Alle Beiträge von Elisabeth Kerschbaum

Neues Angebot der Arbeitgeber im Sozial- und Gesundheitsbereich unannehmbar

Arbeitszeitverkürzung auf 35-Stundenwoche ist ein Muss. 

“Die MitarbeiterInnen im Sozial-, Gesundheits- und Pflegebereich leisten Unglaubliches. Nicht nur in Zeiten der Krise, aber auch und gerade jetzt”, so Stefan Taibl, Betriebsrat in einem sozialpsychiatrischen Betrieb, Vertreter der AUGE/UG – Alternativen, Grünen und Unabhängigen GewerkschafteInnen im Kollektivvertragsgremium der Gewerkschaft. “Allen ist klar, dass die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten unzumutbar sind, dass Löhne bezahlt werden, die zum Leben nicht reichen. Aber die Arbeitgeber und die Politik rühren kein Ohrwaschel, um das zu verbessern. Die Forderung der Gewerkschaft nach einer Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche würde mit einem Schlag Löhne und Arbeitsbedingungen verbessern.”

AUGE/UG warnt vor einem Abschluss und dessen negativen Folgen

“Das neue Angebot der Arbeitgeber im Sozial- und Gesundheitsbereich ist eine unannehmbare Frechheit. So schlagen die Arbeitgeber eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,7 Prozent vor und ab 1.1.2021 sollen die Löhne und Gehälter nur noch um die durchschnittliche Inflationsrate von November 2019 bis Oktober plus 0,6% angehoben werden. Eine Arbeitszeitverkürzung von gerademal einer Stunde soll ab 1.1.2022 kommen. Die nächsten Verhandlungen sollen überhaupt erst wieder im Herbst 2022 für das Jahr 2023 stattfinden – “Drei-Jahres-Pakt” nennen das die Arbeitgeber”, empört sich Klaudia Paiha, Bundessprecherin der AUGE/UG. Die Arbeitgeber hätten die Pandemie – eine Zeit, wo die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich keinen Arbeitskampf führen können – schamlos ausgenutzt.

“Wenn die Gewerkschaft das jetzige Angebot annimmt, wären drei Jahre des Arbeitskampfes, der Vorbereitungen, der Verhandlungen und Streiks verloren gegangen. Das wäre eine Bankrotterklärung”, so Taibl

Vom Applaus kann keiner leben

Die MitarbeiterInnen im Sozial-, Gesundheits- und Pflegebereich kümmern sich um die gefährdeten Gruppen genauso wie um die Erkrankten. Mit Risiko für die eigenen Gesundheit, mit aller Flexibilität, die diese Betreuung gerade jetzt erfordert. “Wir sind da und einsatzbereit, 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Wir lassen die Menschen nicht im Stich, so gehen zum Beispiel MitarbeiterInnen im Behindertenbereich freiwillig mit in Quarantäne, um ihre KlientInnen weiter zu versorgen. Aber die Arbeitgeber und die Politik lassen diese Menschen im Stich. Die Politik lobt zwar unseren Einsatz, spendet Applaus, aber zur konkreten Verbesserung der Arbeitsbedingungen trägt sie nichts bei. Vom Applaus können die Beschäftigten keine Lebenshaltungskosten zahlen!”, so Taibl abschließend.

Unverschuldet Arbeitslose nicht zurücklassen

Corona-Hilfspaket für Arbeitslose gefordert

Aufgrund der Pandemie ist in Österreich die Arbeitslosigkeit sprunghaft angestiegen. Die Regelungen zur Kurzarbeit federn zwar Einiges ab, aber nicht alle Arbeitgeber nehmen sie in Anspruch. Viele bleiben bei Kündigungen. Mehr als 100 000 Menschen sind aktuell davon betroffen. Das Hilfspaket der Regierung sieht in diesem Fall keine zusätzliche Unterstützung für Erwerbsarbeitslose vor.

