerb stehende Wissensorganisationen, wie sie Universtäten sind, in dieser Novelle weiterhin auf eine verpflichtende Personalstrukturplanung und auch den Nachweis zu einer qualifizierten Personalführungskompetenz der Leitungsorgane verzichtet wird, ist unverständlich.

Antrag 02 – Keine Belastungen der Arbeitnehmer*innen und der Umwelt zur Sanierung der Staatsverschuldung

der AUGE/UG – Alternative, Grüne und Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 17. Juni 2021

Antrag einstimmig angenommen

Antragsbehandlung im BAK-Vorstand

Die 170. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Bundesarbeitskammer wendet sich gegen die Erhöhung von
Umsatzsteuern.

Die Bundesarbeitskammer fordert die Wiedereinführung von
Vermögenssteuern und Investitionen in Transformations- und
ausgewählten Dienstleistungssektoren sowie in Beschäftigungsprogramme für jugendliche Arbeitnehmer*innen und Langzeitarbeitslose.

Neben dem unbeschreiblichen Leid der Menschen durch die Auswirkungen der
Covid 19 Pandemie kam es ab dem 2. Quartal letzten Jahres zu einem dramatischen Einbruch des Wirtschaftswachstums auf der ganzen Welt, wovon auch die österreichische Wirtschaft nicht verschont blieb. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte um 6,6 %, die Arbeitslosenquote explodierte 2020 auf 9,9 % nach 7,4 % im Jahr zuvor.

Die österreichische Bundesregierung reagierte richtigerweise mit einer Stützung der betroffenen Bereiche in Form von Direktzahlungen, Kurzarbeit, Haftungen etc. in mehr oder weniger effizienten Weise. Die dafür aufgenommenen Mittel erhöhten naturgemäß die Staatsverschuldung deutlich. Für das Jahr 2020, dem ersten Jahr der Pandemie berechnete Statistik Austria eine Staatsverschuldung von 83,9 %, für die darauffolgenden Jahre 2021 und 2022 wird die Staatsverschuldung nach Meinung der EU-Kommission weiter auf 85,2 bzw. 85,1% steigen. Gegenüber 2019 stieg die Staatsverschuldung im vergangenen Jahr um 13,4 Prozentpunkte an.

Es gibt zumindest zwei Gründe, warum man angesichts des Anstiegs der
Staatsverschuldung nicht in Panik verfallen sollte. Wenn erstens das
Wirtschaftswachstum so eintritt, wie es prognostiziert wird, dürfte die Reduktion der Staatsverschuldung kein großes Problem darstellen. Im letzten Jahr fiel das BIP- Wachstum um 8,9 %, für 2021 prognostiziert die EU-Kommission hingegen einen Anstieg von 2,0 % und für 2022 einen von 5,1 %.

Wenn sich die Covid19-Krise voraussichtlich Mitte des Jahres beruhigen wird (durch verstärkten Lockdown, höherer Durchimpfungsrate etc.), ist mit einem höheren Privaten Konsum zu rechnen. Die aufgestauten Konsumwünsche werden die Bruttoanlageinvestitionen der Unternehmen ankurbeln, die ebenfalls ansteigen werden, falls sie nicht schon in Antizipation eines möglichen Aufschwungs gestiegen sind. Diese wichtigen BIP Komponenten werden zusammen mit anderen aus der wirtschaftlichen Covid19-Krise herausführen können. Insofern werden wieder höhere Einkommen erzeugt, die sich wiederum in höheren Steuereinnahmen niederschlagen, wodurch die gestiegenen Staatsschulden bedient bzw. reduziert werden können.

Daneben gibt es ein zweites Moment, welches hilft, die Staatschulden zu reduzieren. Das sind die derzeit niedrigen Zinssätze, die die Republik Österreich für die Aufnahme von Staatschulden auf den Finanzmärkten bezahlen muss. Seit Mitte 2019 liegt die umlaufgewichtete Durchschnittsrendite für bei Bundesanleihen konstant unter 0 %, d.h. Investoren bezahlen dafür der Republik Österreich Geld zu leihen.

Durch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (easy money) ist für die
nächsten Perioden nicht zu erwarten, dass es zu einer Zins- bzw. Renditeerhöhung der Bundesanleihen kommen wird. Das hat zur Konsequenz, dass der Primärsaldo weiter positiv sein wird, was wiederum den Abbau der Staatsschulden zusätzlich vorantreiben wird. Der Rückgang der Staatschulden von 2015 bis 2019 lässt sich zum Großteil ebenfalls auf diese Phänomene zurückführen.

Mittlerweile werden Stimmen laut, die z.B. nach Steuererhöhungen rufen oder für vermeintlich privilegierte Gruppen (den Beamt*innen! Pensionist*innen!) Reduktionen deren Bezüge vorschlagen (vgl. Haller, Falter 43/80).

Einer Erhöhung der Umsatzsteuer, die zum überwiegenden Teil die arbeitende
Bevölkerung sowie die Pensionist*innen betreffen würde, muss entschieden
entgegen getreten werden. Die Einkommen gerade der Niedrigverdiener*innen und der prekär Beschäftigten ist im letzten Jahr deutlich gesunken. Dieser Effekt ist insbesondere durch die geringeren Einkommen durch die Kurzarbeit, aber auch durch den dramatischen Anstieg der Anzahl der Arbeitslosen hinreichend
dokumentiert. Zudem würden diese Maßnahmen die Kaufkraft entscheidend
schwächen und dadurch das notwendige Wirtschaftswachstum deutlich reduzieren.

Die Arbeitslosigkeit ist im letzten Jahr durch den Ausbruch der Covid19 Pandemie massiv angestiegen. Die Anzahl der Arbeitslosen belief sich 2020 auf 409.639 Personen, diejenigen Personen, die Schulungen besuchten auf 57.107. Insgesamt ergibt das eine Anzahl von 466.746 Personen. Verglichen mit dem
Arbeitskräftepotential (Unselbständig Beschäftigte, Arbeitslose) von 4,126.803 ergibt das eine Arbeitslosenquote von 11,3 % (ohne Schulungsteilnehmer*innen 9,9 %, das wird als sog. Registerquote bezeichnet). Das ergibt die höchste Anzahl von Arbeitslosen und die höchste Arbeitslosenquote seit dem Ende des 2. Weltkrieges.

Die aktuell hohe Arbeitslosigkeit kann nicht mit üblichen Konjunkturprogrammen gesenkt werden. Dazu benötigt es massiver Beschäftigungsprogramme, insbesondere für jugendliche Arbeitsnehmer*innen aber auch Langzeitarbeitslose. Das kann nur durch massive Investitions- und Beschäftigungsprogramme insbesondere in nachhaltige Industriesektoren, die einer Transformationsstrategie folgen, in der es zu einem Stopp beim Abbau von natürlichen Ressourcen kommt. Zudem soll in Dienstleistungssektoren investiert werden, in denen es einen enormen Nachholbedarf hat, wie z.B. im Sozialbereich, in der Pflege, der Bildung aber auch im medizinischen Sektor als Vorbeugung für kommende Pandemien.