Anhebung der Nettoersatzrate im Arbeitslosengeld auf 80 %

Arbeitslose bekommen demnach nicht wie in der Kurzarbeit 80% oder mehr ihres Gehaltes, sondern zumeist nur 55%. „Hier muss die Regierung dringend nachbessern. Umso mehr, als verstärkt Menschen im Niedriglohnsegment betroffen sind“, verlangt Stefan Taibl, AK-Rat und Betriebsrat für die Alternativen, Grünen und Unabhängigen GewerkschafterInnen in Niederösterreich. „Es geht nicht an, diese Menschen zurück zu lassen, unverschuldet ganze Familien in die Armut zu schicken, noch dazu ohne Chancen auf raschen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben, solange die Krise anhält“. Die AUGE/UG fordert daher die sofortige Anhebung der Nettoersatzrate im Arbeitslosengeld auf 80% als weitere Maßnahme des Corona-Hilfspakets.

„Die Krise zeigt einmal mehr, wie rasch Menschen unverschuldet in die Arbeitslosigkeit rutschen können“, so Klaudia Paiha, Bundessprecherin der AUGE/UG. „Wir fordern seit langem eine Anhebung der Nettoersatzrate, um existenzsichernd zu sein. Im internationalen Vergleich hinkt Österreich da sowieso hinterher. Gerade jetzt wird deutlich, wie wichtig diese Forderung ist“, so Paiha weiter, die sich dabei auf einer Linie mit den Arbeiterkammern und Gewerkschaften weiss. Diese haben größtenteils, auch auf Betreiben der AUGE/UG, diese Forderung schon lange in ihrem Programm. „Erhöhen wir die Nettoersatzrate und damit das Arbeitslosengeld – gerade jetzt! Damit wir in der Krise niemanden zurück lassen“, so Taibl zum Abschluss.

Solidarität der Unternehmen bei Förderungen berücksichtigen

Darüberhinaus fordert die AUGE/UG, jenen Unternehmen, die sich durch Kündigungen in der Krise unsolidarisch gegenüber den Beschäftigten zeigen, auch nicht die volle solidarische Hilfe durch die Allgemeinheit zukommen zu lassen, etwa bei Förderungen oder Stundung von Abgaben- und Steuerschulden.

Arbeitszeit: Wünsche & Realität

Als Gewerkschafter ist es mir wichtig, nicht nur die Betriebsebene und die Betriebsrealitäten zu sehen, es ist auch wichtig das Gesamtsystem zu betrachten und zu hinterfragen. Nur so können wir als Arbeiterkammer, Gewerkschaft, ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen unsere sozial-ökologische Verantwortung wahrnehmen. Wenn wir neoliberale Spielregeln als gegeben und in Stein gemeißelt annehmen, dass so Wirtschaft passieren muss, dann haben wir verloren, dann wird das System einfach weiter befeuert.

Die Leistungsidee hinterfragen

Die Leistungsidee ist, in diesem Zusammenhang, generell zu hinterfragen
Die Gesamt-Wirtschaft leistet zu viel. Deshalb müssen Dinge in kürzester Zeit kaputtgehen, damit neue Nachfrage entsteht, wieder Dinge gekauft werden müssen. Nur dann gibt es Wachstum, funktioniert das System. Nur, wenn das System an nachhaltigkeit ausgerichtet ist, nicht an Wachstum, welche Leistung brauchen wir dann? Es würde nur mehr ein Bruchteil übrig bleiben, den wir leisten müssen.
Leisten für eine Kreislaufwirtschaft und die Mitgestaltung sozialer Sicherungssysteme für die Menschen in diesem Land – und für nichts anderes. Also keine Konzerngewinne, Aktienmärkte, etc..
Wir müssen deshalb endlich die Gleichsetzung von Wohlstand mit Wirtschaftswachstum in Frage stellen und das System umgestalten. Das sind Ansätze, die wir uns selbst und unseren Nachkommen schuldig sind. „Es ist reine Pragmatik, dass wir einen radikalen Systemwechsel brauchen und dass wir als ArbeitnehmerInnenvertreterInnen, Arbeiterkammer und Gewerkschaft da eine Verantwortung haben, die wir wahrnehmen müssen. Wir müssen aktiv werden und diesen Wechsel mitgestalten, im Sinne der Arbeitnehmer*innen, der kaum etwas besitzenden Menschen.“

Wirtschaft heute: Wachstum, Wohlstand und Konsum

Wohlstand – das ist für mich gutes Leben, Nachhaltigkeit und damit Überleben, Lebensqualität und Sicherheit. Dass der Wohlstand durch die Industrialisierung, durch Wachstum gestiegen ist, war lange Zeit gut und wichtig. Doch inzwischen grenzt es auch ans Absurde: Wir haben eine eigene Industrie, die uns neue Bedürfnisse schafft. Damit wir uns wohl fühlen, müssen wir etwas Neues kaufen.
Beispiel Umbildung der Autoindustrie: Da geht es nicht mehr darum, wie man Wohlstand und Sicherheit gibt, sondern vielmehr darum, wie sich Massenproduktion und Profite entwickeln können, Gewinne erzielen lassen. Natürlich sind auch die KonsumentInnen in der Verantwortung, wenn sie durch schädliche Kaufentscheidungen, z.B. SUVs, die Lebensbasis auf unserem Planeten mitzerstören. Angebot und Kaufmöglichkeit suggeriert Sicherheit. Die Zerstörung, die damit einhergeht, die Zerstörung unserer Lebensgrundlage, wird außer acht gelassen.

Zu meinem unmittelbaren Arbeitsbereich, dem Sozialbereich:

Leistung versus Qualität?

Im Sozialbereich liegt ein wesentliches Problem darin, dass von den Fördergebern, z.B. vom Land, Vorgaben von Personen kommen, die von Arbeit am Menschen und von Pflege im Sozialbereich keine Ahnung haben.
Da geht’s darum, wie viele Klienten bekommen wir in kürzester Zeit warm, satt und sauber. Und wenn sie das Gefühl haben, da gehen noch fünf rein in unserer Arbeitszeit, dann versuchen sie uns das auch noch aufzubrummen. Im Sozialbereich schätzen die meisten KollegInnen ihre Arbeitsleitung auf 120 % ein, die meisten schauen nicht auf sich selbst. Dabei sollten sie eigentlich so arbeiten, dass sie auch Zeit für die Familie haben, Qualität aus der Freizeit herausholen können, sich nicht überfordern – damit sie gesund und motiviert bis zur Pension gute Arbeit leisten können. Gesetzte und Spielräume, die die Beschäftigten schützen, werden selten genutzt.

Gerade im Pflege- und Gesundheitsbereich sind zwischenmenschliche Beziehungen ein wesentlicher Faktor. Um herauszufinden, was Klienten wirklich brauchen, muss man sich Zeit nehmen, die selten ausreicht. Wenn im Sozialbereich viele menschliche und andere Komponenten aus Zeitdruck nicht geleistet werden können, schadet das den Klienten, aber auch den Beschäftigten: „Da habe ich das Gefühl, ich kann meine Arbeit jetzt nicht in dem Ausmaß erledigen, wie es ein Mensch einem Menschen gegenüber braucht. Das schadet meiner eigenen Psyche, meiner Psychohygiene.“ Durch Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck steigen psychische Erkrankungen und Burn Out massiv an und es gibt kaum Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Im Gegenteil: der Leistungsdruck nimmt zu, die Leistungsvorgaben werden mehr.

Für Menschen – nicht für Profite

Der Sozialbereich ist ein praktisches Beispiel dafür, dass die Wirtschaft momentan den Profiten, aber nicht mehr dem Menschen dient und uns keine Sicherheit mehr vermittelt. Für mich gibt es kaum einen Lebensbereich, bei dem Demokratie so wenig im Vordergrund steht, wie in der Arbeitswelt. „Wir müssen uns wieder erlauben, uns in die Gestaltung der Wirtschaft, der Arbeitsbedingungen aber auch in die Verteilung von Arbeit und Wohlstand rein zu reklamieren, Damit wir aktiv und mitgestaltend einen radikalen Systemwechsel angehen und uns aktiv im Interesse der Mehrheit der Menschen, nämlich der ArbeitnehmerInnen, einbringen!“

Rücknahme des 12-Stunden-Arbeitstages!

Nein zum 12-Stunden-Tag! 30-Stunden-Woche jetzt!

Nein zum 12-Stunden-Tag! 30-Stunden-Woche jetzt!

Die letzte Änderung des Arbeitszeitgesetzes, noch von der türkisblauen Regierung beschlossen, hat massive Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen gebracht. Jede /r ArbeitsmedizinerIn wird bestätigen, das 12 Stunden-Tage krank machen! Ein Beispiel: nach der 9 Stunde verdoppelt sich die Häufigkeit eines Arbeitsunfalles.

Das Arbeitszeitgesetz war ursprünglich als Schutz gedacht,

um eine menschenwürdige Arbeitswelt zu gestalten und ein erfüllendes Leben (ausreichend Zeit für Familie, Bildung, Hobbys, Erholung,..) in der Freizeit zu ermöglichen. Das soll es wieder werden!

Deswegen fordern wir in der AK, dass die letzte AZG-Änderung zurück genommen und davor schon bestehende Ausnahmen neu überprüft werden.
Unser Antrag wurde in der AK-Vollversammlung am 08.11.2019 mehrheitlich angenommen (NÖAAB und FA dagegen) und bestimmt somit die politische Richtung der AK NÖ.

Rücknahme des 12 Stunden –Tages

Arbeitszeitgesetz und ArbeitnehmerInnen-Schutz

Der von der Bundesregierung beschlossene 12 Stunden-Tag, die Ausweitung des gesetzlichen Rahmens von 8 und höchstens 10 Stunden auf 12 Stunden Tages- Arbeitsleistung widerspricht den Grundgedanken des Arbeitszeitgesetzes. Der Schutz der ArbeitnehmerInnen vor physischen und psychischen Erkrankungen, beispielsweise Burnout, sowie vor zu hoher täglicher Belastung war einer der Grundgedanken, die zu einem Arbeitszeitgesetz geführt hatten. Die Möglichkeit einer regelmäßigen täglichen Erholung, eines täglichen Familienlebens und einer Möglichkeit, täglich auch sinnvolle Freizeitgestaltung zu haben, standen im Vordergrund des Gesetzgebers.

Hat sich die Arbeitswelt verändert?

Ja, z.B. durch erhöhten Zeit- und Konkurrenzdruck sowie zunehmende Reizüberflutung in Folge der Digitalisierung. Ist Arbeit jetzt weniger belastend als früher? Nein, und sowohl damalige wie auch die neuersten Untersuchungen zeigen, dass zu lange Arbeit krank macht, die Konzentration sinkt, die Produktivität sinkt, auch vermehrte Arbeitsunfälle sind die Folge. Hier sind auch anstehende Folgekosten, z.B. durch Burnout, Krankenstände etc. zu erwähnen, die durch zu lange Arbeitstage für die Gesellschaft entstehen.

zu lange Arbeitszeiten machen krank!

Die davor schon bestehenden Ausnahmen im Gesetz haben oft gezeigt, wie schwer krank machend zu lange Arbeitszeiten sind, siehe das Beispiel der Schichtarbeiter. Hier sind eine Menge typischer Krankheitsbilder zu beobachten, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, etc., die klar als Folge von zu langen Arbeitszeiten zuordenbar sind.

Die AK NÖ fordert daher den Gesetzgeber auf, die letzten Arbeitszeitgesetzesänderungen zur Ausdehnung der Tages- und Wochenarbeitszeit zurück zu nehmen und den Status vor Einführung der Gesetzesänderung wieder herzustellen. Die AK NÖ fordert die Sozialversicherungsträger auf, zusammen mit der Sozialpartnerschaft die bestehenden 12 Stundentags-Regelungen zu evaluieren, mit Hauptaugenmerk auf die psychischen und physischen Belastungen und Erkrankungen, die für ArbeitnehmerInnen daraus erwachsen. Die AK fordert, dass 12 Stunden-Ausnahmeregelungen im AZG nur über Kollektivverträge und vorherige Fachexpertise, dass die Arbeitszeit sowohl psychisch wie auch physisch keinen Schaden bei den Menschen anrichtet, erlaubt werden. Bestehende Regelungen müssen evaluiert und, wenn psychische und physische Beeinträchtigungen durch 12 Stunden-Tage entstehen, zurückgenommen werden.